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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Syrische Sprache, Schrift und Litteratur

3. Aufl. 1892). Für die Lexikographie sehr wichtig sind die einheimischen Lexika des Bar Ali und Bar Bahlul, aus welchen Gesenius (Lpz. 1834) und Bernstein (Bresl. 1842) Proben mitgeteilt haben, ersteres lithographiert zur Hälfte hg. von G. Hoffmann (Kiel 1874, mit neuem Titel 1886), letzteres auf Kosten der franz. Regierung von R. Duval (bis jetzt 5 Hefte, Par. 1888-96).

Die Schrift der Syrer hat in ihrer ältesten (Majuskel-) Gestalt, dem Estrangelo (d. i. στρογγὑλη, Rundschrift; Schriftprobe s. Tafel: Schrift II, 10), die größte Verbreitung unter den verschiedenen Völkern Asiens gefunden, denn aus ihr stammt die kufische der Araber, die Zend- und Pehlevischrift der Sassaniden, die uigurische der Türken, die mongolische und die Mandschuschrift.

Von einer syr. Litteratur in vorchristl. Zeit hat man weder Nachrichten noch Reste. Aber in den ersten Jahrhunderten n. Chr. entwickelte sich mit Anlehnung an griech. Werke eine vielseitige Schriftstellerei, die sich vorzüglich auf christl.-theol. Litteratur, Bibelübersetzung und Erklärung, Dogmatik, Martyrologien und Liturgien erstreckte, die aber auch Geschichte, Philosophie, Medizin und Naturwissenschaften umfaßte. In diesen letztern Gebieten wurden die Syrer wieder die Lehrer der Araber im 8. und 9. Jahrh. und haben im allgemeinen als Vermittler der Kultur einen großen Einfluß auf die geistige Gestaltung des Orients ausgeübt. Auch hat sich herausgestellt, daß der syr. Text im Mittelalter weit verbreiteter Legenden die Quelle aller anderweitigen Bearbeitungen ist. Der letzte klassische Schriftsteller der Syrer ist Barhebräus (s. d.), gest. 1286.

Aus den ersten drei christl. Jahrhunderten hat man fast nur die ältern Bibelübersetzungen, besonders die Peschita (richtiger Peschittha, Ausgaben der ganzen Bibel in der Pariser und Londoner Polyglotte 1645 und 1657, Lond. 1823-26 und Mosul 1887-92, 3 Bde.; des Alten Testaments z. B. von Lee, Lond. 1823 u. 1824, von der amerik. Mission in Urmia 1852, von Ceriani, Mail. 1876-83; Neues Testament von Watts, Lond. 1816, und Bagster, ebd. seit 1828, auch Urmia 1846 und Neuyork seit 1868), die das Muster der Sprache wurde. Von ältern Übersetzungen der vier Evangelien hat W. Cureton Bruchstücke (Lond. 1858) und Agnes Smith-Lewis einen vollständigen, von ihr im Sinaikloster 1892 entdeckten Text veröffentlicht (syrisch und, auch separat, in engl. Übersetzung, Lond. 1894). In ihre Blütezeit trat die syr. Litteratur von der Mitte des 4. Jahrh. an, besonders durch den berühmten Lehrer und Theologen der rechtgläubigen Kirche Ephräm (s. d.) den Syrer, dem sich weiterhin namentlich Maruthas, Bischof von Maiperkat (um das J. 400), Rabulas, Bischof von Edessa (gest. 435), Isaak von Antiochia (gest. etwa 460), Josua der Stylite (Anfang des 6. Jahrh.) anschließen. Von da ab sind noch hervorzuheben unter den Nestorianern der Metropolit Ebed Jesu von Nisibis (gest. 1318); unter den Jakobiten oder Monophysiten Philoxenus, Bischof von Mabbogh oder Hierapolls (485-519), Jakob von Sarug (gest. 521), Johannes von Ephesus (gest. bald nach 585), Jakob von Edessa (gest. 708), Dionysius von Tellmahre (gest. 845), Dionysius Barsalibi (gest. 1171), endlich Gregorius Barhebräus.

Für die Kirchengeschichte wichtig sind die von Assemani herausgegebenen "Acta martyrum orientalium et occidentalium" (syrisch und lateinisch, 2 Bde., Rom 1748), sowie die "Acta martyrum et sanctorum", syrisch von P. Bedjan (bis jetzt 6 Bde., Par. 1890-96), wozu das anonyme Martyrologium (1865, hg. von Wright) kommt und die "Auszüge aus syr. Akten pers. Märtyrer", hg. von G. Hoffmann in den "Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes" (Lpz. 1880); ferner: "Ancient Syriac documents" (von Cureton und Wright, Lond. 1864), die "Chronique de Josué le Stylite" (syrisch und französisch, hg. von Martin, Lpz. 1876; syrisch und englisch von Wright, Cambr. 1882); die Kirchengeschichte des Johannes von Ephesus (deren 3. Buch hg. von Cureton, Oxf. 1853; englisch von Payne Smith, ebd. 1860; deutsch von Schönfelder, Münch. 1862; Fragmente daraus und seine "Heiligenbiographien" hg. von Land im 2. Bande seiner "Anecdota syriaca", Leid. 1868; lateinisch von van Douwen und von Land, Amsterd. 1880); das um 600 verfaßte Chronicon Edessenum (syrisch und deutsch von L. Hallier, Lpz. 1892), die "Annalen" des Dionysius von Tellmahre (Buch 1, von Tullberg, 1850; Buch 4, von Chabot, 1895), die "Mönchsgeschichten" des Thomas, Bischof von Marga seit 840 (syrisch und englisch von Budge, 2 Bde., Lond. 1893), des Barhebräus "Chronicon syriacum" (syrisch und lateinisch von Bruns und Kirsch, 2 Bde., Lpz. 1789; syrisch von P. Bedjan, Par. 1890) und "Chronicon ecclesiasticum" (syrisch und lateinisch von Abbeloos und Lamy, 1872-77). Für die Geschichte der christlichen Litteratur sind von Bedeutung Curetons "Spicilegium syriacum" (syrisch und englisch, Lond. 1855), mehrere von de Lagarde edierte Werke, wie "Didascalia apostolorum" (Lpz. 1854), "Reliquiae juris ecclesiastici" (ebd. 1856), "Titri Bostreni contra Manichaeos bibli quatuor" (Berl. 1859), sowie viele andere Übersetzungen, zum Teil im Originale verloren gegangener griech. Schriften, wie die (von R. Harris im Sinaikloster aufgefundene) der Apologie des Aristides (syrisch und englisch, Cambr. 1891), u. a. In die dogmatischen Kämpfe der Syrer führen uns hinein die Werke von Ephräm, Rabulas, Isaak von Antiochien, des Monophysiten Philoxenus von Mabbogh und der Nestorianer Elias, Bischof von Nisibis (gest. 1049; sein arabisch geschriebenes Buch "Beweis der Wahrheit des Glaubens" deutsch von L. Horst, Colmar 1886) und Ebed Jesu. In der Bibelauslegung haben sich ausgezeichnet: Ephräm, Jakob von Edessa, der sich auch um die Feststellung eines korrekten Bibeltextes bemühte, Daniel von Salah (8. Jahrh.), Dionysius Barsalibi (gest. 1171; englisch Dublin 1672), Salomo von Basra (um 1222; sein Sammelwerk "Die Biene" syrisch und englisch hg. von Budge, Oxf. 1886), Gregorius Barhebräus u. a. - Eine "Patrologia syriaca" (Bd. 1: Aphraates, Par. 1894-95) ist im Erscheinen begriffen.

Die Poesie der Syrer ist fast nur kirchlich und liturgisch, meist ohne hohen Schwung, in etwas steifer Form; doch findet sich wirkliche Poesie in den Resten der gnostischen Lieder, wie bei Bardesanes, der der älteste Hymnendichter ist. Nach ihm ist der bedeutendste Dichter Ephräm (s. d.); sonst sind zu nennen: Cyrillonas (syrisch hg. von Bickell in der "Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft", Bd. 27), Baläus (syrisch hg. von Overbeck in "Sancta Ephraemi Syria etc. opera", Oxf. 1865), Isaak von Antiochien (syrisch hg. von Bickell, Gieß. 1873 u. 1877), Jakob von Sarug (ausgewählte Gedichte der vier zuletzt genannten, deutsch von Bickell in Thalhofers "Bibliothek der Kirchenväter", Kempten