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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Tallinn; Talljemann; Tallya; Talma; Talmi; Talmud; Talon; Talos

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Tallinn - Talos

Macht des Revolutionstribunals und schloß den Klub der Jakobiner. Nach der Errichtung der Direktorialregierung gehörte er dem Rat der Fünfhundert an, folgte 1798 der Expedition Bonapartes nach Ägypten, erhielt eine Stelle bei der Verwaltung der Nationaldomänen und gab ein Journal "Décade égyptienne" heraus. Bei der Rückkehr fiel T. 1801 den Engländern in die Hände; seine Gemahlin hatte sich inzwischen von ihm scheiden lassen. T. hielt sich nun in Zurückgezogenheit, bis er 1805 die Stelle eines franz. Konsuls zu Alicante erhielt, die er wegen Krankheit bald aufgeben mußte. Er lebte seitdem in Paris und starb dort 16. Nov. 1820.

Tallinn, esthn. Name von Reval (s. d.).

Talljemann, s. Bd. 17.

Tallya, Marktflecken in Ungarn, s. Tokaj.

Talma, François Jos., franz. Schauspieler, geb. 15. Jan. 1763 zu Paris, verlebte seine erste Jugend in England und kam erst im 15. Jahre nach Paris zurück. Hier wurde er Gehilfe eines Verwandten in dessen zahnärztlichem Atelier, trat 1786 in die königl. Deklamationsschule ein und erschien am 21. Nov. 1787 als Seïde in Voltaires "Mahomet" zum erstenmal auf dem Théâtre français. Von da an begann er seine künstlerische Bildung mit größtem Erfolg, studierte die Geschichte und brachte besonders in den Kostümen bedeutende Reformen hervor. Als nach dem Ausbruch der Revolution Chéniers Trauerspiel "Charles IX" auf die Bühne kam, stellte T. diesen König mit so lebendiger Wahrheit dar, daß sein Ruf als erster tragischer Schauspieler begründet war. Während der Revolution teilten sich die Schauspieler des Théâtre français, und T. führte die Direktion der neuen Gesellschaft (de la Rue de Richelieu), bis unter dem Direktorium beide wieder vereinigt wurden. In großem Ansehen stand T. bei Napoleon, dem er auch 1808 nach Erfurt und 1813 nach Dresden folgte. 1817 ging T. nach England, wo er mit Enthusiasmus aufgenommen wurde, wie nachher in Brüssel. Er starb 19. Okt. 1826 in Paris. Seine tiefe Einsicht in das Wesen der Schauspielkunst zeigte er in den "Réflexions sur Lekain et sur l'art théâtral" (Par. 1825; neue Aufl. 1856); auch gab er Lekains "Mémoires" (1825) heraus. - Vgl. Mémoires historiques et littéraires sur François Joseph T., hg. von Moreau (Par. 1826); dieselben, hg. von A. Dumas (4 Bde., ebd. 1850); Lemercier, Notice biographique sur T. (ebd. 1827).

Seine Gattin Charlotte Vanhove, geb. 10. Sept. 1771 im Haag, als Mademoiselle Vanhove, dann (bis 1794) als Madame Petit-Vanhove und endlich (seit 26. Juni 1802) als Madame T. bekannt, war ebenfalls eine der größten Schauspielerinnen ihrer Zeit, zog sich aber schon im April 1811 von der Bühne zurück. Sie starb 11. April 1860 zu Paris. Man hat von ihr "Études sur l'art théâtral" (Par. 1835).

Talmi oder Talmigold, eine gelbe Kupferlegierung aus 86,4 Kupfer, 12,2 Zink, 1,1 Zinn und 0,3 Eisen, die mit Gold plattiert und als Blech oder Draht zu Schmuckgegenständen verarbeitet wird. Bessere Talmigoldwaren enthalten etwa 1 Proz. Gold.

Talmud (neuhebr. Übersetzung des alttestamentlichen Wortes Thora, "Lehre"), im gewöhnlichen Sprachgebrauch die Gesamtbezeichnung für Mischna und Gemara.

Mischna (d. i. Unterricht, dann speciell Unterricht im traditionellen Gesetz) ist eine Sammlung der bis Ende des 2. Jahrh. n. Chr. von den damals maßgebenden Lehrern (Tannaim) gegebenen Erläuterungen des mosaischen Gesetzes, in der gegenwärtigen Redaktion das Werk des Juda Ha-Nasi (um 218); sie zerfällt in sechs Ordnungen: 1) Seraïm (Gebete, Landbau, Abgaben von Feldfrüchten); 2) Moëd (Sabbat, Fest- und Fasttage); 3) Naschim (Ehegesetze); 4) Nesikin (Civil- und Kriminalrecht); 5) Kodaschim (Opfer- und Speisegesetze); 6) Tohoroth (rituelle Reinheit und Unreinheit). Ergänzungen und Nachträge enthalten die Tosephta und die halachischen Kommentare zum 2., 3. und 4. Buch Mose: Mechilta, Sifra, Sifre.

Gemara ist die Sammlung der von den Amoräern (Amoraim, den nachmischnischen bis Ende des 5. Jahrh. wirkenden Lehrern) gegebenen Erläuterungen zur Mischna; dazu kommen eine Menge erbaulicher Betrachtungen, Gnomologien, geographische, historische u. s. w. Mitteilungen.

Man unterscheidet den jerusalemischen (palästinischen) T., ungefähr aus dem 4. Jahrh., und den viel umfangreichern babylonischen T., aus dem 5. und 6. Jahrh. Die Mischna ist in der neuhebr. Gelehrtensprache, in die viele Fremdwörter aus dem Aramäischen, Griechischen und auch Lateinischen eingedrungen sind, verfaßt, hat verschiedene Kommentare (unter anderm von Maimonides) erfahren und ist in das Lateinische (von Surenhus) und in das Deutsche (von Rabe, Jost, A. Sammter) übersetzt worden. Die Sprache der babylonischen Gemara gehört dem ostaramäischen Zweige an, steht also dem Syrischen nahe; diejenige des jerusalemischen T. ist ein westaramäischer Dialekt, nähert sich also der Sprache der aramäischen Stücke im Alten Testament. Einzelne Teile des T. sind in andere Sprachen übertragen. Die Zahl der Kommentare zum (besonders babylonischen) T. ist sehr groß; die erste Stelle nimmt der von Salomo ben Isak (Raschi) ein; an diesen schließen sich die Tosaphot (Zusätze) von hervorragenden franz. und deutschen Talmudisten aus dem 12. und 13. Jahrh. an.

Über die verschiedenen Drucke des T. schrieb Rabbinovicz (Dikduke Sofrim, 15 Bde., Münch. 1868-86); die Editio princeps ist von Bomberg (Vened. 1520-23); die wichtigste Handschrift ist die Münchener aus dem 14. Jahrh.; vgl. auch M. Schwab, Les incunables orienteux (Par. 1883); H. Laible, Jesus Christus im T. (Berl. 1891); über die Sprache des T. Natan ben Jechiel (Aruch, um 1100), Buxtorf (Bas. 1639) und Levy (4 Bde., Lpz. 1875-89). Die neueste Ausgabe: Der babylonische T. (Text, Übersetzung und Anmerkungen), veranstaltet L. Goldschmidt (Berlin, seit 1896). - Vgl. Deutsch, Der T. (aus dem Englischen, Berl. 1869; 3. Aufl. 1880); Rabbinovicz, Législation civile du T. (5 Bde., Par. 1878-80); ders., Législation criminelle du T. (ebd. 1876); H. Strack, Einleitung in den T. (2. Aufl., Lpz. 1894); Weber, Jüd. Theologie auf Grund des T. und verwandter Schriften (2. Aufl., ebd. 1896).

Talon (frz., spr. -lóng), Ferse; Vorsprung der Außenmauern an Bastionen; bei Kartenspielen die nach dem Geben übrigen Karten, der Stock, Stamm; im Domino die Kaufsteine; bei Wertpapieren, hier auch Zinsleiste, Zinsenerneuerungsschein, Dividendenscheinleiste u. s. w. genannt, der Berechtigungsschein zum Bezug neuer Coupons (s. d. und Souche). - Über T. beim Klappmesser s. Messer.

Talos, eine dem kretischen Sagenkreis angehörige mytholog. Gestalt, dargestellt als ein nackter