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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Siezen - Sigel

der Legislative wie im Konvent hielt er sich im Hintergrund, folgte aber stets dem revolutionären Strom. So stimmte er für den Tod des Königs, schloß sich im Kampf gegen die Girondisten an Robespierre an und folgte diesem bis zur Katastrophe des 9. Thermidor (27. Juli 1794). Die ihm angetragene Präsidentschaft des Konvents lehnte er April 1795 ab; statt dessen ging er mit Rewbell nach Holland, wo er den Friedensschluß diktierte. Den Eintritt in das Direktorium wies er zurück und arbeitete nur im Rat der Fünfhundert mit. Ende 1798 schickte ihn das Direktorium als Gesandten nach Berlin, 1799 trat er für Rewbell ins Direktorium, aber nur, um die Regierung vollends zu stürzen und Frankreich durch eine republikanische Verfassung nach seinen Theorien glücklich zumachen. Obschon er die Absichten Bonapartes erriet, sah er sich doch genötigt, mit diesem in Gemeinschaft zu treten. Dennoch mußte S. nach dem Staatsstreich vom 18. Brumaire (9. Nov. 1799) das Feld räumen. Von seinem Verfassungsentwurf wurden nur einige Ideen in die Konstitution des Jahres VIII aufgenommen. Bonaparte als Erster Konsul machte ihn zum Senator, als Kaiser erhob er ihn zum Grafen und ernannte ihn zum Präsidenten des Senats, welches Amt S. übrigens nur kurze Zeit behielt. Während der Hundert Tage trat S. in die Pairskammer; nach der zweiten Restauration wurde er als Königsmörder verbannt und ging nach Brüssel. Erst nach der Revolution von 1830 kehrte er nach Paris zurück, wo er in die Akademie aufgenommen wurde und 20. Juni 1836 starb. Boulay veröffentlichte u. d. T. "Théorie constitutionnelle de S." einige Bruchstücke aus S.’ Memoiren. - Vgl. Mignet, Notice historique sur la vie et les travaux de S. (Par. 1836); Beauverger, Étude sur S. (ebd. 1851).

Siezen, mit "Sie" anreden, s. Duzen.

Sif ("die Verwandte"), eine Göttin der spätern nordischen Dichtung, die Gemahlin Thors (s. d.). Gerühmt wird ihr herrliches Haar, das Loki abschneidet; von Thor gezwungen verschafft dieser der Göttin dann goldenes Haar.

Sifanto, eine der Cykladen, s. Siphnos.

Si fecisti nega (lat.), "Wenn du (es oder etwas) gethan hast, (so) leugne".

Sigambern (Sugambrer, Sygambrer), german. Volk am rechten Ufer des Mittelrheins zwischen der Lippe und der Lahn, nahm 55 v. Chr. die von Cäsar aus Gallien zurückgetriebenen Usipeter und Tenkterer auf und schlug 16 v. Chr. den röm. Statthalter Lollius auf dem linken Ufer. Erst Tiberius überwältigte sie 8 n. Chr. Er siedelte 40000 S. zwangsweise in Belgien an, wo sie fortan als Gugernen erscheinen. Der größere Teil des Volks wich vom Rhein ostwärts zurück; der andere trat seitdem zwischen der obern Ruhr und Lippe als Marsen (s. Marser) auf. Im 3. Jahrh. n. Chr. wurde der Name S. durch den gemeinsamen Namen der Franken verdrängt.

Sigarētus, Gattung von Seeschnecken, s. Venusohr.

Sigbrit Willums, s. Dyveke.

Sigeau Sijean (spr. ßischáng), Stadt im Arrondissement Narbonne des franz. Depart. Aude in Languedoc, am Südufer des Etang de S., eines 18 km langen, 3-6 km breiten Lagunensees, der östlich von S., bei Le Port de la Nouvelle, mit dem Mittelmeer in Verbindung steht, hat (1891) 3485 E., Salinen, die jährlich 50000 Ctr. Salz liefern und Handel mit Honig, Wein, Branntwein und Tuch.

Sigebert von Gembloux (spr. schangbluh), Sigebertus Gemblacensis, geb. um 1030 in Brabant, erhielt im Kloster Gembloux unter Leitung des Abtes Olbert eine ausgezeichnete gelehrte Bildung und wurde daselbst Mönch. Nachdem er eine Zeit lang als Lehrer an der Klosterschule des heil. Vincenz zu Metz gewirkt hatte, kehrte er um 1070 nach Gembloux zurück, wo er 5. Okt. 1112 starb. S. v. G.’ Hauptwerk ist das "Chronicon", eine Weltchronik (zuerst hg. in den "Monumenta Germaniae, Scriptores", Bd. 6), die von 381 bis 1111 reicht, indem sie sich an Prospers Fortsetzung der Chronik des Hieronymus anschließt. Wie S. v. G. hier nicht ohne Kritik verfährt, so hat er auch in besondern Schriften zu Gunsten der Lütticher Kirche gegen röm. Anmaßungen und gegen das Verbot der Priesterehe geschrieben. Außerdem ist noch die Geschichte der Äbte von Gembloux in Bd. 8 der "Monumenta Germaniae" und die Schrift "De scriptoribus ecclesiasticis" (gedruckt in Miräus' "Bibliotheca ecclesiastica") hervorzuheben. - Vgl. Hirsch, De vita et scriptis Sigeberti (Berl. 1841).

Sigeion, Vorgebirge, s. Sigeum.

Sigel (das) oder Sigle (die; vom lat. singulae litterae), Kunstausdruck für Abkürzungen ganzer Wörter durch einen oder mehrere Buchstaben derselben. Die ältesten röm. und griech. Kurzschriften waren Sigelschriften. Auch fast sämtliche neuern Stenographiesysteme bedienen sich der S. (s. Stenographie).

Sigel, Franz, amerik. General, geb. 18. Nov. 1824 zu Sinsheim, wurde 1844 Lieutenant in einem bad. Infanterieregiment, nahm aber 1847 seinen Abschied, um die Rechte zu studieren, beteiligte sich 1848 an der Revolution im bad. Oberlande und ward, als der Aufstand im Frühjahr 1849 von neuem ausbrach, zum Kommandanten der Truppen des Oberrhein- und Seekreises, dann zum Oberkommandanten der Truppen am Neckar ernannt. Nach der Niederlage bei Heppenheim wurde S. Kriegsminister und Mitglied der provisorischen Regierung, später Generaladjutant Mieroslawskis, gegen Ende des Feldzugs Obergeneral der bad.-pfälz. Truppen, deren Trümmer er schließlich auf schweiz. Gebiet führte. 1852 begab er sich nach Amerika, wo er in Neuyork, später in St. Louis als Ingenieur und als Lehrer thätig war. Beim Ausbruch des Bürgerkrieges errichtete S. ein Infanterieregiment und ein Artilleriebataillon, die bei der Einnahme des Camp Jackson 10. Mai 1861 wichtige Dienste leisteten. Er lieferte 5. Juli das Treffen von Carthage und nahm 10. Aug. hervorragenden Anteil an der Schlacht von Wilsons-Creek bei Springfield. Unter Fremont befehligte S. die Vorhut, im November unter Hunter die Nachhut der Bundestruppen, mit der er 1862 wieder vorrückte und den Feind bis an die Grenzen von Arkansas verfolgte. An der Spitze von 7000 Mann gewann S. 7. und 8. März 1862 den glänzenden Sieg von Pearidge, der ihm den Rang eines Generalmajors einbrachte. Nachdem er Ende Juni das Kommando des 1. Korps der Armee von Virginien übernommen hatte, bestand S. verschiedene glückliche Gefechte am Rappahannock und befehligte 29. Aug. den rechten Flügel in der zweiten Schlacht am Bull-Run, wo er einige Vorteile errang, aber die Niederlage des folgenden Tages nicht abwenden konnte. Wegen mehrfacher Kränkungen zog sich S. im Frühjahr 1863 vom Kommando zurück, übernahm aber 1864 wieder das Departement Westvirginien, wurde jedoch von Breckinridge 15. Mai bei Neumarket geschlagen