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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Siam (Meerbusen von) - Siatista
wesentlichern Bestimmungen genügt die Entscheidung
des Staatsrats. Dieser besteht aus dem König als
Vorsitzendem, den Ministern, 10 - 20 vom König
ernannten Staatsräten, und 6 Prinzen des königl.
Hauses. Die Ausarbeitung neuer Gesetze geschieht
durch das sog. gesetzgebende Kollegium. Der König
wählt in Gemeinschaft mit den Prinzen der 4 höch-
sten Nangklassen und dem Ministerkonseil seinen
Nachfolger. Das eigentliche S. zerfallt in 64 Pro-
vinzen, die je nach ihrer Bedeutung in 4 Klassen ein-
geordnet sind. Das stehende Heer zählt etwa 12000,
die Flotte etwa 2000 von Europäern eingeübte
Mannschaften; außerdem bestcbt eine Miliz. Seit
kurzem ist die allgemeine Wehrpflicht eingeführt,
und jeder männliche Einwohner nach vollendetem
21. Lebensjahre zu dreijähriger Dienstzeit verpflich-
tet. Die Flotte ist zusammengesetzt aus 1 Kreuzer-
jacht, 1 Kreuzer, 6 Kanonenbooten, 2 kleinen Avisos,
3 Jachten, 2 Schulschiffen und 2 Fahrzeugen für den
Hafendienst, mit zufammen etwa 6300 t Raum-
gehalt und 50 Geschützen.
Das W ap p en ist ein durch ein fog. Schacherkreuz
(s. d.) in drei Felder zerlegter Schild; oben drei
weihe Elefantenköpfe in Silber, unten rechts in Not
ein silberner Elefant, links in Silber ein geflammter
Dolch und eine Fackel gekreuzt. Landesfarben sind
Weih, Rot. Die Flagge ist rot mit einem weißen
Elefanten (s. Tafel: Flaggen der Seestaaten,
Bd. 6, S. 862). An Orden bestehen: der Heilige
Orden oder Orden der neun Edelsteine, gestiftet
1869, der Kronenorden (s. d.), der Familienorden
(s. d.) und der Elefantenorden (s. d.).
Die ältere Geschichte ist wenig bekannt. Haupt-
momente darin bilden die Einführung des Buddhis-
mus und mit ihm die ersten Elemente einer höhern
Kultur aus Vorderindien, wie man glaubt 638
n. Chr., wahrscheinlich aber schon viel früher. Von
wichtigen neuern Ereignissen sind erwähnenswert:
die Unterwerfung S.s unter die Herrschaft von Pcgu
1556; die Befreiung S.s von Pegu durch Phra-
Naret 1579; die Ausrottung der Dynastie desselben
durch den Minister Kalahom, der als Phrachao-
Phrasat-thong den Thron bestieg; die Ankunft franz.
Missionare und der durch einen Griechen, Konstan-
tin Faucon, welcher ehrgeizige Pläne verfolgte,
plötzlich ins Wunderbare gestiegene, zu mehrern
gegenfeitigen Gesandtschaften führende Einfluß der
Franzosen (1657); der durch Phra-Phet-Racha be-
wirkte Aufstand, in welchem Faucon 1682 zu Grunde
ging, die Ausrottung des Königshauscs und die
einander folgenden Eroberungen des Reichs sowie
die völlige Zerstörung der Hauptstadt Ajuthia durch
die Virmanen 1767; endlich die Vertreibung der
Birmanen durch einen in S. geborenen Chinesen
Phaja-Tak 1767, wclchcr den Staat von S. wieder-
herstellte, 1782 aber von Chakkri, einem seiner Feld-
herren, ermordet wurde, der nun eine neue Dynastie
begründete und die Residenz nach Bangkok ver-
legte. Cbakkris Nachfolger führten hanfigc Kriege
mit den Virmanen. Einer seiner Urenkel, Chrom-
Tschiat oder Kroma-Mom-Tschit, kam 1824 durch
Usurpation auf den Thron, eroberte 1829 Laos
und lieh dessen Königsfamilie hinrichten. Graufam
gegen seine Unterthanen, war er auch ein Feind der
Fremden. Als er Ansang 1851 erkrankte, riet ihm sein
Minister Tschau-Phja-Sri-Sury-Wongse, keinen
seiner zwölf illegitimen Söhne, sondern den Spröß-
ling der verdrängten Dynastie zum Nachfolger zu
ernennen. Diefen letztern lieh der Minister, als
der König 3. Aug. 1851 gestorben war, auch wirk-
lich als König ausrufen, ohne daß die Großen des
Reichs sich dagegen erhoben. Der neue König,
Khan-Fa-Mongkut, war den Engländern und Nord-
amerikanern sehr freundlich gesinnt, starb aber be-
reits 1852. Nun folgte fein Bruder Somoet-Phra-
Paramindr-Maha-Mongkut, der das gute Einver-
nehmen mit den Fremden fortsetzte und mit den
meisten seefahrenden Nationen Handelsverträge ab-
schloß. Kurz vor seinem Tode 30. Sept. 1868 ver-
anlaßte derselbe den Ministerconseil, Tschau-Fa-
Tschula-Longkorn zum König zu wühlen, welcher
auch 1. Okt. 1868 den Thron bestieg. Während seiner
Minderjährigkeit (bis 16. Nov. 1873) war Tschau-
Phja-Sri-Sury-Wongse Regent. Dieser sowie
der König waren seitdem fortwährend bemüht, der
europ. Kultur Eingang in S. zu verschaffen. Am
1. Juli 1885 trat S. dem Weltpostverein bei. In-
folge von Grenzstreitigkeitcn entstand 1893 ein Kon-
flikt mit Frankreich, der für S. fchwere Folgen hatte
und mit der Abtretung des gefamten auf dem linken
Me-kong-Ufer liegenden Gebietes an Frankreich
endigte. Der zum Thronfolger bestimmte Sohn des
Königs, Prinz Maha Vajirunhis, der eine vorzüg-
liche europ. Erziehuug genossen hatte, starb im Jan.
1895, und es wurde sein Halbbruder Prinz Maha
Vajiravudb zum Thronerben ernannt. Derselbe er-
hält seine Ausbildung in England.
Siam, Meerbusen von, Teil des Süd chinesi-
schen Meers in Hinterindien, im W. von Malaka
begrenzt, ist sehr seicht und wird durch das Me-
kong-Delta immer mehr eingeengt. An den Küsten
Siamang, s. Langarmaffen. sviele Infeln.
Siamesische Sprache, von den Eingeborenen
Thai genannt, ein mit den Sprachzweigen Chinas
verwandtes Idiom Hinterindiens. Die Sprache ist
monosyllabisch; was sich von mehrsilbigen Wörtern
findet, ist als loses Kompositum anzusehen oder als
Lehnwort aus dem Sanskrit oder Pali herzuleiten.
Die Wörter des Thai sind unveränderlich. Alle
grammatischen Verhältnisse werden durch Hilfs-
Wörter oder die Stellung im Satze ausgedrückt. An
jedem Worte haftet ein fog. musikalischer Accent. -
Vgl. Pallegoir, victionai-iuni linFuas Ii^i (Par.
1854); Schott in den "Abhandlungen der Akademie
der Wissenschaften" (Berl. 1856 u. 1859); L. Ewald,
Grammatik der Thai- oder S. Sprache (Lpz. 18.81);
Wershoven, Lehr- und Lesebuch der S. S. und
deutsch-siames. Wörterbuch (Wien 1892).
Siamesische Zwillinge, Name eines durch
einen armstarken Vindegewebsstrang oberhalb des
Nabels miteinander verwachsenen Zwillingspaares,
Chang und Eng, die, 1811 als Kinder chines. Eltern
zu Macklong in Siam geboren, sich wiederholt in
Europa und Amerika für Geld fehen liehen, in einer
Doppelehe mit zwei Schwestern 18 Kinder zeugten
und 17. Jan. 1874 auf ihrer Farm in Nordcarolina
starben. Die Sektion ergab, daß in dem Vcrbin-
dungsstrang bloß Vauchfellfalten lagen, die, von
dem einen Zwillingsbruder zum andern gehend,
sich teils in der Verwachsungsstelle, teils im Auf-
hängeband der Leber verloren. - Vgl. Virchow in
der "Berliner klinischen Wochenschrift" (1870).
Siatista, Stadt im weftl. Macedonien im türk.
Wilajet Monastir, in der Nähe des obern Haliakmon
(Vistritza) reizend gelegen, hat anfehnliche Kirchen,
gute griech^ Schulen, eine bedeutende Bibliothek und
gegen 7000 meist zinzarische E. S. ist Sitz des Erz-
bischofs von Sisanion. In der Nähe breiten sich