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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schenckendorff - Schenk (Eduard von)
Schloß (Schlößl oder Iungsernschloß), jetzt Feuer-
wachtturm, Rathaus, neues Bergdirektions- und
Bergakademiegebäude, eine berühmte Berg- und
Forstakademie, 1760 von Maria Theresia gestiftet,
mit Archiv, Mineralienkabinett und Laboratorium,
luth. und kath. Obcrgymnasium, Vergschule, Spar-
kasse, Volksbank, mehrere Kreditinstitute, Gasan-
stalt; staatliche Cigarrenfabrik, Schuhfabrik und
Thonpfeifenfabrikation. S. liefert etwa 116 KZ Gold
und 6000 ko- Silber im Werte von 1^ Mill. Fl.
Die bedeutendsten Anlagen sind der Kaiser-Joseph II.-
Erbstollen (16538 m lang), 1782 begonnen und
21. Okt. 1878 eingeweiht, die großen Wasserhebe-
maschinen und der Wasserabzugskanal (15 km) in
die Gran. Die Stadt und der Bergbau bestand
schon im 8. Jahrh.; im 12. Jahrh, wurde S. samt
dem ganzen nordnngar. Vergdistrikt von flandr.
und niedersächs. Kolonisten bevölkert. Deutsche
Bergwerks-Generalpächter, z. B. die Augsburger
Fugger, beförderten die Germanisierung des ganzen
Bergdistrikts, der sich anch der Reformation an-
schloß. Die Gegenreformation drängte das Dcntsch-
tum zurück, so daß im 18. Jahrh, die Stadt mit dem
Vergwerksdistrikt fast ganz slowakisiert wurde.
Schenckendorff, Emil von, Politiker, geb.
21. Mai 1837 zu Soldin in der Neumark, widmete
sich der Offizierslaufbahn, trat 1867 in den Reichs-
telegraphendienst über, verwaltete während des
Deutsch-Französischen Krieges das Telegraphenamt
in Metz, wurde 1873 Telegraphendirektionsrat in
Halle und schied 1876 aus Gesundheitsrücksichten
aus dem Staatsdienste. Er nahm sodann seinen
Wohnsitz in Görlitz, wo er mehrere Jahre als un-
besoldeter Stadtrat thätig war und dann Stadt-
verordneter wurde. 1882 trat S. als Vertreter
des Wahlkreises Görlitz-Lauban in das preuß. Ab-
geordnetenhans, dem er seitdem als Mitglied der
nationalliberalen Partei angehört. Seine Thätig-
keit wendete er hauptsächlich erziehlichen Fragen
zu. Schon 1880 war auf seinen Antrag vom preuß.
Kultusministerium eine Kommission zum Studium
des Handfertigkeitsunterrichts nach Dänemark und
Schweden geschickt worden. Nach seiner Rückkehr von
dort begründete S. 1881 zu Berlin das deutsche
Zentralkomitee für Handfertigkeit und Hausfleiß,
das 1886 in den "Deutschen Verein für Knaben-
Handarbeit" überging, dessen erster Vorsitzender er
ist. Auch für die körperliche Erziehung der Jugend
hat er mit Erfolg gewirkt. S. ist Vorsitzender des
Centralausschusses zur Förderung der Jugend- und
Volksspiele in Deutschland. Für die Reform des
höhern Schulwesens trat S. gleichfalls eifrig ein.
Er gab 1889 den Anstoß zu einer Petition an den
preuh. Kultusminister, welche die Beratung einer
zeitgemäßen Schulreform anregte und 23 000 Unter-
schriften fand. Der infolgedessen im Dez. 1890 be-
rufenen Schulkonferenz in Berlin gehörte S. als
Mitglied an. 1895 begründete er im preuß. Ab-
geordnetenhaufe eine "Vereinigung für körperliche
und werkthütige Erziehung" aus allen Parteien
des Hauses, der 190 Abgeordnete angehören. S.
schrieb: "Der praktische Unterricht, eine Forderung
der Zeit an die Schule" (Vresl. und Lpz. 1880),
"Durch welche Mittel kann zur Verminderung
der Verbrechen und Vergehen beigetragen werden?"
(Görl. 1881), "Der Arbeitsunterricht auf dem Lande"
(ebd. 1891), und giebt heraus "Jahrbuch für Iugend-
und Volksspiele" (mit F. A. Schmidt, 1. und 2. Jahrg.,
Hannov.-Linden 1892 u. 1893; 3. Jahrg., Lpz. 1894).
Schendi, Hauptstadt der von 1820 bis 1885 zu
Ägypten gehörenden Landschaft Dar-Schendi im
südl. Nubien, am rechten Ufer des Nils unterhalb der
sechsten Katarakte, gegenüber Metämmeh, vor der
Zerstörung durch die Ägypter (1822) einer der be-
deutendsten Handelsplätze des östl. Sudans, woselbst
auch heute noch Karawanen aus Sennar, Kordofan
u. s. w. eintreffen.
Schenectady (spr. ßkcnnMäddl), Hauptstadt des
County S. im nordamerik. Staate Neuyork, am südl.
Ufer des Mohawk, auf beiden Seiten des Eriekanals
und an mehrern Bahnen, hat (1890) 19 902 E., be-
trächtliche Fabrikation von Strick- und Posamentier-
waren, Ackergeräten,Shawls und Lack, Lokomotiven-
bau und Eisenwerke. 1620 errichteten die Holländer
hier eine Niederlassung. Das Union (^oiie^s wurde
1695 gegründet.
Schenk, Aug., Botaniker, geb. 17. April 1815 zu
Hallein, studierte in München, Erlangen, Berlin und
Wien, wurde 1845 außerord., 1850 oro. Professor der
Botanik in Würzbnrg, 1868 ord. Professor der Bota-
nik und Direktor des Botanischen Gartens in Leipzig,
wo er 30. März 1891 starb. In seinen Arbeiten
wandte er sich vorzugsweise der Untersuchung der
fossilen Pflanzen zu und zeichnete sich auf diesem
Gebiete besonders dadurch aus, daß er unter steter
Berücksichtigung der Pflanzengcographie und der
neuern morpholog. sowie anatom. Forschungen
einen klaren Überblick über Verteilung und Lebens-
weise der vorwcltlichen Gewächse ermöglichte. Er
schrieb: "Veitrüge zur Flora des Keupers und der
rhätischen Formation" Oamb. 1861), "Fossile Flora
der Grenzschichten des Keupers und Lias Frankens"
(Wicsb. 1866-67), "Fossile Flora der nordwest-
dentschen Wealdenformation" (Cass. 1871), "Pflan-
zen aus der Stcinkohlenformation und jurassische
Pflanzen aus China" (in Richthofcn, "China", Bd. 4,
Verl. 1882), "Bearbeitung der vom Grafen Szechenyi
aus seiner Reise nach China gesammelten fossilen
Pflanzen" (1883). Außerdem'gab S. ein "Hand-
buch der Botanik" (4 Bde., Vrcsl. 1881-90), sowie
in Verbindung mit Luerssen "Mitteilungen aus
dem Gesamtgcbicte der Botanik" (Lpz. 1871-75)
nnd in Verbindung mit Zittel das "Handbuch der
Paläontologie" (Münch. 1876 fg.) heraus, worin
er die Phytopaläontologie bearbeitete.
Schenk, Eduard von, bayr. Staatsmann und
Dichter, geb. 10. Okt 1788 zu Düsseldorf, studierte
zu Landshut die Rechte, trat 1812 in den bayr.
Staatsdienst und wurde, 1817 von der prot. zur kath.
Kirche übergetreten, 1823 Generalsekretär des Justiz-
ministeriums, geadelt, 1825 Ministenalrat, 1828
Minister der geistlichen Angelegenheiten und des
Innern, als welcher er sofort die Erfüllung des Kon-
tordats einleitete. Durch eincCcnsurverordnungund
andere Mahregeln erregte er den Unwillen der Kam-
mer so sehr, daß er seine Entlassung nehmen mußte;
er wurde darauf vom König zum Generalkreis-
kommissar in Regcnsburg, bald nachher zum Reichs-
rat ernannt und 1838 in den ordentlichen Dienst
des Staatsrats nach München berufen, wo er
26. April 1841 starb. Als Dichter hat sich S. be-
sonders durch sein 1826 auf dem Münchener Theater
zuerst anfgeführtes Trauerfpiel "Velisar" (auch in
Reclams "Universalbibliothek" erschienen) bekannt
gemacht, dessen tresslicher Aufbau und glatte Form
über die dürftige Gestaltungskraft S.s nicht hinweg-
helfen. Die Sammlung seiner "Schauspiele" um-
faßt drei Bände (Stuttg. 1829-35).