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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Vereinigte Staaten von Amerika (Geschichte bis 1829)

dem der Kongreß 21. Febr. 1787 seine Zustimmung erteilt hatte, dieser sog. Verfassungskonvent (s. d.) 25. Mai in Philadelphia zusammen und brachte nach langen mühevollen Beratungen jene Konstitution zu stande, die noch gegenwärtig mit wenigen Änderungen in Geltung ist. Der Kongreß acceptierte 28. Sept. die Verfassung und übersendete sie den einzelnen Staaten zur Annahme. Am 13. Sept. 1788 konnte der Kongreß bereits konstatieren, daß die Verfassung, weil von mehr als der vorgeschriebenen Anzahl von Staaten angenommen, in Rechtskraft sei, worauf George Washington einstimmig zum Präsidenten, John Adams mit Stimmenmehrheit zum Vicepräsidenten erwählt wurde.

III. Die Periode des Gleichgewichts in der Union (bis 1829). Washingtons Verwaltung, die zwei Präsidentschaftstermine umfaßte (1789-97), war deshalb von außerordentlicher Bedeutung, weil sie die schwierige Aufgabe, einer bloß auf dem Papier stehenden Verfassung praktische Lebenskraft und Bestand zu verleihen, in hervorragend glücklicher Weise löste und gleichzeitig in die höchst verworrenen finanziellen Verhältnisse Ordnung brachte. Von tüchtigen Ministern, unter denen namentlich der geniale A. Hamilton (s. d.) als Finanzminister und Th. Jefferson (s. d.) als Staatssekretär hervorragten, unterstützt, konnte Washington in nahezu allen Fragen der Verwaltung ein für die Zukunft maßgebendes System schaffen. Auch der Umstand, daß selbst in dem Ministerium die beiden sich bildenden Parteien der Föderalisten und der Republikaner (s. Föderalismus) jene durch Hamilton, diese durch Jefferson vertreten waren, trug nur zur Befestigung des neuen Regierungssystems bei. In energischer Weise wurde die Autorität des Bundes durch Unterdrückung des sog. Whisky-Aufstandes in Pennsylvanien aufrecht erhalten und ebenso inmitten der gewaltigen Stürme, welche die Französische Revolution auch in Amerika hervorrief, nach außen bewahrt. Vermont (1791), Kentucky (1792) und Tennessee (1796) vermehrten die Zahl der Bundesstaaten auf 16. John Adams (s. d.), dem, nachdem Washington jede Wiederwahl abgelehnt hatte, das Amt des Präsidenten übertragen worden war, hatte während seines Termins (1797 bis 1801) besonders unter einem Konflikt mit Frankreich zu leiden, infolgedessen ein Fremden- und Aufruhrgesetz erlassen wurde (s. Fremdengesetze), und der erst durch einen 30. Sept. 1800 abgeschlossenen Handelsvertrag, in dem der streitige Grundsatz "Frei Schiff, frei Gut" anerkannt ward, beendigt wurde. Mit dem nächsten Präsidenten, Thomas Jefferson (1801-9), kam dessen Partei, die bald den Namen der demokratischen annahm, zur Regierung, hielt aber im wesentlichen an dem bestehenden System fest. Von besonderer Wichtigkeit war die Erwerbung des ungeheuren Stromgebietes des Mississippi und Missouri, damals Louisiana (s. d.) genannt, von Frankreich (1803) um den Kaufpreis von 15 Mill. Doll. Ohio ward als 17. Staat aufgenommen (1802). Die Napoleonischen Kriege führten zuerst zu großem Aufschwung des amerik. Handels, dann aber zu Zwistigkeiten mit dem eifersüchtig gewordenen England, aber erst unter dem folgenden Präsidenten, James Madison (s. d.), gleichfalls einem Demokraten, der während zweier Amtsperioden (1809-17) an der Spitze des Staates stand, kam es zu einer förmlichen Kriegserklärung (1812). Die V. S. v. A. erzielten wohl zur See einige Erfolge, erlitten dagegen auf dem Festlande entschiedene Niederlagen. Die engl. Truppen nahmen 24. Sept. 1814 sogar die Bundeshauptstadt Washington ein und brannten die öffentlichen Gebäude nieder. Am 24. Dez. 1814 wurde in Gent ein Friede geschlossen, der die wesentlichsten Streitfragen unberührt ließ; aber ehe noch die Nachricht von diesem Friedensschlusse nach Amerika kam, hatte General Andrew Jackson einen Angriff von 12000 brit. Truppen auf Neuorleans (8. Jan. 1815) mit 5000 Miliztruppen glänzend zurückgeschlagen. Der Krieg hatte Handel und Industrie der Staaten beinahe vernichtet, was namentlich in den Neuengland-Staaten tiefe Erbitterung hervorgerufen hatte, und sogar Lostrennungsgelüste kamen in der sog. Hartford Convention zum Ausdruck. Der Friedensschluß hatte aber einen raschen Aufschwung der Geschäfte und damit Besänftigung der Gefühle zur Folge. Bemerkenswert ist die 1816 erfolgte Begründung einer Nationalbank in Philadelphia. Louisiana und Indiana wurden 1812 und 1816 als 18. und 19. Staat aufgenommen. Die beiden Regierungsperioden (1817-25) von James Monroe (s. d.) werden gewöhnlich als die "Ära des innern Friedens" (s. Era of good feeling) bezeichnet, weil die Parteigegensätze bedeutend weniger zu Tage traten als unter den frühern Präsidenten. Das hatte aber darin seine Ursache, daß die alte Föderalistenpartei, namentlich seit der Hartford Convention, in vollständigen Verfall geraten und eine Neubildung erst im Aufkommen war. Aber gerade unter Monroe trat zum erstenmal jene Frage in den Vordergrund, welche die Politik der nächsten Jahrzehnte beherrschen und durch den blutigsten aller Bürgerkriege beendet werden sollte, die Sklavereifrage (s. Sklaverei). Diese war bei Abfassung der Konstitution mit einem Kompromiß zwischen den Nord- und Südstaaten überbrückt worden. Als 13. Juli 1787 der Kongreß die von Jefferson verfaßte sog. Nordwestordonnanz über die Verwaltung des Nordwestterritoriums (s. d.) beschloß, setzte er die Bestimmung hinein, daß darin Sklaverei ausgeschlossen sein solle. Bei der Aufnahme neuer Staaten war bisher regelmäßig der Weg eingeschlagen worden, abwechselnd je einen Sklaven- und einen Freistaat neu aufzunehmen, wodurch ein gewisses Gleichgewicht erhalten war. Der Aufnahme von Mississippi (1817) als des 20. war jene von Illinois als des 21. (1818) und von Alabama als des 22. Staates (1819) gefolgt. Lange und erregte Debatten veranlaßte das Aufnahmegesuch Missouris, die erst durch das Missourikompromiß (s. d.) 1820 beendigt wurden, wonach Maine als freier, Missouri als sklavenhaltender Staat aufgenommen und gleichzeitig bestimmt wurde, daß nördlich von 36° 30’ die Sklaverei für immer ausgeschlossen bleiben solle. Sowohl die Bevölkerung wie die Anzahl der Sklaven waren nämlich sehr gestiegen. Während man bei dem ersten Census 1790 nur 3929214 E., darunter 697681 Sklaven zählte, wies der vierte 1820 schon 9633822 Bewohner, darunter 1538022 Sklaven auf. Monroes Regierung wurde aber noch durch zwei weitere Ereignisse bemerkenswert. Zunächst durch die käufliche Erwerbung der beiden Floridas von den Spaniern um 5 Mill. Doll. (1819) und die Einverleibung dieses Gebietes (21. März 1822), dann aber durch die Aufstellung der Monroe-Doktrin (s. d.). Unter John Quincy Adams (s. d.), dem Nachfolger Monroes (1825-29), brach der Parteikampf mit furchtbarer Erbitterung aus. Schon bei der Wahl dieses Präsidenten hatte sich das Außer-^[folgende Seite]