Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Stoffwechsel

376

Stoffwechsel

Verbindung mit Druckkräften, die aus der osmotischen Thätigkeit der jene Elemente regelmäßig begleitenden lebenden Parenchymzellen resultieren, die Fortführung des Wassers bis zu den Spitzen der höchsten Bäume bewirken; doch ist auch für diese Annahme ein exakter Beweis bisher noch nicht erbracht worden. Noch weniger wie über die Leitung des Wassers und der in ihm gelösten Substanzen weiß man über die Wanderung der Eiweißstoffe. Es ist zwar mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß dieselbe hauptsächlich in den Siebröhren vor sich geht, aber durch welche Kräfte die Fortführung bewirkt wird, ist noch gänzlich unbekannt.

Am besten ist man über die Wanderung der Kohlehydrate unterrichtet; diese erfolgt immer auf diosmotischem Wege, indem zunächst aus den Palissadenzellen der Blattorgane die dort gebildete Stärke in die Zellen des Schwammparenchyms oder direkt in die parenchymatischen Partien der Gefaßbündel übergeht, um von hier aus an alle diejenigen Orte transportiert zu werden, wo entweder Bildung neuer Zellen oder Aufspeicherung von Reservestoffen stattfindet. Da die Stärke als solche wegen ihrer Unlöslichkeit nicht auf diosmotischem Wege von Zelle zu Zelle fortgeleitet werden kann, so muß dieselbe in eine lösliche Verbindung umgewandelt werden, und diese letztere dürfte in der Regel wohl eine Zuckerart und zwar Glykose sein. Was schließlich die S. in Milchsaftröhren, Harzgängen, Gummigängen u. s. w. anbetrifft, so ist sicher, daß in allen diesen Gebilden eine oft ziemlich lebhafte Bewegung der Inhaltsstoffe stattfindet, aber die Ursachen dieser Bewegung sind noch unbekannt. (S. auch Ernährung der Pflanze.)

Stoffwechsel, Stoffumsatz, in der Physiologie die Gesamtheit derjenigen chem. und physik. Vorgänge, durch welche die normalen Lebensverrichtungen (Funktionen) der Organismen fortdauernd von statten gehen. Die gesamten Lebenserscheinungen des pflanzlichen wie des tierischen Organismus, des einfachsten wie des zusammengesetztesten, beruhen im Grunde auf ununterbrochenen chem. Umwandlungen und Formveränderungen der Substanzen, aus denen er sich aufbaut, indem eine fortwährende Abgabe und Ausscheidung der zersetzten und unbrauchbar gewordenen Bestandteile mit einer beständigen Aufnahme neuer Stoffe und ihrer Umwandlung (Assimilierung) zu integrierenden Teilen des Organismus in geregelter Folge einhergeht.

Aus der Luft und dem Boden nimmt die Pflanze unter dem Einflusse des Lichts eine Reihe anorganischer Substanzen, vornehmlich Wasser, Kohlensäure, Ammoniak oder Salpetersäure und einzelne Salze, als Nahrungsmittel in sich auf und wandelt diese einfachen chem. Verbindungen (binären Sauerstoffverbindungen) unter reichlicher Sauerstoffausscheidung in verschiedene organische Stoffe von komplizierterer chem. Konstitution (ternäre und quaternäre Verbindungen) um (d. i. die sog. progressive Stoffmetamorphose). Die wichtigsten dieser Pflanzenbestandteile, insbesondere die Kohlenhydrate, Fette und Eiweißkörper, dienen sodann dem Tiere direkt (Pflanzenfresser) oder indirekt (Fleischfresser) zur Ernährung; aus ihnen baut es zunächst die Gewebe seines Körpers auf und wandelt sie dann allmählich durch Verbrennung, d. h. durch Verbindung mit dem aus der Luft eingeatmeten Sauerstoff unter reichlicher Kohlensäurebildung, wiederum in einfachere anorganische Stoffverbindungen um (d. i. die regressive Stoffmetamorphose). Während sich sonach der S. der Pflanze als ein Reduktions- oder Desoxydationsprozeß darstellt, ist der tierische S. im wesentlichen als ein Oxydationsprozeß zu betrachten. Die Endprodukte, welche aus der Oxydation der tierischen Gewebe hervorgehen, sind Kohlensäure, Wasser, Ammoniak und einige anorganische Salze, also die nämlichen Stoffe, deren die Pflanze zum Aufbau ihres Körpers und zum Leben bedarf. Am auffallendsten zeigt sich die gegenseitige Abhängigkeit des pflanzlichen und tierischen S. am Kohlenstoff. Während die Pflanze unter dem Einfluß des Sonnenlichts aus der Luft Kohlensäuregas in sich aufnimmt, in seine beiden Elemente Kohlenstoff und Sauerstoff zerlegt, den Kohlenstoff zurückhält und in komplizierte organische Verbindungen umwandelt, den der Tierwelt unentbehrlichen Sauerstoff hingegen in reichlichem Maße nach außen abgiebt, nimmt das Tier aus der Pflanzenwelt kohlenstoffhaltige Verbindungen in sich auf, oxydiert sie mit Hilfe des eingeatmeten Sauerstoffs und giebt die hierbei entstehende Kohlensäure wieder an die Atmosphäre, als einen erneuten Nährstoff für die Pflanzen, zurück. So erhebt sich über dem S. des Einzelorganismus ein beständiger, in sich geschlossener Kreislauf des Stoffs, der alle lebenden Wesen innig aneinander kettet und aus dem sich jene reiche Summe lebendiger Kräfte entwickelt, welche namentlich im Tierkörper in der Form von Bewegung und Wärmebildung zu Tage tritt.

Zum pflanzlichen S. gehören vor allem die Assimilation (s. d.) und Atmung (s. d.), außerdem die Entstehung der mannigfachen andern Stoffe, die sich in den Pflanzen vorfinden, wie Farbstoffe, Alkaloide, Glykoside, ätherische Öle, Harz, Gummi u. s. w. Aus den von den Pflanzen aufgenommenen Nährstoffen werden die verschiedensten chem. Verbindungen gebildet. Die Synthese dieser Verbindungen, wie sie in der Pflanze sich abspielt, ist für die meisten Stoffe gänzlich unbekannt, selbst die am genauesten untersuchte Kohlenstoffassimilation ist bis jetzt noch nicht vollständig klar gelegt. Da nur eine geringe Anzahl von Elementarstoffen für die Pflanzenernährung (s. Ernährung der Pflanze) notwendig sind, so muß auch die Synthese der verschiedenen in den Pflanzen vorkommenden Verbindungen auf diese wenigen Elemente sich zurückführen lassen. Aber welche Bedeutung z. B. Kalium, Calcium, Magnesium für jene Synthesen haben, ist noch unaufgeklärt. Die Untersuchungen über den S. sind zwar sehr zahlreich, aber noch keineswegs abgeschlossen. (Vgl. Pfeffer, Pflanzenphysiologie, Bd. 1: Stoffwechsel, Lpz. 1881.)

Der tierische S. setzt sich aus einer Reihe einzelner zum Teil sehr verwickelter Vorgänge zusammen. Da der tierische Organismus ununterbrochen einen beträchtlichen Verlust an oxydierbarem Körpermaterial und an vorrätigem Sauerstoff erfährt, so muß ein fortwährender Ersatz der verbrauchten Stoffe stattfinden, um den Gleichgewichtszustand des tierischen Haushalts dauernd zu erhalten (Bilanz des tierischen Haushalts). Dies geschieht in der That in ausgedehntem Maße mit Hilfe des Ernährungsprozesses, der dem Körper beständig oxydierbare, kohlenstoffhaltige Verbindungen zuführt, und des damit innig verbundenen Atmungsprozesses, der ihm den nötigen Vorrat freien Sauerstoffs aus der Atmosphäre verschafft. (S. Atmung.) Als eigentliche Nahrungsstoffe die-^[folgende Seite]