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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schutzgilden - Schutzimpfung
Schutzgilden, s. Gilde.
Schutzheilige, s. Heilig.
Schutzholz oder Bestands schutzholz, Holz-
arten, die empfindliche Holzarten gegen Frost und
Hitze schützen sollen; sie müssen daher in der Jugend
schnellwüchsiger sein als'die zu schützenden. Man
baut sie entweder durch Saat oder Pflanzung künst-
lich mit an, oder sie stellen sich auf den Schlägeu
durch natürlichen Auslug ein. Hat das S. seine
Aufgabe erfüllt, so wird es allmählich entfernt. Die
zu schützenden Holzarten sind namentlich Fichte,
Tanne, Eiche und Buche. Als S. dienen vorzugs-
weise Kiefer, Birke u. a. sog. Weichhölzer, wie Äspen,
Sahlweiden, Ebereschen. Kiefer wird meist künstlich
mit angebaut, wübreud die letztgenannten Laub-
hölzer sich gewöhnlich von Natur ansamen. (S. auch
Bodenschutzholz und Treibholz.)
Schutzhütten, in Gebirgen, besonders in den
Alpen, Hütten aus Holz oder Mauerwerk, die von
den Alpenvereinen znr Erleichterung der Besteigung
von Hochgipfcln, zur größern Bequemlichkeit der
Touristen, oder auch nur als linterstandsräume bei
Unwetter errichtet werden. Die neuern größein
Hütten sind in der Regel mit Betten oder mit Ma-
tratzenlager für 20-30 Perfonen eingerichtet und
während der Sommerszeit häusig bewirtschaftet. In
den nicht bewirtschafteten Hütten sind ansgiebigc
Proviantvorräte (Pottsche Körbe) vorhanden.
Schutzimpfung, im allgemeinen jedes Ver-
fahren, durch Einverleibung bestimmter Stoffe in
den menschlichen oder tierischen Körper diesen un-
empfänglich gegen Krankheitserreger zu machen,
ihn zu immunisieren, und dadurcb vor Einzel- oder
epidemischen Erkrankungen zu scbützen. Im engern
Sinn ist S. soviel wie Schutzpockenimpfung (f. Im^
pfung). Die Methode der S. gegen Krankheiten
verdankt ihre Aufnahme unter die Maßregeln zur
Verhütung namentlich epidemischer Krankheiten der
Beobachtung, daß Individuen, die eine bestimmte
Krankheit überstanden baben, in der Regel gegen
eine Wiederkehr der Erkrankung zeitweise oder
dauernd geschützt sind, Immunität (s. d.) gegen
diese Krankheit erlangt haben. Diese Immunität
besteht in gleicher Stärke auch dann, wenn die sie
erzeugende erste Erkrankung auch nur minimal ge-
wesen ist. So wird jemand immun gegen das
Vlatterngift, wenn er nur einen ganz geringen
Blatternanfall überstanden hat. Es liegt nahe, daß
man schon in den frühesten Zeiten auf den Gedanken
kommen mußte, das Herrschen fchwächerer Seuchen-
ausbrüche, bei denen Verlauf und Ausgang der
Erkrankungen sehr günstig waren, dazn zu be-
nutzen, künstlich Erkrankungen an den betreffenden
Seuchen herbeizuführen, um sich dadurch gegen
etwa später auftretende heftige Scuchenausbrüche
zu schützen. Ilnd in der That haben schon die alten
Inder diefe Art der S. gegen die vorherrfchendste
Volksfeuche, die Blattern, angewendet. Zur künst-
lichen Erzeugung der Kraukheit bediente man sich
bei dieser erstcn S. des frischen oder an Seidenfäden
eingetrockneten Inhalts der Vlatternpuftelu. Ein
bedeutender Fortschritt für die S. war die Ent-
deckung Ienners, daß eine Tierkrankheit, die Kuh-
pocke oder Vaccine, durch Übertragung auf den
Menschen diesen gegen die Gefahr der Vlattern-
erkrankung zu schützen vermag. Dadnrch ist die für
Civilisation und Volkswohl so segensreiche Schutz-
pockenimpfuug entstanden. Zur Erklärung der
Schuhwirkung der Vaccinc gegen das Blatterngift
muhte man annehmen, daß durch die Übertragung
des Vaccineinfektionsstosfs auf den Menfchen in
dessen Körper Veränderungen vor sich gehen, daß
Schutzstosfe gebildet werden, die es ihm gestatten,
die etwa einmal eindringenden Blatternerreger so-
fort unschädlich zu machen oder ihre giftigen Stoff-
wechselprodukte zu entgiften. Da man nickt ver-
muten tonnte, daß die Schutzwirkung der Vaccine
etwas Zufälliges ist, mußte man weiter annehmen,
daß Blattern und Vaccine bezüglich ihrer Erreger
identische Krankheiten seien, und in der Vaccine-
erkraukung eine leichtere, milder verlaufende Form
der Blattern seben, erzeugt durch die bei ihrem
Wachstum im Ticrkörper in ihrer Giftigkeit (Viru-
lenz) abgeschwächten Blattcrncrregcr, die selbst aber
noch unbekannt sind. Dem ist auch so, wie weitere
Versuche gezeigt haben. Man kann durch Über-
tragung von Pockeneitcr der echten Menschcnblat-
tern auf Rinder bei diefen die Vaccine erzeugen
und den aus den Vaccinepusteln gewonnenen In-
fcktionsstoff zu einer erfolgreicken S. gegen Men-
schcnblattern benutzen. Man ist auf diesem vor-
gezeigten Wege der ^). mit abgeschwächten Krank-
heitsstofscn weiter gegangen und hat sich bcmübt,
auch gegen andere Krankheiten des Menfchen, z. B.
die Hundswut, und gegen einige der verheerendsten
Tierseuchen, wie Schweincrotlauf, Milzbrand, Hüh-
nercholera, Naufchbrand, S. zu finden. Sehr förder-
lich war diefen Vestrebnngen, daß man inzwischen
für eine Reihe solcher Krankheiten die Erreger in
Gestalt der Bakterien kennen gelernt hatte und da-
mit in den Stand gesetzt war, die Bedingungen für
die Abfchwächung ibrer Virulenz zu untersuchen
und diese letztere selbst beliebig zu vergrößern. Da^
bei ergab sich auch, daß solche Abschwächungen an
künstlichen Kulturen, also unabhängig von andern
Tierkörpern erzielt werden konnten. So vcrmochte
Pasteur die Milzbranderregcr durch Zücktung bei
höherer Temperatur (42-43") auf beliebige Viru-
lenzgrade hcrabzubringen. Leider sind aber die
praktischen Erfolge dieser S. binter den Erwartun-
gen, die inan nach dem Ausfall der Laboratoriums-
crpcrimente zu hegen berechtigt war, erheblich zurück-
geblieben, und auch nicht eine der neuern S. kann
sich annähernd mit der Schutzpockenimpfung mesfen.
In den letzten Jahren haben andere Anschauungen
über das Wesen und die Entstehung der Immunität
und die Wirkung der S. Platz gegriffen und sich
demgemäß die Mittel, S. auszuführen, geändert.
Es wurde festgestellt, daß bei dem Wachstum von
Krankheitserregern im Körper (auch in Kulturen)
bestimmte Giftstoffe (Tor albumine) entstehen,
die ihrerfeits erst die charakteristischen Krankbcits-
symptome hervorrufen. Aus Kulturen folcher Krank-
heitserreger gewonnene Toralbumine erzeugen auch
bei Abwesenbeit der erstern die bekannten Sym-
ptome. Zur Beseitigung dieser Toralbumine bilden
die Körperzellen sog. Abwehrstoffe (Alerine,
Antitoxine), die sich mit den Toralbuminen zu
unwirkfamen Körpern verbinden. Sind die Ab-
wehrstoffe in genügender Menge vorbanden, so
werden die Giftstoffe der Krankheitserreger neutra-
lisiert; es tritt Heilung ein; sind sie hingegen im
Übermaße vorhanden, fo verhindern sie, da sie
offenbar nur ganz allmählich im Körper wieder
verschwinden, auf längere oder kürzere Frist eine
weitere Erkrankung, da sie etwa neu entstehende
Giftstoffe ebenfalls sofort unschädlich machen; sie
erzeugen also eine temporäre oder dauernde Immu-