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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wahnvorstellungen - Währung

In der wissenschaftlichen Psychiatrie kommt dem Worte eine allgemein anerkannte Bedeutung nicht zu. Man bezeichnet hier als W. bald heilbare, verhältnismäßig rasch ablaufende Zustände von Verwirrtheit mit Sinnestäuschungen und Wahnideen, bald die gewöhnlich als Verrücktheit (s. d.) beschriebenen Krankheitsbilder, bald die Erregungszustände bei der Progressiven Paralyse der Irren (s. d.) mit Größenwahn u. s. w. Auch bezeichnet man mit W. im Gegensatz zu Blödsinn krankhafte Geisteszustände, die auf einer krankhaften Reizung des Gehirns, nicht aber auf einem dauernden Ausfall geistigen Vermögens beruhen.

Wahnvorstellungen, s. Wahnideen.

Wahre Fische, s. Euichthyes.

Wahren, Dorf bei Leipzig, s. Bd. 17.

Wahrenbrück, Stadt im Kreis Liebenwerda des preuß. Reg.-Bez. Merseburg, links an der Schwarzen Elster, an der Linie Kohlfurt-Falkenberg der Preuß. Staatsbahnen, hat (1895) 635 evang. E., Postagentur und Fernsprechverbindung.

Wahrendorff, Baron von, Geschützkonstrukteur, s. Geschütz.

Wahrheitseid, s. Eid.

Währing, nordwestl. Vorort von Wien, seit 1890 zu Wien gehörig, bildet dessen 18. Bezirk (68862 E.). W. enthält die von Gärten umgebenen Villen des Wiener Cottagevereins, die neue k. k. Sternwarte auf der Höhe der sog. Türkenschanze. Die Geschichte des Ortes reicht bis ins 11. Jahrh. zurück.

Wahrmund, Adolf, Orientalist, geb. 10. Juni 1827 zu Wiesbaden, studierte in Göttingen neben prot. Theologie auch klassische und orient. Philologie, war dann zwei Jahre Hauslehrer zu Hohenems in Vorarlberg und ging 1850 nach Wien, wo er das Studium der orient. Sprachen fortsetzte und durch acht Jahre (1853‒61) an der Hofbibliothek angestellt war. 1862 habilitierte er sich an der Universität für Arabisch, Persisch und Türkisch. Seit 1871 bekleidet er die Lehrkanzel für arab. Sprache an der orient. Akademie und der öffentlichen Lehranstalt für orient. Sprachen und ist seit 1885 mit der Leitung der letztern Anstalt betraut. W. schrieb: «Praktisches Handbuch der neuarab. Sprache» (3. Aufl., 3 Tle., Gießen 1886), «Handwörterbuch der neuarab. und deutschen Sprache» (3 Bde., ebd. 1874‒77; 2. Ausg. 1887), «Lesebuch in neuarab. Sprache» (2. Aufl., 2 Tle., ebd. 1880), «Praktisches Handbuch der osman.-türk. Sprache» (2. Aufl., 3 Tle., ebd. 1885), «Praktisches Handbuch der neupers. Sprache» (ebd. 1875; 2. Aufl. 1889), «Monsieur Jourdan, der Pariser Botaniker im Karabag; neupers. Lustspiel» (Wien 1889); außerdem: «Babyloniertum, Judentum und Christentum» (Lpz. 1882), «Das Gesetz des Nomadentums» (Karlsr. 1887; 2. Ausg., Berl. 1892), «Die christl. Schule und das Judentum» (Wien 1885), «Der Kulturkampf zwischen Asien und Europa» (Berl. 1887); «Dichtungen» (Wien 1880 und Lpz. 1892), «Abbâsa, Trauerspiel» (Lpz. 1890), «Das Reich der Zwecke» (Aristotelische Philosophie im Gegensatz zur orient. Anschauung; Bayreuth 1895).

Wahrnehmung, s. Vorstellung.

Wahrsagung, s. Weissagung.

Währschaftsrecht, im Viehhandel, s. Empfangbarkeit der Ware, Gewährsmängel, Wandlungsklage.

Wahrscheinliche Lebensdauer, s. Sterblichkeitsstatistik.

Wahrscheinlichkeitsrechnung, die Lehren von der Berechnung der mathematischen Wahrscheinlichkeit, dem Verhältnis der Anzahl der einer bestimmten Erwartung günstigen Fälle zu der Anzahl sämtlicher möglichen Fälle, vorausgesetzt, daß alle Fälle gleich möglich sind. So ist z. B. die Wahrscheinlichkeit, mit einem Würfel eine bestimmte Anzahl von Augen zu werfen, = ⅙, da die Anzahl der diesem Ereignisse günstigen Fälle = 1, die Anzahl aller möglichen Fälle hingegen = 6 ist. Bei der Berechnung der Wahrscheinlichkeit leistet die Lehre von den Kombinationen (s. d.) wesentliche Dienste. Von der hier betrachteten Wahrscheinlichkeit, die, da nur ein Ereignis betrachtet wird, die einfache Wahrscheinlichkeit heißt, ist die zusammengesetzte Wahrscheinlichkeit zu unterscheiden, in der das Zusammentreffen mehrerer Ereignisse in Betracht kommt. Fragt man z. B. nach der Wahrscheinlichkeit, daß mit einem Würfel eine bestimmte Zahl geworfen werde, so ist dies die einfache Wahrscheinlichkeit; will man aber die Wahrscheinlichkeit wissen, daß zu derselben Zeit mit einem zweiten Würfel dieselbe bestimmte Zahl, also ein Pasch geworfen werde, so ist dieses die zusammengesetzte Wahrscheinlichkeit, weil hier zwei Ereignisse zusammentreffen müssen. Die erste ist ⅙, während die letztere viel kleiner und = 1/36 ist, d. h. man kann 1 gegen 6 wetten, daß mit einem Würfel eine bestimmte Zahl, aber bloß 1 gegen 36, daß mit zwei Würfeln ein bestimmter Pasch geworfen werde. Über die Berechnung der wahrscheinlichen Fehler einer Beobachtung s. Methode der kleinsten Quadrate. – Vgl. Wild, Grundsätze der W. (Münch. 1861); Cournot, Exposition de la théorie des chances et des probabilités (Par. 1843); Venn, The logic of the chance (Lond. 1866; 3. Aufl. 1888); J. von Kries, Die Principien der W. (Freib. i. Br. 1886); Bertrand, Calcul des probabilités (Par. 1888); Goldschmidt, Die W. Versuch einer Kritik (Hamb. 1897).

Wahrspruch, Verdikt, in der Österr. Strafprozeßordnung der Ausspruch (nach der Deutschen Strafprozeßordnung «Spruch») der Geschworenen. (S. Schwurgericht.)

Währung (ital. valuta; frz. étalon; engl. standard, legal tender), ursprünglich die obrigkeitliche Gewährleistung des Gewichts und Feingehalts der Münzen. Späterhin verstand man darunter die Geldart, die als gesetzliches Zahlungsmittel (Courant- oder Währungsgeld) anerkannt ist, also im Gegensatz zu Scheidemünzen (s. d.) bei Zahlungen von jeder Höhe angenommen werden muß. In dem besprochenen zweiten Sinne erscheint das Wort W. z. B. in Thalerwährung, Guldenwährung u. s. w. In dem Wort Barrenwährung (auch Rechnungswährung genannt) bedeutet W. nicht eine geprägte Münze, sondern eine Rechnungseinheit, eine bestimmte Menge Edelmetall, die in Barren bei der Bank (daher auch Bankwährung) hinterlegt wurde. (S. Banco.) Diese ältern Bedeutungen des Wortes W. sind heute fast ganz verdrängt durch eine dritte, bei welcher es nur auf das Metall der Courantmünzen bezogen wird, ohne Rücksicht auf Münzfuß, Münzeinheit u. s. w. In diesem, jetzt maßgebenden Sinne ist W. die gesetzliche Bestimmung des Edelmetalls, aus dem die Courantmünze hergestellt werden soll.

Bei der W. in diesem Sinne sind verschiedene Systeme möglich: 1) Die einfache W.; bei ihr sind nur die Münzen des einen Metalls als gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt, also entweder nur die Silbermünzen: Silberwährung (s. d.), oder nur