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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Victor Amadeus I. - Victor Emanuel I.

Ansprüche auf Allgemeingültigkeit seiner Entscheidungen erhob. In den kirchlichen Streitigkeiten war er gewaltthätig; er begünstigte den Patripassianer Praxeas (s. d.) und ließ sich von ihm zur Verdammung der Montanisten bewegen und hob nach vorausgegangenem Schriftwechsel mit Polykrates von Ephesus die Kirchengemeinschaft mit den Kleinasiaten auf. (S. Passahstreit.)

V. II. (1054-57), früher Gebhard, Bischof von Eichstätt, wurde von seinem Verwandten und Freund Heinrich III. auf Betreiben Hildebrands zum Papst erhoben, kämpfte gegen die Simonie und die Unsittlichkeit der Geistlichen und starb in Florenz.

V. III. (1086-87), früher Desiderius, Sohn des Fürsten von Benevent, 1056 Abt von Monte-Cassino, 1059 Kardinalpresbyter, wegen seiner ausgezeichneten kirchlichen Gesinnung und sittlichen wie polit. Tüchtigkeit von Gregor VII. zu seinem Nachfolger gewünscht, wirkte durchaus in Gregors Sinne, setzte den Kampf mit Heinrich IV. und dem Gegenpapst Clemens III. fort und starb in Monte-Cassino.

V. IV. nannten sich zwei Gegenpäpste im 12.Jahrh., der Kardinal Gregor Conti als Gegenpapst Innocenz' II. (s. d.), durch Bernhard von Clairvaux zum Rücktritt bewogen, gest. 1138, und der Kardinal Octavianus, aus dem Geschlecht der Grafen von Tusculum, kaiserl. Gegenpapst Alexanders III. (s. d.), von Friedrich I. geschützt, gest. 1164 zu Lucca.

Victor Amadeus I., Herzog von Savoyen (1630-37), geb. 8. Mai 1587, Sohn und Nachfolger Karl Emanuels I. (s. d.), seit 1619 vermählt mit Ludwigs XIII. Schwester Christine, welche die Regentschaft nach seinem Tode führte. Nachdem er im Regensburger Frieden (3. Okt. 1630) seinen Teil von Montferrat verloren und franz. Besatzungen in Susa, Veillane und Pinerolo hatte aufnehmen müssen, wurde er von Richelieu im Vertrag von Rivoli (11. Juli 1635) zur Beteiligung am Kampf auf Frankreichs Seite gezwungen, in welchem er sich auszeichnete zum Ärger des ihm zur Seite befehligenden Marschalls Créqui. Er starb 7. Okt. 1637.

Victor Amadeus II., Herzog von Savoyen (1675-1730), König von Sicilien (1713-18) und Sardinien (1718/20-30), geb. 14. Mai 1666, Sohn Karl Emanuels II. (s. d.), dem er 12. Juni 1675 folgte, entwand 1684 die Macht seiner Mutter Johanna von Savoyen-Nemours, welche für ihn die Regentschaft geführt und ihn durch Verheiratung mit der Erbin von Portugal aus dem Lande hatte entfernen wollen, und vermählte sich nun mit Anna von Orléans, einer Nichte Ludwigs XIV. Nachdem er der Forderung desselben, die aus Frankreich in sein Land geflüchteten Protestanten zu verjagen, nachgegeben hatte, widersetzte er sich der verlangten Vereinigung seiner Truppen mit den französischen, worauf es 1690 zum Kriege kam. In diesem verlor er Nizza, Savoyen, Pinerolo und Villafranca trotz seiner zähen Tapferkeit und seiner teilweise gegen Catinat errungenen Erfolge, erhielt das Verlorene jedoch von Ludwig XIV. wegen der bevorstehenden Thronerledigung in Spanien durch den Vertrag von Cherasco zurück, durch welchen seine bisherigen Verbündeten sich zum Frieden von Ryswijk gezwungen sahen. An deren Seite kämpfte V. A. aufs neue 1703-13 gegen Frankreich und erlangte im Frieden von Utrecht nicht nur das verlorene savoyen und Nizza zurück, sondern gewann auch den Königstitel mit Sicilien. Dieses verlor er zwar 1718 an das von Alberoni geleitete Spanien, nahm aber sofort dafür Sardinien in Anspruch, unterstützt von der Quadrupelallianz und als dessen König auch durch Spanien 1720 anerkannt. Nicht weniger hervorragend sind seine Leistungen für die innere Hebung seines Landes. Am 3. Sept. 1730 legte V. A. die Regierung nieder zu Gunsten seines Sohnes Karl Emanuel III. Als er 26. Sept. 1731 einen Versuch machte, seine Abdankung rückgängig zu machen, wurde er zuerst in Rivoli, dann in Moncalieri festgehalten, wo er seine Thatkraft in Bußübungen erstickte. Er starb 30. Okt. 1732. - Vgl. Carutti, Storia di Vittorio Amadeo II (Tur. 1856); Reumont in der "Histor. Zeitschrift", XXIX, 1860; G. De Leris, La comtesse de Verrue et la cour de Victor Amédée II (Par. 1881); Parri, Vittorio Amadeo II ed Eugenio di Savoia (Mail. 1888).

Victor Amadeus III., König von Sardinien (1773-96), geb. 26. Juni 1726 zu Turin. Sohn Herzog Karl Emanuels III. (als König Karl Emanuel I., s. d.), dem er 20. Febr. 1773 folgte, erwarb sich hohe Verdienste durch Neuordnung des veralteten Heerwesens, Befestigung von Tortona und Alessandria, wirtschaftliche Hebung des Landes und Förderung von Kunst und Wissenschaft. Aber durch seine Schwiegersöhne, Brüder Ludwigs XVI., in den Kampf gegen Frankreich 1792 hineingezogen, mußte er nach wechselndem Kriegsglück den Frieden vom 15. Mai 1796 schließen, als Bonaparte die Führung gegen ihn und die österr. Hilfstruppen übernommen hatte; Savoyen und Nizza fielen an Frankreich, welches das übriggelassene Piemont wie eine Provinz behandelte. Als V. A. 16. Okt. 1796 auf Schloß Moncalieri starb, folgte ihm sein ältester Sohn Karl Emanuel II., aus seiner Ehe mit Marie Antoniette Ferdinande von Spanien. - Vgl. N. Bianchi, Storia della monarchia piemontese, Bd. 1 (Tur. 1877).

Victor Emanuel I., König von Sardinien (1802-21), geb. 21. Juli 1759 zu Turin, Bruder und Nachfolger Karl Emanuels II., führte 1792-96 die sardin. Truppen gegen die Revolutionsheere und begab sich nach Abschluß des Friedens von 1796, dem er sich widersetzt hatte, nach Süditalien und von da 1799 zu seiner nach Sardinien vertriebenen Familie. Nach der Abdankung Karl Emanuels übernahm er, bisher Herzog von Aosta, die Regierung 4. Juni 1802 in Sardinien, wo er eine etwas zu großartige, aber tüchtige Verwaltung einführte und mit Hilfe engl. Geldes ein ziemlich großes Heer und eine gute Flotte schuf. Als ihm aber der erste Pariser Friede Piemont, Savoyen und Nizza wiedergab, wozu noch Genua und im zweiten Pariser Frieden Annecy und Monaco gefügt wurden, zeigte er durch Abschaffung aller franz. Neuerungen, auch der guten, daß er im Unglück nichts gelernt hatte. So zeitigten die unter Prosper Balbo endlich 1819 eingeführten Reformen nur den Ausbruch der durch die Carbonari längst vorbereiteten Unruhen. Einem Studentenaufstand in Turin (Jan. 1821), der niedergeschlagen wurde, folgte März 1821 eine militär. Erhebung in Alessandria, wo die span. Verfassung von 1812 ausgerufen und der Krieg gegen Österreich gefordert wurde. Obwohl Österreich abhold, glaubte sich V. E. gebunden durch seine Zusage, keine Verfassung zu gewähren; er übertrug zunächst Karl Albert (s. d.) die Regentschaft und legte die Krone nieder zu Gunsten seines jüngern Bruders Karl Felix (s. d.), um sich selbst nach Mo-^[folgende Seite]