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Schildotter – Schilfweih
Schildotter, s. Brillenschlange.
Schildpatt oder Schildkrot, das der Hornsubstanz (s. Horn) nahe verwandte Material, aus dem die äußere Bedeckung der Rückenschale bei den Schildkröten, insbesondere bei der Karettschildkröte (s. d.), gebildet ist. Das Rückenschild der letztern liefert 13 Platten von 3 bis 6,5 mm Dicke, von denen die größten etwa 48 cm lang sind, von gelbroter oder gelber Farbe mit schwarzbraunen Flecken und Flammen. Je dicker und durchscheinender das S., je reiner seine Zeichnung ist und je feuriger seine Farben sind, desto mehr wird es geschätzt. Es läßt sich spalten und, durch Hitze erweicht, beliebig biegen, in Formen pressen und durch Druck noch leichter als Horn zu einem Stück vereinigen, worauf es ohne Abkühlung in kaltem Wasser schnell wieder fest wird. Die Bearbeitung des S. geschieht wie diejenige des Horns durch Zersägen, Raspeln und Schaben, das Polieren mit Bimssteinpulver und Tripel. Man verwendet das S. zu den verschiedensten Galanterie-, Gebrauchs- und Luxusgegenständen, namentlich zu Kämmen, Dosen, Brillengestellen, Messerschalen, Fächern, eingelegter Arbeit u. s. w. Das beste S. ist das ostindische, für welches Singapur Haupthandelsplatz ist. Des hohen Preises wegen wird S. vielfach künstlich nachgeahmt, oder es wird wenigstens solches von minder schöner Zeichnung durch Beizen mittels alkalischer Bleilösungen schöner gezeichnetem imitiert. Nachahmungen des S., die indes den Kenner nicht täuschen, werden aus Horn und Celluloid durch Anwendung chem. Mittel nach verschiedenen Verfahrungsweisen dargestellt. Das S. ist dichter und elastischer als Horn und blättert sich nicht wie dieses ab; auch ist es durchsichtiger und sehr politurfähig. Der Wert der einzelnen Sorten schwankt zwischen 18‒45 M. für 1 kg. Am höchsten bezahlt man das S. von China und Madagaskar. Hamburgs Einfuhr an S. betrug 1894: 7338 kg im Werte von 214000 M.
Schildrabe (Corvus scapulatus Daud.), ein echter Feldrabe von der Stärke der Rabenkräbe, mit Ausnahme der weißen Brust und eines breiten weißen Halsringes glänzend schwarz, in Afrika und Madagaskar heimisch. In größern zoolog. Gärten sieht man ihn nicht selten. Er wird wie andere Raben gehalten und ist gegen das nördl. Klima nicht besonders empfindlich. Der Preis beträgt etwa 80 M. das Stück.
Schildschwänze (Uropeltidae), eine merkwürdige Familie nichtgiftiger Schlangen, deren 5 Gattungen und 18 Arten auf Ceylon und die Spitze von Vorderindien beschränkt sind. Sie haben einen cylindrischen Körper, einen sehr kurzen Schwanz, meist mit einer größern, schildartigen Endschuppe. Die Augen sind sehr klein, da die Tiere unterirdisch leben.
Schildtaube, eine in Gestalt und Größe der blauen Feldtaube gleichende Taubenart. Der Kopf ist glatt oder breithaubig, in Sachsen kommen auch doppelkuppige vor; der Schnabel ist hellfleischfarbig, die Augen sind dunkelbraun. Die Füße sind bei der süddeutschen S. gewöhnlich nackt, bei der sächsischen stark belatscht. Die Färbung des Gefieders ist rein weiß, nur der Flügelschild, d. h. der Flügel mit Ausnahme der großen Schwingen, ist farbig. Es giebt Blau-, Schwarz-, Rot- und Gelbschilde, ferner Silber- und Fahlschilde, ohne und mit Binden, seltener geschuppte. Die S. sind sehr fruchtbar, füttern die Jungen sehr sorgsam und feldern gut.
Schildviper, s. Brillenschlange.
Schildwache, im Mittelalter der bei den vor dem Wachtlokal aufgehängten Schilden stehende Posten. Jetzt wird jeder Wachtposten als S. bezeichnet. Eine S. ist als solche in ihrem Dienst Vorgesetzter eines jeden Soldaten. Meist werden die S. alle zwei Stunden abgelöst. Nach der Instruktion für die Wachen vom 29. Jan. 1881 und nach dem Gesetz über den Waffengebrauch des Militärs vom 20. März 1837 ist den Wachen der Gebrauch der Waffen aus eigenem Recht zu jeder Zeit gestattet: a. um den Angriff abzuwehren und den Widerstand zu bewältigen; b. um den schuldigen Gehorsam zu erzwingen; c. wenn bei Arrestationen (auch vorläufigen Festnahmen und Ergreifungen) der bereits Verhaftete oder ein der S. anvertrauter Gefangener entspringt oder auch nur einen Versuch dazu macht. Als «verhaftet» gilt dann erst eine Person, wenn derselben unter Handauflegen oder Berühren mit der Waffe ausdrücklich eröffnet ist, daß sie verhaftet sei. Ein bloßer Zuruf genügt nicht; d. zum Schutz der ihrer Bewachung anvertrauten Personen und Sachen.
Schildwanzen (Pentatomidae), eine Familie der Wanzen mit sehr zahlreichen Arten, von denen namentlich viele tropische durch bedeutende Körpergröße und durch Farbenpracht ausgezeichnet sind. Sie besitzen zwischen den Vorderflügeln ein Mittelschildchen, das mindestens halb so lang wie diese ist. Bei uns am häufigsten sind die Baum- und die Beerenwanze. (S. diese Artikel.)
Schildwurf, südamerik. Säugetier, s. Armadill.
Schildzapfen, s. Geschütz (Bd. 7, S. 908 b).
Schilf, mehrere im Wasser oder an sumpfigen Stellen wachsende Pflanzen aus der Gruppe der Monokotyledonen, besonders Arten von Arundo (s. d.), Phragmites (s. d.) und Typha (s. d.).
Schilfbretter, s. Gipsdielen.
Schilferflechte, soviel wie Schuppenflechte, s. Hautkrankheiten (der Haustiere).
Schilfglaserz oder Freieslebenit, ein seltenes, in schilfartig krummflächigen, stark vertikal gestreiften Säulen des monoklinen Systems krystallisierendes, auch derbes und eingesprengtes Erz von stahlgrauer bis schwärzlich bleigrauer Farbe, der Härte 2‒2,5 und dem spec. Gewicht 6,1‒6,35. Die chem. Analysen führen auf die Formel 5(Pb, Ag₂)S + Sb₂S₃. Als Fundpunkte sind besonders Freiberg und Felsöbanya bekannt. Die Substanz des S. tritt auch in rhombischen Formen mit geringerm specifischem Gewicht als Diaphorit auf, so auf den Erzgängen von Přibram und bei Zancudo in Columbia (Südamerika), ist also dimorph.
Schilfhähnchen, s. Donacia.
Schilfmeer, im Alten Testament das Rote Meer (s. d.).
Schilfmeisen, eine Bezeichnung der Bartmeisen (s. d.).
Schilfrohr, s. Phragmites.
Schilfsänger (Calamodus), Gattung der Calamoherpinae (s. Rohrsänger), die drei Arten enthält: den Osteuropa und Sibirien bewohnenden Zwergschilfsänger (Calamodus salicarius Pallas), den in Deutschland nicht seltenen echten S. (Calamodus phragmitis Bechst.), 16 cm lang, oben matt olivengrün mit dunkelbraunen Flecken, Hinterrücken und Bürzel gelblichbraun, über den Augen ein weißer Streifen, Zügel und Wangen braun, Kehle weißlich, Brust und Bauch hellgelblich, rostfarben überhaucht, und endlich der Binsensänger (Calamodus aquaticus L.), im südl. Europa von Süddeutschland an.
Schilfweih (Circus aeruginosus Savg.), auch Rohrweih, ein schöner, 55 cm langer, 136 cm