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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wage

stücken (eines Gewichtssatzes) nicht erforderlich ist, nämlich die Größe der zu ermittelnden Erdanziehung, des absoluten Gewichts eines Körpers nach der Formänderung eines vollkommen elastischen Körpers (einer Feder) beurteilt wird, die an einer empirisch geteilten Skala abzulesen ist; diese in der Handhabung einfachste W. heißt Federwage (s. d.).

Alle übrigen W. setzen mindestens ein wirkliches Vergleichsgewicht voraus, mit welchem unter Vermittelung eines Gewichtshebels die zu wägende Last ins Gleichgewicht gesetzt wird (Hebelwagen). Die einfachste Anordnung ergiebt sich, wenn die beiden Arme des Hebels gleiche Länge haben (gleicharmige Hebelwage), in welchem Falle ein Satz von Gewichten zu Hilfe genommen wird, von denen man diejenige Auswahl trifft, die, am einen Ende des Wagebalkens angehängt, die mit dem andern Ende verbundene Last ins Gleichgewicht zu setzen, also den Wagebalken in horizontaler Lage zu erhalten vermag. Die einfachste Ausführungsform dieser Art W. ist die gewöhnliche Krämerwäge (s. Fig. 1). Eine solche W. ist dann richtig, wenn der Wagebalken sowohl unbelastet, als auch bei gleicher Belastung der Schalen genau horizontal steht und wenn der lotrecht oberhalb oder unterhalb des Drehpunktes an jenem angebrachte Zeiger, die Zunge, bei dieser Stellung auf eine Marke oder auf den Nullpunkt einer Skala zeigt. Unter Empfindlichkeit oder Genauigkeit einer W. versteht man das Vermögen, bei einer gewissen sehr kleinen einseitigen Belastung der Wagschalen einen deutlichen Ausschlag zu geben. Diese Eigenschaft wird in der Hauptsache bedingt durch die Art der Aufhängung des Wagebalkens, der in der Regel auf feinen Schneiden ruht, ferner durch sein Eigengewicht, seine Länge und die Lage des Aufhängepunktes gegenüber dem Schwerpunkt des Wagebalkens. Die feinsten gleicharmigen Hebelwagen sind die analytischen oder Präcisionswagen (s. Chemische Wage).

^[Fig. 1.]

^[Fig. 2.]

Damit eine sperrige Beschaffenheit des zu wägenden Körpers (der Last) nicht etwa dessen Unterbringung auf den Schalen hindere, hat man (wie in Fig. 2) den Wagebalken in ein bewegliches Gliederviereck so eingefügt, daß die Schalen über den Balken zu liegen kommen und nach oben frei sind (oberschalige Hebelwagen, Tafelwagen). Diese W. bilden den Übergang zu den mit ungleicharmigen Hebeln ausgestatteten Decimal- und Centesimalwagen (s. Decimalwage), bei welchen zur Herstellung der Gleichgewichtslage nur ⅒ oder 1/100 soviel Vergleichsgewichte erforderlich sind wie bei der gleicharmigen Hebelwage. Bei diesen W., die zur Wägung besonders schwerer und großer Lasten bestimmt sind, pflegt die zu deren Aufnahme dienende Schale die Form einer entsprechend ausgedehnten Platte (Brücke) anzunehmen (daher der Name Brückenwage, s. d.), die unter Umständen in eine Straßenbahn oder in das Gleis einer Eisenbahn beweglich eingefügt ist (Straßenwage, Gleiswage).

^[Fig. 3.]

Will man die Wägung mit Hilfe eines einzigen Vergleichgewichts ausführen, so muß dessen Hebelarm zur Herstellung der Gleichgewichtslage verändert werden, entweder von der Hand (Läuferwage, Laufgewichtswage) oder selbstthätig (Neigungswage, Reciprokwage), damit die der Last zukommende Gewichtsgröße an einer Skala abgelesen werden kann.

^[Fig. 4.]

Die einfachste Ausführungsform der Läuferwage ist die römische oder Schnellwage (Fig. 3), die einen geraden ungleicharmiqen Doppelhebel bildet, dessen längerer Arm eine Skala trägt, auf welcher ein Laufgewicht hin und her geschoben werden kann. Die Last wird an einen Haken des kürzern Arms gehängt und das Laufgewicht auf dem andern so weit verschoben, bis der Wagebalken horizontal steht, worauf man das Gewicht der Last von der Skala an der Stelle, wo das Laufgewicht steht, abliest. Auch diese W. hat in neuerer Zeit eine solche Umgestaltung erfahren, daß die Last von einer ausgedehnten, auf allen Seiten freien Brücke aufgenommen wird (Fig. 4).

Zu den Neigungswagen, bei denen die erforderliche Veränderung der Hebelarme von selbst erfolgt, gehören die bekannten Briefwagen (Fig. 5), welche das Gewicht des zu wägenden Körpers nach dem Neigungswinkel eines Zeigers beurteilen lassen, der an einer Quadrantenskala einspielt. W. solcher Art finden auch in den Spinnereien Anwendung, indem