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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Thermometer

Schnee, der andere (der Siedepunkt, in der Figur mit SP bezeichnet), indem man es in den Dampf des bei 760 mm Quecksilberdruck siedenden Wassers taucht. Die festen Punkte, wo das Quecksilber in beiden Fällen steht, werden auf der Röhre durch Striche markiert. Der Raum zwischen beiden Punkten wird dann in eine gewisse Anzahl gleicher Teile (Grade) geteilt. Mehrere solcher Grade von derselben Große pflegt man dann auch noch oberhalb und unterhalb der Fundamentalpunkte aufzutragen.

Bei dem hundertteiligen Celsiusschen T. (1742) ist der Abstand zwischen beiden Fundamentalpunkten in 100 Grade, bei dem Réaumurschen T. (1730) in 80 Grade, bei dem Fahrenheitschen T. (1709) in 180 Grade geteilt. (S. Celsius, Réaumur und Fahrenheit.) Bei dem Celsiusschen und Réaumurschen T. ist der Eispunkt mit 0°, der Siedepunkt des Wassers bei dem erstern mit 100°, bei dem letztern mit 80° bezeichnet; bei dem Fahrenheitschen T. aber ist der Eispunkt mit 32°, der Siedepunkt mit 212° bezeichnet, wodurch Fahrenheit den Vorteil erreichen wollte, daß man im täglichen Leben meist nur mit positiven Graden auskommt; die Grade unter Null werden mit - (minus) bezeichnet. Bedeutet R Réaumur, C Celsius, F Fahrenheit und will man einen beliebigen Temperaturgrad n° einer Skala in Graden einer der beiden andern Skalen ausdrücken, so gilt:

n° C. = 4/5 n° R. = (9/5 n + 32) °F.;

n° R. = 5/4 n° C. = (9/4 n + 32) °F;

n° F. = 5/9 (n-32) °C. = 4/9 (n-32) °R.

Vergleichstabelle der drei Skalen.

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C R F C R F C R F

-40 -32 -40 5 4 41 55 44 131

-35 -28 -31 10 8 50 60 48 140

-30 -24 -22 15 12 59 65 52 149

-25 -20 -13 20 16 68 70 56 158

-20 -16 - 4 25 20 77 75 60 167

-17,8 -14,2 0 30 24 86 80 64 176

-15 -12 5 35 28 95 85 68 185

-10 - 8 14 40 32 104 90 72 194

- 5 - 4 23 45 36 113 95 76 203

0 0 32 50 40 122 100 80 212

^[Tabellenende]

Gegenwärtig ist, nach dem Vorgehen Frankreichs, im wissenschaftlichen Leben fast durchgehends die Celsius-Skala im Gebrauch, und dieselbe verbreitet sich auch immer mehr im gewöhnlichen Leben fast aller Kulturländer; nur in England und Nordamerika hat die Fahrenheit-Skala im alltäglichen Leben noch Geltung, während die bis auf die Neuzeit allgemein verbreitete Réaumur-Skala immer mehr von der Celsius-Skala verdrängt wird. Das Quecksilber ist im allgemeinen dem Weingeist und andern Flüssigkeiten zur Verfertigung des T. vorzuziehen, weil es einen sehr tiefen Gefrierpunkt (-40° C.) und einen sehr hohen Siedepunkt (+360° C.) hat, mithin innerhalb weiter Temperaturgrenzen seine Anzeigen geben kann. Zur Beobachtung größerer Kältegrade empfehlen sich Weingeistthermometer, da der Weingeist auch bei den größten künstlichen Kältegraden nicht gefriert. Auch Toluol ist als thermometrische Substanz versucht worden; da es den fünffachen Ausdehnungskoefficienten hat von dem des Quecksilbers, so wird dadurch die fünffache Empfindlichkeit des Instruments erzielt. Die Anfertigung genauer T. erfordert so viel Vorsicht, eine so sorgfältige Auswahl der Glasröhren, Reinheit des Quecksilbers, Genauigkeit bei Bestimmung der Fundamentalpunkte und der Graduierung u. s. w., daß die billigen T. meistens sehr ungenau sind. Alle genauen T., besonders die zu wissenschaftlichen Zwecken bestimmten, müssen aus Thermometerglas (s. Glas für wissenschaftliche Zwecke) gefertigt sein. Zu den empfindlichsten T. gehören die Fieberthermometer (s. d.) der Ärzte.

Soll ein Quecksilberthermometer über 100° gebraucht werden, so darf es nicht luftleer sein, weil das Quecksilber im luftleeren Raum bei wenig Graden über 100° zu sieden beginnt und so leicht Abtrennungen der Quecksilbersäule eintreten. Man muß es dann mit Stickstoffgas über dem Quecksilber füllen. Von Recklinghausen erzeugt bei seinem neuen T. den Druck im Kapillarrohr durch flüssige Kohlensäure; das Glas dieses T. ist so widerstandsfähig, daß es für Temperaturen bis zu 550° zu brauchen ist. Umfaßt das T. nur wenig Grade, fehlt ihm namentlich einer oder beide Fundamentalpunkte, so kann die Einteilung nur nach einem Normalthermometer richtig gewonnen werden. Ein solches Normalthermometer, nach welchem die Teilung eingerichtet wird, kann nur ein fundamental bestimmbares Instrument sein.

Neben den gewöhnlichen hat man T. zu besondern Zwecken. Unter diesen sind zunächst die sog. Ausflußthermometer zu erwähnen. Man füllt nämlich ein gläsernes Gefäß von der im Artikel Ausdehnung durch Fig. 3 und 4 dargestellten Form bei 0°, während es in schmelzendem Eise liegt, bis zur Spitze der Röhre oder bis zur Marke mit Quecksilber. Wenn die Kugel nun bis zum Siedepunkte des Wassers erhitzt wird, so fließt aus der offenen Spitze oder über die Marke ein Teil Quecksilber, dessen Gewicht man genau bestimmt. Um dann die Temperatur eines Ortes zu messen, stellt man die von neuem bei 0° mit Quecksilber gefüllte Kugel dort hin, sammelt das aus der Spitze ausgeflossene oder über die Marke getretene Quecksilber und kann aus der Vergleichung seines Gewichts mit dem Gewicht des beim Siedepunkt des Wassers ausgeflossenen Quecksilbers die Temperatur berechnen. Die Ausflußthermometer dienen als Geothermometer (s. d.) zum Messen der Temperatur des Erdinnern.

Weit empfindlicher als die mit Flüssigkeiten gefüllten T. sind die Gasthermometer, in denen die Ausdehnung oder Spannkraftzunahme eines Gases zur Bestimmung der Temperatur dient. Gasthermometer aus verschiedenem Glase und mit verschiedener Gasfüllung stimmen namentlich außerhalb des Intervalles von 0° bis 100° C. viel besser untereinander überein, als Quecksilberthermometer aus verschiedenem Glase. Dies erklärt sich daraus, daß erstens verschiedene Gase, unter gleichen Umständen miteinander erwärmt, sich sehr nahe gleich verhalten und zweitens, daß die den Quecksilberausdehnungen nicht ganz proportionalen Volumenänderungen des Glasgefäßes bei Gasthermometern ihren Einfluß viel weniger geltend machen können, da sich das Quecksilber etwa 7 mal, das Gas aber 146 mal stärker ausdehnt als das Glas. Deshalb giebt man für genauere wissenschaftliche Untersuchungen die Temperatur nach dem Luftthermometer an. Gewöhnlich pflegt man das Volumen des Gases konstant zu halten und ermittelt die Temperatur durch Druckmessungen. Eine zweckmäßige Form des Gasthermometers ist das in Fig. 2 dargestellte Luftthermometer von Jolly. Ein größeres Glasgefäß a steht durch eine enge Röhre b mit einem Barometer in Verbindung, die Höhe H der Quecksilbersäule giebt