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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schwarzburg (Fürstengeschlecht) - Schwarzburg-Rudolstadt
Schwarzburg, altes deutsches Fürstengeschlecht,
dessen ununterbrochene Stammreihe mit Sizzo, Gra-
fen von S. und von Käfernburg (gest. 1160), be-
ginnt. Dessen ältester Sohn Heinrich folgte dem
Vater als Graf von S., der jüngere, Günther, als
Graf von Käfernburg. Als aber Heinrich, der kin-
derlos war, auf dem Reichstage zu Erfurt 1184
durch den Einsturz einer Decke den Tod fand, erbte
Günther auch S. Von feinen Söhnen wurde Gün-
ther der Stammvater des 1385 erlofchcnen Hauses
der Grafen von Käfernburg, während Heinrich die
Stammlinie des grast. Haufes S. fortfetzte. Hein-
richs XII. jüngerer Sohn Günther ff. d.) wurde
1349 zum deutschen König erwählt. Sein Bruder
Heinrich, gest. 1337, pflanzte den Stamm des Hau-
ses fort. Ein Nachkomme Heinrichs in der fiebenten
Generation, Graf Günther XI^. von S. und Arn-
stadt, gest. 1552, wegen feines Reichtums "Der
Reiche" oder "Mit dem fetten Maule" genannt, der
auch die Reformation einführte, ist der nächste ge-
meinschaftliche Stammvater der beiden noch blühen-
den Linien des Haufes. Von seinen vier Söhnen
wurde nach mchrern Teilungen und dem Tode zweier
Brüder 1599 Johann Günther Stifter der Linie zu
Schwarzburg-Sondershaufen (s. d.), die anfangs
die Linie zu Arnstadt hieß, und Albert VII. der
Ahnherr der Linie zu Schwarzburg-Rudolstadt (s.d.).
Zu Anfang des 14. Jahrh, bestanden die Stamm-
lande des Hauses aus den Reichslehen S., Vlanken-
burg und Königsee. Die meisten Erwerbungen machte
es seit der Zelt des Königs Günther. Es war von
Kaiser Karl IV. mit Rudoljtadt als böhm. Lehn, von
Kurmainz mit Sondershausen, von Kursachsen mit
Frankenhausen, von Sachsen-Weimar mit Arnstadt
und Käfernburg (seit 1446), von Sachsen-Gotha
mit Ilm und Paulinzelle belehnt; andere Lehen hatte
es von Fulda und Hessen-Cassel. Das ganze Besitz-
tum zerfiel in die Obere und in die Untere Herrfchaft
S. Nur auf ersterer ruhte die Reichsstanoschast der
Grafen von S., weshalb bei Teilungen jede Linie
in beiden Herrfchaften Besitzungen echalten mußte.
- Vgl. Hellbach, Archiv von und für ^. (Hildburgh.
1787); derf., Grundriß der Genealogie des Haufes
3. (Rudolst. 1820)'. Iunghans, Gefchichte der
schwarzb. Regenten (Lpz. 1821); Apfelstedt, Gefchichte
des fchwarzb. Haufes (Sondersh. 1856); Leo, Ter-
ritorien des Deutschen Reichs, Bd. 2 (Halle 1867).
Schwarzburgbund, eine Vereinigung von fünf
christl. (lutherischen) Verbindungen zu Berlin, Er-
langen, Greisswald, Halle, Leipzig. Die Grund-
sätze sind im allgemeinen die des Wingolf, doch wohl
noch strenger lutherisch. Seinen Namen hat der
Bund davon, daß er im Sommer 1886 zu Schwarz-
burg gegründet wurde, wo noch aller 2 Jahre sich
die Vertreter vcrfannneln.
Schwarzburg-Nudolstadt, ein zum Deutfchen
Reiche gehöriges Fürstentum, dem Flächeninhalt nach
der 19., der Einwohnerzahl nach der 21. Vundes-
ftaat, in Thüringen gelegen, hat 940,6i qwu und
umfaßt den größern Teil der schwarzb. Oberherr-
schaft (732,70 q^m) und den kleinern (östlichen) der
Unterherrfchaft (207,83 ykm), von denen ersterer
wiederum aus zwei, letzterer aus drei getrennt
liegenden Stücken Landes besteht. (S. die Karte:
Königreich Sachsen, Provinz Sachsen süd-
lich er Teil^ und Thüringische Staaten,
beim Artikel Sachsen, Königreich.)
Das Land ist in beiden Teilen gebirgig und
namentlich im obern reich an Wald. In der Ober-
herrschaft, welche mit ihrem südl. Teile im Thü-
ringer Walde liegt, ist der höchste Punkt der Wurzel-
berg (872 m); in der Unterherrschaft der Kyffhäufer
(486 m); in jener ist der Hauptfluß die Saale mit
Loquitz und Schwarza, in dieser die Wipper. Das
Land hat mehrere durch Naturschönheit ausgezeich-
nete Punkte, besonders in der am Nordabfall des
Thüringer Waldes gelegenen Oberherrfchaft. Außer
dem romantischen Thal der Schwarza (s. d.) werden
die Klosterruinen Paulinzelle (s. d.) und (in der Unter-
herrschaft) die Trümmer der alten Kaiferburg aus
dem Kyffhäufergebirge (s. d.) häufig befucht. Fran-
kenhaufen und Vlankenburg find befuchte Badeorte.
S. hatte 1885: 83836,1890: 85863 (41570 männl.,
44293 weibl.) E., d. i. 91 E. auf 1 ykm, darunter
397 Katholiken und 71 Israeliten. Auf die Ober-
herrfchaft entfielen 68262, auf die Unterherrfchaft
17 601 E. Das Fürstentum hat 8 Städte und 159
Dörfer. Hauptstadt ist Rudolstadt (s. d.).
Das Fürstentum zerfällt in 3 Landratsämter:
Landrats-
ämter

gen




'^Z
ZL
iZ^
W





464,09
5331
8668
39 080
84
290
268,72
4186
6344
29132
109
69
207,83
3249
4036
17 601
85
38
Nudolstadt . . 464,09 5331 8668 39 080 84 290 27
Königsee . . . 268,72 4186 6344 29132 109 69 4
Fran'tcnhausen 207,83 3249 4036 17 601 85 38 40
Das Landratsamt Frankenhaufen bildet die Unter-
herrfchaft.
Von der Gesamtstäche sind etwa 42 Proz. land-
wirtschaftlich benutzt: 1892 waren bebaut mit
Roggen 7163 Ka, Weizen 2884, Gerste 3767, Kar-
toffeln 5524, Hafer 4891 und Wiesen 7482 ba.
Geerntet wurden 9335 t Roggen, 4438 Weizen,
5581 Gerste, 64133 Kartoffeln, 5475 Hafer und
19562 t Wiefenhcu. Am 1. Dez. 1892 wurden ge-
zählt 3094 Pferde, 19847 Stück Rindvieh, 29946
Schafe, 24846 Schweine, 16006 Ziegen und 3620
Bienenstöcke. Die Forstwirtschaft ist befonders im
Thüringer Walde von Wichtigkeit, wo sie für manche
Ortschaften Hauptquelle desErwerbs bildet. 19 691dH
Wald sind herrschaftliche Forsten. Vorherrschend ist
Nadelholz. Der Bergbau liefert in der Oberherr-
schaft Eifen-, Kupfer- und Alaunerze, Marmor und
Schiefer, in der Unterherrfchaft Braunkohlen. Die
Saline in Frankenhaufen liefert Kochsalz. Die In-
dustrie erstreckt sich auf Spinnereien, Glashütten,
Eifcngicßcreicn, Mühlen, Brauereien, Gerbereien,
Fabrikation von Woll- und Tuchwaren, Porzellan
mit Porzellanmalerei, Tabak und Cigarren, Maschi-
ncn, Farben, Vleiweiß und Chemikalien. Außerdem
bcsteben Drahtweberei, Holzfchnitzerei, Perlmutter-
knopfdrchcrci, Buch- und Steindruckereien. Die Ge-
samtlänge der Chausseen inderObcrherrschaft beträgt
260,4, in der Unterherrschast 40,8 Km; die Länge der
Eisenbahnen (1892/93) 30,3 kin, darunter 7,<-> km
Nebenbahnen. Die obere Herrschaft (Leutenberger
Bezirk) wird von der Prcuß. Staatsbabn Gera-
Eichicht und der Saalbahn mit Zweigbahn Schwarza-
Blankenburg berührt.
Versassung und Verwaltung. Das Für-
stentum ist eine konstitutionelle, im Mannsstamm
des gleichnamigen Hauses erbliche Monarchie und
erhielt 1816 eine ständische Verfassung, die 21. März
1854 und 16. Nov. 1870 umgestaltet wurde. Der
Landtag besteht aus 16 Abgeordneten, von denen
4 von den Höchstbesteuerten und 12 durch direkte
geheime Wahl auf drei Jahre gewählt werden. Zur