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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Steinverbände

Seite verlegt und zwar nennt man diejenigen Steine, deren Längsrichtung der Mauerfläche parallel geht, Läufer, dagegen Binder diejenigen, deren Längsrichtung senkrecht in die Mauer hineingeht, wonach man Läufer- und Binderschichten unterscheidet, die bei jedem guten Verband regelmäßig miteinander abwechseln. Werden die Binder auf die hohe Kante gestellt, so daß die Längsachse der Steine horizontal liegt, so entsteht eine sog. Rollschicht, dagegen eine Kopfschicht, wenn ihre Längsachse senkrecht steht. Liegen die Steine in der Mauer unter einem Winkel von 45-60° gegen die Mauerfläche geneigt, so hat man die Stromschicht. Jeder Verband hat zwei natürliche Endigungen, je nachdem man die Ziegelschichten aufhören läßt: die Verzahnung und die Abtreppung, welche bei jedem Ziegelverband verschieden sind. Man unterscheidet folgende Arten von Ziegelverbänden: Schornsteinverband (s. Fig. 1), gültig für Mauern von ½ Stein mit lauter Läuferschichten und ¼-Steinverzahnung und -Abtreppung; Binderverband für 1 Stein starke Mauern mit lauter Binderschichten und ¼-Steinverzahnung und -Abtreppung; Blockverband (Fig. 2) für jede beliebige Mauerstärke, welche durch halbe Steinlängen teilbar ist, bestehend aus Läufer und Binderschichten mit ¼-Steinverzahnung und ¼- und ¾-Steinabtreppung; Kreuzverband (Fig. 3), nur eine Modifikation des Blockverbandes, bei welchem die zweite Läuferschicht gegen die erste Läuferschicht nach der Länge der Mauer um ½ Stein verschoben ist, so daß die 3., 7., 11. u. s. w. Schicht und die 1., 5., 9. u. s. w. Läuferschicht in ihren Stoßfugen lotrecht zusammenfallen, während die 2., 4., 6. u. s. w. Binderschicht wie beim Blockverbande verbleibt; die Verzahnung beträgt ¼ Stein, zweimal rhythmisch vor- und zurückspringend, die Abtreppung regelmäßig ¼ Stein; polnischer oder gotischer Verband (Fig. 4), bei welchem Läufer und Binder in derselben Schicht regelmäßig miteinander abwechseln; er entspricht nicht ganz den Regeln des Verbandes, weil die Stoßfugen im Innern der Mauer um ¼ der Steinlänge durch die darüber liegende Schicht nicht gedeckt werden; seine Verzahnung beträgt ¼ Stein, seine Abtreppung ¾ Stein; holländischer Verband (Fig. 5), mit Läufern und Bindern in einer Schicht abwechselnd, welche durch eine durchgehende Binderschicht gedeckt wird; er vermeidet den Fehler des polnischen Verbandes, seine Verzahnung beträgt ¼ Stein, seine Abtreppung dreimal ¼ Stein und einmal ¾ Stein regelmäßig wiederkehrend; Strom- oder Festungsverband (Fig. 6), welcher, nur für sehr starke Mauern angewendet, im Innern durch sog. Stromschichten (s. Ziegel) gebildet wird, während derselbe äußerlich den Block- oder Kreuzverband zeigt; figurierter Verband, bei welchem es sich nur um äußere Musterungen handelt, welche durch die verschiedene Lage und Farbe der Steine im Äußern erzielt werden (auch für durchbrochene Einfriedigungen verwendet); Heringsgrätenverband (Heringswerk) mit grätenförmiger Anordnung der Steine in der Mauerfläche; er kommt besonders in der angelsächs. Bauweise vor. Besonders konstruktive Verbände, welche unter Zuhilfenahme von Teilsteinen, wie Viertelsteinen (Quartieren), halben Steinen, Dreiviertelsteinen (Dreiquartieren), Riemstücken (s. Ziegel) gebildet werden, ergeben sich bei der senkrechten Endigung der Mauer, der recht- und schiefwinkligen Gebäudeecke, den Pfeilerverbänden u. s. w. - Über den Blendverband s. Verblenden; über den Verband hohler Mauern mit Luftschichten zur Isolierung s. Isolierschichten.

^[Fig. 1.]

^[Fig. 2.]

^[Fig. 3.]

^[Fig. 4.]

^[Fig. 5.]

^[Fig. 6.]

Beim Haustein-, Werkstein- oder Quadermauerwerk unterscheidet man: den Quaderverband, bestehend aus Schichten gleicher Höhe mit Läufern und Bindern in einer Schicht oder nur Läufern von verschiedener Stärke; den griechischen Verband, bei welchem hohe und niedere Schichten im Verhältnis 2:1 abwechseln; den Verband der Böschungsmauern mit deutschem und engl. Fugenschnitt. Der Kostspieligkeit halber werden Quadermauern nur selten durch die ganze Dicke der Mauer aus Werkstein hergestellt, letzterer tritt meist nur als eine Verblendung einer Ziegel- oder Bruchsteinmauer auf. Der Mörtelverband beschränkt sich auf ein Ausfüllen der sehr dünnen Fugen mittels Kalkmilch oder dünnflüssigem Cement. Der mechanische Verband durch Klammern, Dübel u.s.w. erfordert eine feste Verbindung dieser Hilfsmittel mit dem Stein, wozu das sog. Vergußmaterial dient, welches aus Blei, Asphalt, Cement, Schwefel oder Gips besteht.

Beim Bruchsteinmauerwerk kann man von einem eigentlichen Verband nicht mehr reden. Zur Herstellung fester Mauern, Mauerecken u. s. w. sind möglichst große Steine und viel Durchbinder zu verlegen. Der Mörtelverband muß hierbei eine große Rolle spielen. Besondere äußere Formen entstehen, wenn man die Steine in der Außenansicht polygonartig zusammenarbeitet, wodurch das einköpfige und zweiköpfige Polygonmauerwerk entsteht. Im Altertum verwandte man sehr große Steinblöcke ohne Bindemittel, welche Mauern man als cyklopische Mauern bezeichnet. Beispiele solcher Mauern sind in den Ruinen alter Städte (Argos, Mykenä, Tiryns) erhalten. Vitruv berichtet, daß zu seiner Zeit der Netzverband (opus reticulatum) als Verkleidung des aus kleinen Tuffsteinen hergestellten Füll-^[folgende Seite]