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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Syrische Raute; Syrische Sprache, Schrift und Litteratur

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Syrische Raute - Syrische Sprache, Schrift und Litteratur

kirche. Die Ostsyrer entschieden sich für die Lehre des Nestorius (s. d.); besonders auf pers. Gebiet breitete sich durch Bischof Barsumas von Nisibis und durch die von der byzant. Staatsgewalt 489 aus Edessa vertriebenen, aber in Persien mit Wohlwollen aufgenommenen Lehrer der Nestorianismus ungehindert aus, und 498 auf der Synode von Seleucia unter dem Patriarchen Babäus sagte sich die ganze pers. Kirche von der orthodox-griechischen los und gewann bis ins 11. Jahrh. im östl. Asien weite Verbreitung. (S. Nestorianer und Syrische Christen.)

Die westsyr. Kirche wurde seit der Synode von Chalcedon 451 durch neue Kämpfe aufs heftigste erschüttert. Die monophysitische Lehre fand, unter Begünstigung der Kaiser Zeno und Anastasios I., hier wie in Ägypten, besonders durch Barsumas von Edessa, den Mönch Petrus Fullo, Bischof Xenajas (Philoxenus) von Mabbogh und den Patriarchen Severus von Antiochia, viele Anhänger. Unter den Verfolgungen durch Kaiser Justinus I. und Justinianus I. gelang es sodann den rastlosen Bemühungen des Jakob Baradäus (s. d.), die Monophysiten des Orients enger zusammenzuschließen. Nach dem Tode des Severus gab er ihm 544 in der Person des Priesters Sergius von Tella einen Nachfolger, und von diesem Sergius läuft die Reihe der sog. (monophysitischen) Patriarchen von Antiochia fort bis jetzt. Nach jenem Jakob Baradäus erhielten die syr. (auch ägypt.) Monophysiten den Namen Jakobiten (s. d.). Infolge der monotheletischen Streitigkeiten des 7. Jahrh. sonderte sich dann noch eine andere Glaubensgemeinschaft aus der allgemeinen Kirche ab, die Maroniten (s. d.), die sich seither ziemlich ungeschwächt in den Wildnissen des Libanons forterhalten haben.

Gegenüber von diesen Nebenkirchen waren die Christen des orthodox-griech. Bekenntnisses, von den andern die Melchiten genannt, immer in der Mehrheit, und haben auch jetzt noch die Überzahl (etwa 235 000) in der syr. Christenheit. Ihr Gottesdienst findet fast ganz in der arab. Landessprache statt, aber ihre höchsten und höhern Geistlichen sind Griechen, die nur griechisch verstehen; ebenso wird in den höhern Schulen das Griechische gelehrt und gepflegt. Wie vor alters, haben sie noch immer ihre zwei Patriarchen, den von Jerusalem, der Palästina mit (nominell acht Bistümern und) etwa 75 000 Seelen unter sich hat, aber in Konstantinopel wohnt und in Jerusalem durch einige sog. Bischöfe oder Vikare vertreten wird, und den weit bedeutendem von Antiochia (mit acht Bistümern), welcher seit 1531 in Damaskus und neuestens in Beirut residiert. Von seinem Sprengel wurde im 19. Jahrh. Aleppo (Haleb) abgetrennt und direkt dem Patriarchen von Konstantinopel unterstellt.

Endlich aber hat in neuerer Zeit auch die röm.-kath. Kirche mit Erfolg sich geltend gemacht, und befestigt sich durch die Bemühungen der Propaganda und durch den Eifer und das Geschick der Lazaristen, Franziskaner, Jesuiten u. s. w. immer mehr. Wie die Maroniten seit lange, so ist jetzt auch ein Teil der syr. Jakobiten und der Melchiten der röm. Kirche uniert, jedoch mit Beibehaltung vieler ihrer kirchlichen Gebräuche (z. B. Kommunion in beiderlei Gestalt, Zulassung von Verheirateten zum Priestergrad) und ihrer gottesdienstlichen Sprache (bei jenen der syrischen, bei diesen der arabischen), und beide je unter einem eigenen Oberhaupt, das sich offiziell Patriarch von Antiochia nennt, im übrigen unter dem Papst und der Propaganda zu Rom steht. Die unierten Jakobiten heißen syrische Katholiken (etwa 10 000 an Zahl); ihr Patriarch hält sich zu Haleb, selten in Mardin, auf. Die unierten Melchiten (s. d.) heißen griechische Katholiken und sind namentlich in den reichern und vornehmern Familien vertreten. Ihr Patriarch sollte in Damaskus residieren, wohnt aber meist in seinem Priesterseminar zu Ain-Teraz auf dem Libanon. Die Geistlichen dieser beiden röm.-unierten Gemeinschaften, wie auch die maronitischen, sind durch sorgfältigere Bildung denen der ältern Gemeinschaften weit überlegen. Auch die Missionsthätigkeit der Protestanten (besonders der Amerikaner in Beirut) beginnt sich in Syrien fühlbar zu machen und nahm, wie auch die englische, einen besondern Aufschwung als es galt, das Elend nach der syr. Christenverfolgung durch die Drusen (1860) zu mildern, der in Syrien gegen 20 000 Christen zum Opfer fielen. - Vgl. Neale, History of the holy Eastern Church (2 Bde., Lond. 1850); Robinson und Smith, Palästina, Bd. 3 (Halle 1841-42); Silbernagel, Verfassung und gegenwärtiger Bestand sämtlicher Kirchen des Orients (Landsh. 1865); Rae, The Syrian Church in India (Lond. 1892). Über die Missionsthätigkeit in Syrien vgl. die Zusammenstellung von Ryssel im 18. Bande der "Realencyklopadie für prot. Theologie und Kirche" (2. Aufl., Lpz. 1885).

Syrische Raute, s. Peganum.

Syrische Sprache, Schrift und Litteratur. Die syr. Sprache, ursprünglich der Dialekt von Edessa im westl. Mesopotamien, durch die syr. Bibelübersetzung die Sprache der christl. Syrer geworden, ist ein Zweig des Aramäischen und gehört zu den semit. Sprachen. Ihre Blütezeit fällt in das 3. bis 7. Jahrh. n. Chr.; seit der arab. Eroberung wurde sie durch das (stammverwandte) Arabische immer mehr aus dem Leben verdrängt und blieb nur noch Schrift- und Gelehrtensprache. Jetzt ist sie fast ganz ausgestorben, und nur in den nördl. Gegenden, im Gebirge Tur Abdin in Mesopotamien, östlich und nördlich von Mosul, in den benachbarten Gebirgen Kurdistans und bis zur Westseite des Urmiasees werden von Christen (und zum Teil auch von Juden) aramäische Dialekte mit einer völligen Umbildung des alten Sprachbaues gesprochen, die aber nicht direkte Abkömmlinge des edessenischen Syrisch sind. Die ausführlichste Grammatik ist von A. Th. Hoffmann (Halle 1827; die Neubearbeitung von Merx brach unvollendet mit Heft 2 im J. 1870 ab), die beste die "Kurzgefaßte syr. Grammatik" von Nöldeke (Lpz. 1880; vgl. auch Duval, Traité de grammaire syrienne, Par. 1881), für Anfänger brauchbar auch die kleine "Syr. Grammatik mit Litteratur, Chrestomathie und Glossar" von Nestle (2. Aufl., Berl. 1888). Als Lexikon war lange Zeit allein das sehr mangelhafte Wörterbuch aus dem "Lexicon Heptaglotton" von Castellus (hg. von Michaelis, Gött. 1788) in Gebrauch; jetzt stehen neben dem ausführlichen Thesaurus syriacus von Payne Smith (nur Heft 1-9, bis zum Buchstaben Q, erschienen, Oxf. 1868-93) das handliche Lexicon syriacum von C. Brockelmann (Berl. 1895) und das Dictionarium syriaco-latinum von J. Brun (Beirut 1895) zur Verfügung. Für Gelehrte ist auch das syr.-arab. Wörterbuch von Cardahi (2 Bde., Beirut 1887-91) wichtig. Die besten, mit Glossarien versehenen Chrestomathien sind von Kirsch und Bernstein (2 Bde., Lpz. 1832-36) und Rödiger (Halle 1838;