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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schmalkaldener Mohrenkopf - Schmalkaldischer Bund
die Eisen- und Stahlwarenfabrikation (Schmal-
kalder Artikel, wie Ahlen, Vobrer, Zangen,
Striegel, Löffel u. s. w.). In der Nähe von S.
wird Bergbau aus Eisen betrieben. - S., dessen schon
in einem Dokument aus dem I. 874 Erwärmung
geschieht, war früher die Hauptstadt der Herrsch aft
S., die 1360 durch Kauf von den Burggrafen von
Nürnberg an Hessen und Hennebcrg kam, aber nach
Aussterben der Grafen von Hennebcrg (1583) in
den alleinigen Besitz von Hessen überging. Mit Kur-
hessen kam 1866 auch die Herrschaft S. an Preußen
und bildet seitdem den Kreis S. Von der Herrschaft
S. ist über die Hälfte mit Wald bedeckt. Durch
Vertrag vom 14. Sept. 1866 trat Preußen die
schmalkaldischcn Staatssorste an den Herzog Ernst
von Coburg-Gotha ab. - Vgl. Hafner, Die sechs
Kantone der ehemaligen Herrschaft S. (4 Bde.,
Mcining. 1818-21)-, Wagner, Gefchichte der Stadt
und Herrschaft S. (Marb. 1849); S. und seine Sol-
quellen (Schmalk. 1878); Wilisch, S. und seine Um-
gebungen (ebd. 1884).
Schmalkaldener Mohrenkopf, Schmalkal -
dener Perücke, Haustaube, s. Mähnentaube.
Schmalkaldersche Patentbufsole, s. Kompaß.
Schmalkalderscher Höhenmesser (benannt
nach dem Erfinder Echmalkalder), Instrument zum
Messen von Böschungswinkeln, früher beim Kro-
tieren öfters angewendet. Er besteht aus einer Blech-
kapfel, in der ein Rad um feine Achfe leicht drehbar
angebracht ist. Der Radreifen ist mit einer Grad-
einteilung versehen und trägt an einer Stelle ein
schweres Blcistück, das die Stelle eines Pendels
vertritt, so daß der beschwerte Halbmesser des Rades
sich von selbst bei jeder beliebigen Richtung der
Kapsel senkrecht stellt. Eine mit Dioptern verscbcne
Röhre dient zum Visieren, und man richtet dieselbe
bei senkrecht vor das Auge gehaltener Kapsel auf
den Endpunkt der geneigten Linie, deren Böschung
bestimmt werden soll. Durch ein Prisma kann man
gleichzeitig beobachten, welcher Teilstrich des Rades
vor dem Auge stehen bleibt', dieser giebt den Bö-
schungswinkel an. Das Instrument wird in der
Hand gehalten oder auf einen Stock aufgesteckt.
(S. Kapselquadrant.)
Schmalkaldifche Artikel, die von Luther Dez.
1536 zu Wittenberg aufgesetzten Artikel, die seinen
theol. Standpunkt auf dem von Papst Paul III.
nach Mantua ausgeschriebenen Konzil darthun soll-
ten. Da die prot. Stände bei der vorläufigen Be-
ratung zu Schmalkalden (Febr. 1537) dieses Konzil
ablehnten, so wurden jene Artikel auch nur von den
anwesenden Theologen unterschrieben und galten
lange Zeit hindurch nur als Privatschrift Lntbers,
während der gleichzeitige Traktat Melanchthons
über den Primat des Papstes schon auf dem Schmal-
kaldcner Konvent fymbolifchcs Ansehen erbielt. Erst
nach Luthers Tode begann man seine Artikel, be-
sonders der scharfen Ausprägung der lutb. Abend-
mahlslehre wegen, im Streite wider die Schule Me-
lancktbons wieder hervorzuzicben und in verschiede-
nen Kircbenordnungen auf dieselben zu verpflichten.
1580 wurden die S. A. als symbolische Scbrift in das
Konkordienbuch (s. d.) aufgenommen und galten als
eins der Hauptbekenntnisse des orthodoxen Luther-
tums, während man jenen Traktat Melanchthons
beiseite ließ. Das Manuskript der Schrift, die zuerst
1538 deutsch und 1541 in lat. Übersetzung ersckicn,
befindet sich in der Heidelberger Universitätsbiblio-
thek unv wurde zum Lutherjubiläum von Zange-
Brockhaus' Konversations-Lexikon. 14. Aufl. XIV.
meister in Faksimile herausgegeben (Heidelb. 1883).
^ Vgl. Menrer, Der Tag zu Echmalkalden und die
S. A. (Lpz. 1837); Plitt, 1)6 aucwritatk articuloi-uin
LinHickläicoluin L^mdolica. (Erlangen 1862).
Schmalkaldischer Bund, der durch den Kur-
fürst Johann von Sachsen, dessen Sohn Johann
Friedrich I., den Landgrafen Philipp von Hessen
und andern prot. Reichsfürsten und Städten auf
einer Versammlung zu Schmalkalden (vom 22. bis
31. Dez. 1530) verabredete und auf einer zweiten
Versammlung ebendaselbst 29. März bis 4. April
1531 förmlich, zunächst auf fcchs Jahre, abgeschlossene
Bund, durch den jedem unter ihnen gegen jeden An-
a,riff des Glaubens wegen (den Kaifer nicht aus-
genommen) gemeinschaftlicher Beistand geleistet wer-
den sollte. Außer Knrsachsen und Hessen traten bei
Fürst Wolfgang von Anhalt, die Herzöge Philipp,
Ernst und Franz von Vraunfchweig und Lüneburg,
zwei Grafen von Mansfeld, die Städte Magdeburg,
Bremen, Lübeck, Etraßburg, Lindau, Konstanz,
Mcmmingen, Biberach, Isny, Reutlingen und Ulm;
bald folgten auch Eßlingen, Vraunschwcig, Göttin-
gcn, Einbeck und Goslar. Kurfürst Johann Friedrich
und Landgraf Philipp wurden als Bundeshaupt-
leute anerkannt und die Bundesverfassung im Dez.
1531 zu Frankfurt a. M. vollends vereinbart. Die
Bundesgenossen, die sofort mit Frankreich und Eng-
land Beziehungen anknüpften, versagten dem Kaiser
die Kriegsbilfe gegen die Türken und weigerten sich,
die Wahl feines Bruders Ferdinand I. zum röm.
Könige anzuerkennen, worin sie von den kath. Her-
zögen von Bayern unterstützt wurden. Karl V. mußte
sich daber zur Nachgiebigkeit verstehen, und so kam
23. Juli 1532 der Nürnberger Religionsfriede zu
stände. Seitdem gewann der Protestantismus immer
mehr an Ausdehnung und Macht. Im Einverständ-
nis mit Frankreich und Bayern führte Landgraf
Philipp 1531 mit Waffengewalt den vertriebenen
Herzog Ulrich von Württemberg in sein Land zurück.
Äilf einer Versammlung zu Schmalkalden 24. Dez.
1535 wurde der Bund auf weitere 10 Jahre er-
neuert und befckloffen, alle, die darum nachfuchen
und sich der Augsburgischen Konfefsion gemäß
halten würden, auszunehmen. Demzufolge traten
im folgenden Jahre bei: Württemberg, Pommern,
zwei Fürsten von Anhalt, die Städte Augsburg,
Frankfurt a. M., Kempten, Hamburg, Hannover
und Minden. Auch ein Bündnis mit König Chri-
stian III. von Dänemark wurde 1536 vollzogen und
erhielt 1538 noch weitere Ausdehnung. Auf der
Bundesversammlung zu Schmalkalden im Febr.
1537, auf der auch die Schmalkaldischen Artikel
(s. d.) unterfchrieben wurden, lehnten die Bnndes-
genossen ab, ein Konzil in Italien zu beschicken, und
forderten ein Konzilium auf deutfchem Boden.
Das Verhältnis zwischen beiden Religionsparteien
gestaltete sich immer feindseliger, als die kath. Stände
unter Führung Bayerns den Mrnöerger Bunv
schlössen (10. Juni 1538). Doch gelang unter Ver-
mittelung der Kurfürsten von Brandenburg und von
der Pfalz nochmals ein vorläufiger Vergleich (der
sog. Frankfurter Anstand 10. April 1539). Gleich-
zeitig siegte der Protestantismus vollständig in
Brandenburg und dem Albertinischen Sachsen. Aber
der S. B. verpaßte damals die Gelegenheit, durch
Aufnahme und Schutz des vom Kaifer bedrohten
Herzogs Wilhelm von Iülich-Cleve am Nicderrhein
Fuß zu fassen; auch das geplante Bündnis mit Hein-
rich VIII. von England kam nicht zu stände und die
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