Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

418

Vorverfahren - Vos

Durchsuchung von Papieren, nach der Deutschen bei Vernehmung solcher Zeugen und Sachverständigen, die voraussichtlich am Erscheinen in der Hauptverhandlung behindert sein werden) eine Parteien-Öffentlichkeit derart statt, daß die Beteiligten von den Terminen benachrichtigt werden und denselben beiwohnen dürfen.

Über den Antrag auf Eröffnung der V. entscheidet der Untersuchungsrichter; zur Ablehnung desselben bedarf es indes eines Beschlusses des Gerichts (Strafkammer oder Ratskammer). Der Beschluß, durch welchen die V. eröffnet wird, unterliegt der Regel nach keiner Anfechtung; der Beschluß, durch welchen die Eröffnung der V. abgelehnt wird, kann nach der Deutschen Strafprozeßordnung mit sofortiger Beschwerde, nach der Österr. von dem Staatsanwalt und Privatankläger mit einer binnen drei Tagen bei der Ratskammer (s. d.) anzubringenden, von dem Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheidenden Beschwerde angefochten werden. Die Führung der V. liegt in der Regel dem Untersuchungsrichter ob (wegen der Ausnahme s. Untersuchungsrichter), der jedoch befugt ist, auswärtige Amtsrichter (Bezirksgerichte) um Vornahme einzelner Untersuchungshandlungen zu ersuchen. Er hat über alle Untersuchungshandlungen Protokolle aufzunehmen und zu denselben einen Gerichtsschreiber (beeideten Protokollführer) zuzuziehen. Die Staatsanwaltschaft kann, ohne das Verfahren aufzuhalten, jederzeit Einsicht von den Akten nehmen und ihr geeignet scheinende Anträge stellen. Nach Schluß der V., von welchem der Angeschuldigte in Kenntnis zu setzen ist, werden die Akten der Staatsanwaltschaft zur Stellung ihrer Anträge vorgelegt, welche auch auf Ergänzung der V. gerichtet sein können. Vgl. §§. 176 fg. der Deutschen, §§. 91 fg. der Österr. Strafprozeßordnung. Das weitere s. unter Einstellung des Strafverfahrens und Eröffnung des Hauptverfahrens.

Vorverfahren, nach dem Sprachgebrauch der Deutschen Strafprozeßordnung die gemeinschaftliche Bezeichnung für die gerichtliche Voruntersuchung und das staatsanwaltschaftliche Ermittelungsverfahren. Mit letzterm, in Österreich Vorerhebungen genannt,wird das Eingreifen der Staatsbehörde der Regel nach beginnen. (S. Voruntersuchung.)

Vorverjüngung, s. Femelschlagbetrieb.

Vorvermächtnis, nach einigen soviel wie Vorausvermächtnis (s. d.). Andere bezeichnen mit V. dasjenige Vermächtnis, welches einem Vermächtnisnehmer den vermachten Gegenstand nur bis zum Eintritte einer gewissen Frist oder bis zur Erfüllung einer Bedingung und von da ab einem andern Vermächtnisnehmer zuwendet (Deutsches Bürgerl. Gesetzb. §. 2104), in entsprechender Weise wie das Erbschaftsvermächtnis (s. d.). Die Wissenschaft spricht in einem solchen Falle meist von successivem Vermächtnisse, das Deutsche Bürgerl. Gesetzb. §. 2191 von einem Nachvermächtnis.

Vorvertrag (Pactum de contrahendo), ein Vertrag, durch welchen Kontrahenten einander versprechen, ein in seinen wesentlichen Punkten bestimmtes Geschäft demnächst miteinander abzuschließen, z. B. einen Kauf (pactum de emendo), einen Darlehnsvertrag mit der dann erfolgenden Auszahlung des Darlehns (pactum de mutuo dando). Der Kauf selbst ist kein V., sondern der Hauptvertrag, wenn auch Lieferung der Ware und Zahlung des Preises später erfolgen.

Vorwachs (Propalis) oder Stopfwachs, die Masse, die die Bienen als Kitt bei Anlage einer neuen Wabe benutzen; sie besteht hauptsächlich aus dem klebrigen Überzuge der Knospen mancher Bäume, z. B. der Pappeln.

Vorwalzwerk, s. Walzwerk.

Vorwärmeofen, s. Druckluftanlage.

Vorwärmer, ein Apparat, welcher dem zum Speisen eines Dampferzeugers gebrauchten Wasser eine höhere Temperatur erteilen soll, als es von vornherein besitzt. Diese Vorwärmung des Speisewassers kann entweder durch den aus der Maschine abgehenden Dampf oder durch die von der Kesselfeuerung abgehenden Heizgase geschehen. Im ersten Falle ist der V. neben dem Kessel aufgestellt, im zweiten ist er in die Züge der Kesseleinmauerung eingebaut. Letztere Anwendung der V. gestattet eine bessere Ausnutzung der Heizgase und somit eine Kohlenersparnis. Solche in den Fuchs eingebaute, aus einem System von Röhren bestehende V. werden auch Economiser genannt.

Vorwärmezone, s. Eisenerzeugung.

Vorwärts (Berliner Volksblatt), das Centralorgan der socialdemokratischen Partei Deutschlands, erscheint täglich in Berlin im Verlag von Max Bading in einer Auflage von 48000 Exemplaren. Die Zeitung wurde 1884 u. d. T. «Berliner Volksblatt» gegründet und von Hasenclever redigiert; nach dem Erlöschen des Socialistengesetzes 1. Okt. 1890 nahm sie den Titel V., unter dem schon früher ein 1878 unterdrücktes Parteiorgan in Leipzig herausgekommen war, an, und Wilh. Liebknecht übernahm die Redaktion. Die Überschüsse der Zeitung sowie der damit verbundenen Buchhandlung fließen in die Parteikasse.

Vorwärtsabschneiden, in der Geodäsie, s. Abschneiden.

Vorwein, s. Most.

Vorwerk, ein vom Hauptgute abgetrennter Wirtschaftshof, der bei ausgedehnter Feldmark besonders für die Abfuhr des Düngers und die Einbringung des Getreides durch Abkürzung der Wegstrecken bedeutende Erleichterungen gewährt. Sehr häufig besteht das V. nur aus Schafställen und Scheunen nebst Räumlichkeiten für den Schafmeister.

V. ist auch soviel wie Abbau (s. d.).

Im militärischen Sinne sind V. soviel wie Außenwerke (s. d.).

Vorwort, soviel wie Präposition (s. d.); auch eine kurze Vorrede.

Vorzeichen, soviel wie Anzeichen.

Vorzeichnung, die zu Anfang eines Tonstücks und des Liniensystems neben dem Schlüssel befindlichen Zeichen und Zahlen. Die V. ist chromatisch und rhythmisch. Erstere besteht in den sog. wesentlichen Erhöhungs- oder Erniedrigungszeichen (♯, ♭ und ♮), letztere in Zahlen und Zeichen (𝄴, 𝄵, 2/4, ¾, 6/8 u. s. w.), welche die in dem Tonstück herrschende Taktart andeuten.

Vorzugserbe, s. Anerbe.

Vorzugsrecht, s. Rangordnung der Gläubiger im Konkursverfahren.

Vos, Cornelis de, vläm. Maler, geb. 1585 zu Hülst, war in Amsterdam thätig, wo er 1651 starb. Unabhängig von Rubens und van Dyck bildete er sich seinen eigenen lebensvollen Stil. Als Porträtmaler namentlich darf er zu den besten Niederländern gerechnet werden: das berühmte Bildnis des Abraham Graphens im Antwerpener Museum, die Familie Hutten in München, Salomon Cock in Cassel und Das Ehepaar in Berlin zeigen eine ebenso schlichte