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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Thuner See; Thuner-See-Bahn; Thunfisch; Thunginus; Thun und Hohenstein

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Thuner See - Thun und Hohenstein (Leo, Graf von)

anstalt zu Flottbeck, lernte unter Thaer zu Celle und bezog auf ein Jahr die Universität Göttingen. 1806 pachtete er das Gut Rubkow bei Anklam und kaufte 1810 das Gut Tellow in Mecklenburg-Schwerin, das durch die von ihm darauf eingerichtete Musterwirtschaft sehr berühmt wurde. Eine Wahl in die Frankfurter Reichsversammlung schlug er 1848 aus. Er starb 22. Sept. 1850 auf Tellow. Sein Hauptwerk ist "Der isolierte Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie" (Bd. 1, Hamb. 1826; 2. Aufl., Rost. 1842: Bd. 2, 1. Abteil., ebd. 1850; 2. Abteil, und Bd. 3, hg. von Schumacher-Zarchlin, Rost. 1863; 3. Aufl. des ganzen Werkes, Berl. 1875-76). Er machte sich namentlich um die Erweiterung der Lehre Ricardos über die Bodenrente (s. d.) und durch seine Untersuchungen über einen naturgemäßen Arbeitslohn verdient, für den er in der Formel √ap, wobei a das Existenzminimum der Arbeiterfamilie, p das Arbeitsprodukt des Arbeiters bedeutet, den richtigen Ausdruck gefunden zu haben glaubte. Ins Praktische übersetzte er seine Theorie durch ein sehr humanes System der Gewinnbeteiligung seiner Arbeiter an den Erträgnissen seines Gutes, das auch unter seinem Sohne und Enkel fortgesetzt wurde (s. Bonus). - Vgl. Brentano, über von T.s naturgemäßen Arbeitslohn und Zinsfuß im isolierten Staate (Gött. 1867); J. H. von T. Ein Forscherleben (von Schumacher, anonym; Rost. 1868; 2. Aufl. 1883).

Thuner See, See im schweiz. Kanton Bern, in 560 m Höhe, ist 18 km lang, 3 km breit, bis 216 m tief und 48 qkm groß. (S. Karte: Die Schweiz.) Er wird von der bereits durch den Brienzer See (s. Brienz) geläuterten Aare durchströmt und nimmt zahlreiche Zuflüsse auf, darunter gegenüber Thun die Kander (s. Kanderthal). Der See ist mehr von subalpinem Charakter, seine Ufer, von sanften Bergformen umrahmt, tragen Landhäuser und Gärten, nur oberhalb Sigriswyl wird das nördl. Ufer etwas steiler. Der See ist reich an Fischen, besonders Forellen, Aalen, Karpfen und Hechten. Dampfboote fahren von Thun bis Interlaken; das Südufer begleitet die Thuner-See-Bahn (s. d.). Eine ältere Straße zieht das südliche, eine neuere das nördl. Ufer entlang. Von den Uferorten sind zu erwähnen Schloß und Dorf Oberhofen (klimatischer Kurort) auf dem rechten, Spiez, der Landungsplatz für das Kander- und Simmenthal, auf dem linken Ufer. Unweit Merligen führt eine Drahtseilbahn nach Sankt Beatenberg (s. d.).

Thuner-See-Bahn, normalspurige Privatbahn (22 km) am Südufer des Thuner Sees (s. d.), von Scherzligen nach Därligen, ist 1893 eröffnet und seit 1894 im Betrieb der Jura-Simplon-Bahn. Von der Bödelibahn ist eine Strecke bis Interlaken (4,1 km) gepachtet.

Thunfisch (Thynnus), eine zur Familie der Makrelen gehörende Fischgattung, die sich hauptsächlich durch die dicht hintereinander stehenden Rückenflossen und die großen, um die Brust eine Art Panzer bildenden Schuppen auszeichnet. Der gemeine T. (Thynnus vulgaris Cuv., s. Tafel: Fische III, Fig. 5) ist oberwärts stahlblau, am Bauche silbergrau gefärbt, gewöhnlich 1-3 m lang, wird aber bis 5,5 m lang und 5-600 kg schwer. Er lebt im Atlantischen Ocean und im Mittelmeer, wo er sich, um zu laichen, im Frühling in großen Scharen einstellt. Die provençal. Fischer bemächtigen sich seiner, indem sie ganze Scharen auf Untiefen mit Booten umstellen. Ungleich großartiger ist der Fang an den ital. Küsten. Ein mehrere tausend Fuß langes Netz (mandrague oder tonnara), das in mehrere Kammern geteilt ist, wird in der Nähe der Küste auf der Zugrichtung der Fische ausgespannt und der ganze Schwarm durch Lärmen nach und nach bis in die letzte Kammer (Totenkammer) getrieben. Ist diese gefüllt, so wird sie emporgehoben und die darin befindlichen Fische mit Lanzen getötet, worauf sie zerstückt und schleunigst eingesalzen werden. Das Fleisch des T. bildet dort ein Hauptnahrungsmittel der niedern Volksklassen, wird aber auch, feiner zubereitet, unter mannigfachen Namen verkauft. Verdorbenes Thunfleisch bewirkt lebensgefährliche Darmentzündungen.

Thunginus, s. Cent.

Thun und Hohenstein, Franz Anton, Graf von, österr. Staatsmann, geb. 2. Sept. 1847 in Tetschen als Sohn des folgenden, studierte in Wien die Rechte und widmete sich dann auf verschiedenen Hochschulen landwirtschaftlichen Studien. 1879 wurde er von dem böhm. Großgrundbesitz in das Abgeordnetenhaus gewählt, wo er sich als konservativer Abgeordneter dem böhm. Klub anschloß. Er folgte seinem Vater 1881 als erbliches Mitglied des Herrenhauses, wurde 1883 von dem fideïkommissarischen Großgrundbesitz auch in den böhm. Landtag gewählt und verfocht dort als einer der Führer der Feudalen deren Programm mit dem Wunsche, daß es zur Krönung des Kaisers als König von Böhmen kommen möge, so daß er nach seiner Ernennung zum Statthalter von Böhmen (1889) vielfach geradezu als "Krönungsstatthalter" bezeichnet wurde. Indessen rechtfertigte er nach dem Antritt seines Amtes die weitgehenden Erwartungen der Czechen nicht und zeigte sich den 1890 in Wien stattfindenden Ausgleichsverbandlungen beider Volksstämme durchaus geneigt. Im Febr. 1896 legte er sein Amt nieder, und von Juni bis Dez. 1896 war er Oberhofmeister des Erzherzogs Franz Ferdinand.

Thun und Hohenstein, Friedrich, Graf von, österr. Staatsmann, geb. 7. Mai 1810 in Tetschen, studierte die Rechte in Prag und widmete sich 1835 der diplomat. Laufbahn. Nachdem er in untergeordneten Stellungen im Haag, in London und Turin thätig, dann 1844 der Staatskanzlei in Wien zugeteilt gewesen war, wurde er Ende 1847 zum Gesandten in Stockholm, 1849 in München, 1850 zum Präsidialgesandten am Deutschen Bundestage, 1852 zum Gesandten in Berlin ernannt. 1854 zur Disposition gestellt, wurde er 1855 Adlatus des Feldmarschalls Radetzky im lombard.-venet. Königreich, zog sich aber 1857 auf seine Güter zurück. 1859 zum Gesandten in Petersburg ernannt, blieb er daselbst bis 1863, wo er aus dem kaiserl. Dienst austrat. 1867 wurde er vom böhm. Großgrundbesitz in den Landtag gewählt, 1879 als erbliches Mitglied in das Herrenhaus des österr. Reichsrats berufen, wo er ein Gesinnungsgenosse seines Bruders Leo Thun und Hohenstein (s. d.) war. Er starb 24. Sept. 1881.

Thun und Hohenstein, Leo, Graf von, österr. Staatsmann, geb. 7. April 1811 zu Tetschen, studierte zu Prag die Rechte und unternahm dann eine längere Reise durch Europa, trat 1835 zu Prag in den Justizdienst, wandte sich jedoch 1842 der Verwaltung zu. 1847 wurde er dem Grafen Rudolf Stadion zugeteilt, der nach Unterdrückung des Aufstandes in Galizien mit der Ordnung der dortigen Verhältnisse betraut war. 1848 erfolgte seine Ernennung zum Gubernialpräsidenten in Böhmen,