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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Venedig (Stadt)

der Republik, von Andrea del Verrocchio und Leopardo, von dem auch der schöne Marmorsockel herrührt (1495; s. Tafel: Italienische Kunst IV, Fig. 7); das Bronzedenkmal Manins von Borro (1875); das Marmorstandbild des Philosophen und Pädagogen Niccolò Tommaseo von Franc. Barzaghi (1882); das Marmordenkmal des Hydraulikers Paleocapa; die Erzstandbilder des Dichters Goldoni (1883), nach Dal Zottos Entwurf, und Garibaldis von Michieli (1887); das Denkmal von Benvenuti (1886) zur Erinnerung an die Hilfeleistung der Soldaten bei der Überschwemmung 1882; das Reiterstandbild Victor Emanuels II. von E. Ferrari (1887), das Erzstandbild des Fra Paolo Sarpi (1892) und die beiden alten griech. Säulen der Piazzetta mit der Marmorstatue des heil. Theodor und dem ehernen Markuslöwen (1892 restauriert).

Kirchen. V. hat etwa 100 kath. Kirchen, je eine Kirche der Griechen, unierten Armenier und der Protestanten und mehrere Synagogen. Die bedeutendste Kirche ist die Patriarchal- oder St. Markuskirche an der Ostseite des Markusplatzes (s. Taf. I, Fig. 2), dem Evangelisten Markus geweiht, dem Schutzheiligen der Stadt, dessen Gebeine 829 ans Alexandria hierher gebracht worden sein sollen, 830 begonnen, 976 nach einem Brande erneuert, eine roman. Backsteinbasilika, im 11. Jahrh. nach byzant. Mustern umgebaut und mit orient. Pracht (Mosaiken, Gold, Bronze, orient. Marmor) ausgestattet und im 15. Jahrh. mit got. Zuthaten versehen. Die Kirche bildet ein griech. Kreuz, trägt fünf byzant. Kuppeln und enthält 500, meist orient. Säulen mit reichen Kapitälen in allen Marmorarten. Über dem Hauptportal ein antikes Viergespann ans vergoldetem Erz, wahrscheinlich vom Triumphbogen Neros, dann Trajans in Rom, später in Konstantinopel, 1797-1815 in Paris; im Innern Mosaiken, die Pala d’oro am Altar, eine Schmelzarbeit mit Juwelen auf goldenen und silbernen Platten, 1105 in Konstantinopel gefertigt und im 14. Jahrh. erneuert; in der Kapelle Zeno das Grabmal des Kardinals Giambattista Zeno mit Erzstatuen und ein prächtiger Altar mit Erzgruppen (s. Tafel: Altäre II, Fig. 3), in der Schatzkammer Kostbarkeiten. Der Kirche gegenüber der viereckige Glockenturm (98 m) mit Vorbau (Loggetta) von Sansovino (1540), vier Bronzestatuen und Erzthüren (1750), seitwärts der Uhrturm (1496) mit zwei ehernen Riesen auf der Plattform und berühmtem Uhrwerk; an der Nordseite der auf Löwen ruhende Marmorsarkophag Daniele Manins, Diktators der Republik 1848. Ändere bemerkenswerte Kirchen sind San Giobbe, seit 1412 von Pietro Lombardo im Frührenaissancestil erbaut, mit schönem Portal, Ornamenten und Reliefs; San Salvatore, 1534 von Giorgio Spavento und Tullio Lombardo vollendet, mit barocker Façade von 1663, drei flachen Kuppeln auf Tonnengewölben, im Innern eine Verkündigung von Tizian und Christus in Emmaus von Giov. Bellini; Madonna dell’Orto, mit schöner spätgot. Façade; San Zaccaria, 1457-1515 von Martino Lombardo im Übergangsstil zwischen Gotik und Renaissance erbaut, mit drei Schiffen, rundbogigen Arkaden, got. Hochaltarnische, Chorumgang und Kapellenkranz; Sta. Maria Formosa, mehrfach umgebaut, eine Kreuzkirche mit Kuppel, im Innern ein Gemälde von Palma Vecchio (heilige Barbara); die prächtige Kirche Santi Giovanni e Paolo (94 m lang, 40 m breit), 1240-1430 in ital. Gotik errietet, mit Grabmälern mehrerer Dogen; Sta. Maria dei Miracoli in Frührenaissance, 1481 von Pietro Lombardo aufgeführt, mit reicher Marmorinkrustation und reizenden Ornamenten; die got. ehemalige Franziskanerkirche Sta. Maria gloriosa dei Frari, 1250-1338 erbaut, reich an Denkmälern und Gemälden (Altarblätter von Giovanni Bellini [s. Tafel: Italienische Kunst VI, Fig. 3] und Tizian, 1526) und mit prächtigen Chorstühlen (1458-68); San Sebastiano, 1506-18 erbaut und neuerdings wiederhergestellt, mit Gemälden und der Grabstätte des Paolo Veronese; Sto. Stefano, eine got. Kirche des 14. Jahrh., mit zierlicher Backsteinfaçade und Holzgewölbe; die großartige Kuppelkirche Sta. Maria della Salute (s. Taf. II, Fig. 8) am Ostende des Großen Kanals, 1631-56 von Longhena zum Andenken an die Pest (1630) erbaut, mit drei Kapellen und Bildern von Tizian; südlich von der Piazzetta auf der Insel San Giorgio Maggiore die schöne dreischiffige Kuppelkirche San Giorgio Maggiore, 1560 von Palladio begonnen, die Façade 1575 von Scamozzi beendet, mit prächtigem Innern und schönen Chorstühlen in Barockstil; auf der Insel Giudecca die ehemalige Franziskanerkirche del Redentore, 1576 von Palladio erbaut.

Weltliche Bauten. Der Markusplatz ist auf drei Seiten von Prachtbauten aus Marmor eingeschlossen. Die Paläste, die sog. Prokurazien (Prokuratien), dienten einst als Wohnung für die Prokuratoren von San Marco. Der nördl. Flügel, die alten Prokurazien, ist 1496-1520 von Pietro Lombardo, Bartolommeo Buon dem Jüngern und Guglielmo Bergamasco erbaut; der südliche, die neuen Prokurazien, von Scamozzi 1584 begonnen, dient jetzt mit der anstoßenden ehemaligen Bibliothek als königl. Palast und enthält moderne Zimmer mit alten und neuen Gemälden; das Gebäude an der Westseite, Atrio oder Nuova Fabbrica, wurde 1810 errichtet. Die ehemalige Bibliothek an der Piazzetta, 1536 von Jac. Sansovino begonnen, ist eins der schönsten Gebäude des 16. Jahrh. und enthält im großen Bibliotheksaal Deckengemälde von Paolo Veronese, Schiavone u. a., Wandbilder von Tintoretto und Molinari. Der Bibliothek gegenüber, mit der 75 in langen Westseite der Piazzetta, mit der Südseite (71 m) der Lagune zugekehrt, erhebt sich neben der Markuskirche der Dogenpalast, ein durch seine Anlage wie durch die ernste Schönheit seiner Architektur und durch seine kostbaren Gemälde hervorragendes Gebäude. Er ist 800 gegründet, später fünfmal zerstört und immer prächtiger wiederhergestellt. Der (1873-89 restaurierte) mit farbigen Marmorplatten bekleidete Außenbau mit den schönen Spitzbogenhallen übereinander ist 1424-42, angeblich von Giov. Buon und seinen Söhnen im got. Stil aufgeführt. Besonders schön ist die von 71 Säulen getragene, reich gegliederte obere Bogenhalle, Loggia; das schöne Portal neben der Markuskirche, die Porta della Carta, 1438-43 von Giov. und Bart. Buon dem Ältern ausgeführt, zeigt den Übergang von Spätgotik zur Renaissance. Der prächtige Hof (s. Taf. II, Fig. 1) ist zu Ende des 15. Jahrh. von Ant. Bregno und Ant. Scarpagnino begonnen, jedoch erst 1550 und nur zum Teil vollendet. Die beiden bronzenen Brunnenköpfe stammen aus den Jahren 1556 und 1559. Auf der Aufgangstreppe, der Scala dei Giganti, die riesigen Gestalten des Mars und Neptun von Jac. Sansovino (1554); auf dem obersten Treppenabsatz wurden die Dogen gekrönt; gegenüber zwei Statuen, Adam und Eva, von Ant. Rizzo (1462). Das Innere ist, da der große