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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Unger (Max) – Ungnad

minister. Nach dem Rücktritt Auerspergs legte er im Febr. 1879 sein Amt nieder und wurde 1881 zum Präsidenten des Reichsgerichts ernannt. Auf jurist. Gebiete genießt U. als Systematiker des österr. Privatrechts großen Ruf. Außer seinem großen Werke: «System des österr. allgemeinen Privatrechts» (Bd. 1 u. 2, 5. Aufl., Lpz. 1892; Bd. 2 in 2 Abteil., ebd.; 4. Aufl. 1876; Bd. 6: «Das österr. Erbrecht», ebd.; 3. Aufl. 1879), sind noch hervorzuheben: «Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Königreich Sachsen, mit besonderer Rücksicht auf das österr. allgemeine bürgerliche Gesetzbuch besprochen» (Wien 1853), «Die rechtliche Natur der Inhaberpapiere» (Lpz. 1857), der «Revidierte Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Königreich Sachsen» (ebd. 1861), «Die Verlassenschaftsabhandlung in Österreich» (Wien 1862), «Die Verträge zu Gunsten Dritter» (Jena 1869). Mit J. Glaser u. a. gab U. die «Sammlung von civilrechtlichen Entscheidungen des k. k. obersten Gerichtshofs in Wien», Bd. 1‒26 (Wien 1859‒92), heraus. Seine Schrift «Zur Reform der Wiener Universität» (Wien 1864) enthält die Principien einer Universitätsreform in Österreich.

Unger, Max, Bildhauer, s. Bd. 17.

Unger, William, Radierer, geb. 1837 zu Hannover, machte seine ersten Studien an der durch den Kupferstecher Keller geleiteten Schule der Akademie zu Düsseldorf und unter Leitung Thäters an der Akademie in München. U. hat sich, besonders seit seiner Übersiedelung von München nach Wien, wo er Professor für Radierkunst an der Kunstgewerbeschule und an der Akademie der Künste ist, als ein überaus fruchtbarer Künstler erwiesen; die Zahl seiner in der Manier der Niederländer des 17. Jahrh. geschaffenen Blätter umfaßt über 800 Nummern nach Originalen aller Schulen. Vorzüglich gelingen ihm Radierungen nach Werken von Rembrandt, Ruisdael, Hobbema u. a. Seine besten Arbeiten sind die Werke aus den Galerien zu Cassel, Braunschweig (zunächst in der «Zeitschrift für bildende Kunst» erschienen), ferner der Frans-Hals-Galerie, Galerie von Amsterdam (Trippenhuijs), die Blätter für die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in Wien, worunter insbesondere wieder der Altar des heil. Ildefonso, von Rubens, im Hofmuseum. «Die k. k. Gemäldegalerie in Wien», 175 Blätter, und eine Reihe großer Blätter nach van Dyck, Frans Hals, Rubens aus der Liechtenstein-Galerie in Wien sind im Verlag von H. O. Miethke in Wien erschienen. Für einen engl. Verleger radierte er groß das Selbstbildnis Rembrandts von 1635 in der Liechtenstein-Galerie. Auch nach modernen Meistern (Makart, Lenbach, Knaus) hat U. eine große Anzahl vortrefflicher Blätter geschaffen; sie finden sich zumeist in der «Zeitschrift für bildende Kunst» und in den «Graphischen Künsten». – Vgl. Graul, William U. und sein Radierwerk (Wien 1891).

Ungericht, im deutschen Mittelalter die schwerste Art der Vergehen, wegen deren die Strafe im Halsgericht an den Leib ging, während durch Frevel eine Buße an den Verletzten und eine Wette an den Richter, durch die leichtern Übertretungen nur eine Wette an den Richter verwirkt wurde.

Ungern-Sternberg, Romanschriftsteller, s. Sternberg, Alexander, Freiherr von Ungern-.

Ungersche Schrift, s. Unger, Johann Friedrich.

Ungesättigte Salze, die sauren oder basischen Salze, deren erstere durch weitern Zusatz von Basis, letztere durch Säurezusatz in die neutralen oder gesättigten Salze übergehen. (S. Salze.)

Ungesättigte Verbindungen, chem. Verbindungen, bei denen nicht alle den Umständen nach wirksamen Valenzen einzelner der in ihnen vorhandenen Elemente durch Bindung anderer Elemente beschäftigt sind. So ist z. B. PCl₃ bei gewöhnlicher Temperatur eine ungesättigte Verbindung, da Phosphor bis zu fünf Atomen Chlor aufnehmen kann. Die U. V. sind demnach im stande, noch weitere Elemente direkt aufzunehmen. Unter den Verbindungen des Kohlenstoffs gehört hierher das Kohlenoxyd, CO, das sich weiter mit Sauerstoff zu CO₂ oder Kohlensäuregas, mit Chlor zu Kohlenoxychlorid, COCl₂, vereinigen kann. Unter den Polycarboniden, d. h. den Verbindungen, die mehrere untereinander verbundene Kohlenstoffatome enthalten, besitzen die Eigenschaften ungesättigter Verbindungen solche mit zwei- und dreiwertiger Bindung zweier benachbarten Kohlenstoffatome, indem sie negative Elemente, z. B. die Halogene, und zusammengesetzte Radikale direkt aufnehmen. Z. B.:

Äthylen ^[img] + Cl₂ = ^[img] und

Acetylen ^[img] + 2 Br₂ = ^[img]

Ungko, s. Langarmaffen.

Ungleichheit, s. Größe.

Ungleichweber (Inaequitelariae oder Retitelariae, eine Unterordnung der Spinnen (s. d.). Die U. fertigen unregelmäßige, aus wirr durcheinander laufenden Fäden bestehende, meist deckenartiqe Gewebe. In Deutschland finden sich nur kleine Arten, von denen manche bei der Bildung des Altweibersommers (s. d.) beteiligt sind. Von den südeurop. Arten ist die ihres Bisses wegen gefürchtete Malmignatte (s. d.) zu erwähnen.

Ungleichzeher (Perissodactyla), Huftiere, die eine unpaare Anzahl von Zehen haben, s. Dickhäuter.

Unglücksheher (Perisoreus infaustus L.), ein 30 cm langer, 47 cm klafternder Vogel aus der Unterfamilie der Heher (s. d.), der Nordosteuropa und Sibirien diesseit des 60. Breitengrades bis zur Baumgrenze bewohnt. In der Farbe seines Gefieders herrscht oben ein dunkles Blaugrau, unten Braunrot vor. Gelegentlich verirren sich U. auch nach Deutschland.

Ungnad, Johann, Baron von Sonegg, Förderer der Reformation unter den Südslawen, geb. 1493 auf dem väterlichen Lehngut Sonegg in Kärnten, kämpfte gegen die Türken und nahm hohe Ämter in der Landesregierung ein. Er war ein eifriger Anhänger der Reformation, und als Kaiser Ferdinand ⁠Ⅰ. 1557 befahl, daß jeder Adlige Katholik sein oder seine Güter verkaufen und aus dem Lande ziehen müsse, begab sich U. nach Württemberg, wo ihm der Herzog den Münchhof in Urach zur Wohnung überließ. U. errichtete hier eine Buchdruckerei und druckte in derselben mit Unterstützung der Südslawen Truber, Dalmatin und Konsul Bibeln, Postillen, Katechismen u. s. w. in slowen. und kroat. Sprache und zwar mit lat., cyrillischen und glagolitischen Typen. Er starb 27. Dez. 1564 auf einer Reise zu Winternitz in Böhmen. Seine Leiche wurde nach Tübingen gebracht und in der dortigen Stiftskirche beigesetzt. Die Uracher slaw. Buchdruckerei ging nach U.s Tode ein. Über die Litteratur s. Truber.