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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wasserversorgung

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Wasserversorgung'

Die Benutzung von Brunnen zu Wasserwerksanlagen erfordert wegen der stärkern Entnahme in der Regel eine Voruntersuchung über die Ergiebigkeit des Grundwasserstroms. Diese besteht in der Ermittelung seiner Breite und Tiefe sowie seines Gefälles (das Nichtvorhandensein von Gefälle weist auf ein Grundwasserbecken ohne nennenswerten Zufluß hin, dessen Erschöpfung beim Betriebe leicht eintreten kann), durch Eintreiben von Bohrlöchern, deren Spiegelhöhe gegeneinander festgelegt wird und durch Beobachtung der Spiegel vorhandener Brunnen, besonders aber in dem Absenken eines Versuchsbrunnens, welchem längere Zeit eine größere Wassermenge entnommen wird.

Besteht die Grundwasser liefernde Bodenschicht aus grobkörnigem Material, so sind gemauerte Brunnen am Platze, deren Wände dicht oder (im Bereiche des Grundwasserspiegels) mit offenen Stoßfugen gemauert, oder aus Lochsteinen hergestellt werden. Die Sohle ruht auf einem hölzernen oder besser eisernen Brunnenkranz (Brunnenschling, Brunnenschuh), der keilförmig ausgebildet und durch aufgehende Anker aus Rundeisen mit dem Brunnenmauerwerk verbunden wird. Diese Verbindung sowie die Festigkeit des Brunnenkörpers wird gefördert, wenn in 2–3 m Abstand Zwischenkränze aus Flacheisen eingelegt und mit den Ankern verbunden werden. Das Niederbringen des Brunnens unter den Grundwasserspiegel erfolgt in einzelnen Fällen durch Wasserhaltung, meistens aber durch Absenken desselben (Senkbrunnen) mittels Ausbaggern, am besten mit der ind. Schaufel, bei sandigem Boden auch mit dem Senkbohrer, bez. unter gleichzeitiger Belastung des Brunnens durch Schienen u. s. w. Die Weite des Brunnens ist so zu wählen, daß die Eintrittsgeschwindigkeit nicht zu groß wird und dadurch Versandung des Brunnens eintritt. Zur Vergrößerung der zulässigen Eintrittsgeschwindigkeit in die Sohle empfiehlt sich das Einbringen von Filterschichten in den Brunnen, welche nach oben zu gröber werden. Auch die durchlässigen Wandungen der Brunnen kann man mit solchen Schichten umgeben, die zwischen einem Doppelmantel unter Zuhilfenahme cylindrischer Bleche dergestalt eingebracht werden, daß die Korngröße von außen nach innen zunimmt (Filterbrunnen von Gill in Berlin). Die Verwendung von Moos zum Ausfüllen der Fugen behufs Zurückhaltung des feinen Sandes ist wegen allmählichen Zuschlämmens der Zwischenräume und der Zersetzung des Mooses unzulässig. Damit die Eintrittsgeschwindigkeit sich möglichst gleichmäßig über die Sohle verteile, ist der Sauger thunlichst in der Mitte des Brunnens und in der Höhe des Brunnenhalbmessers über der Sohle aufzuhängen. Statt des Mauerwerkes wendet man vielfach gußeiserne Ringe (Tubbings) an, deren unterster mit einer Schneide versehen ist; diese stellen sich im westl. Deutschland etwa von 3 m Durchmesser des Brunnens ab billiger als gemauerte.

Besteht der Untergrund aus Sand oder aus einer Mischung von Sand und nicht zu grobem Kies, so läßt sich das Wasser zwar auch durch gemauerte Filterbrunnen gewinnen; zweckmäßiger ist aber die Anwendung von Rohrbrunnen. Zunächst wird ein Futterrohr (Bohrschale) eingetrieben und in dieses der eigentliche Rohrbrunnen eingesetzt: darauf wird das Futterrohr bis über den durchlässigen Teil des Brunnenrohrs wieder herausgezogen. Letzterer besteht in dem sog. Filterkorb (oder Seiher, ↔ einem meist mit Rippen versehenen durchbrochenen oder geschlitzten Rohr, welches von einer ein- oder mehrfachen Lage von Kupfer- oder Messinggewebe umgeben ist. Die Länge desselben richtet sich nach der Stärke der wasserführenden Schicht; der in den Filterkorb gelangte Sand wird von Zeit zu Zeit mittels eines Bohrers aus dem Brunnen entfernt. Das Gewebe kann auch ersetzt werden durch mehrere den Seiher umgebende Sandschichten, welche mit Hilfe cylindrischer Bleche eingebracht werden, und deren Korngröße nach dem Rohre hin zunimmt (Filtervorlagen, Sandsperren).

Enthält die wasserführende Schicht feinere und gröbere Teile, so erfolgt die Bildung eines natürlichen, den Filterkorb umgebenden Sandfilters allmählich von selbst durch den Betrieb, indem der Sand, welcher feiner ist als die Öffnungen des Korbes, durch diese hindurchgeht und sich auf der Sohle des Brunnens ablagert, von wo er zeitweilig entfernt wird. Damit er nicht mit in die Pumpen gelangt, wird nach Fig. 6 ein zweiter, innerer Filterkorb angeordnet, der mit feiner Gaze bekleidet ist und herausgenommen werden kann, um den in die Sohle des Brunnens eingetriebenen Sand zu entfernen. Kleine Rohrbrunnen, auch Abessinische Brunnen, amerikanische Rohrbrunnen oder Nortonbrunnen (nach dem engl. Ingenieur Norton) genannt (Fig. 5), sind 25–75 mm weit, und werden, wie oben bei den Hausbrunnen erwähnt, in den Boden durch Rammen oder auch (bis etwa 6 m Tiefe) durch Einschrauben eingetrieben; in letzterm Falle ist die Spitze mit einer flachen Schraube versehen. Sie werden vielfach zu Hausbrunnen, zu Vorarbeiten für Wasserversorgungsanlagen und zur vorübergehenden Wassergewinnung benutzt, sind aber auch, z. B. in Brooklyn (zwei Entnahmestellen von je 100 Stück 50 mm weiter Rohrbrunnen), zur Erlangung großer Wassermengen bei dauernden Anlagen mit Erfolg zur Anwendung gebracht.

Das Absenken größerer Rohrbrunnen erfolgt nach dem im Artikel Bergbohrer beschriebenen Verfahren und zwar meist unter Anwendung von Wasserspülung. Nicht selten gelingt das Aufschließen von Wasser erst in größerer Tiefe; dasselbe wird aber erst dann recht nutzbar, wenn es bis in die Nähe der Oberfläche ansteigt, d. h. wenn der Brunnen artesisch wirkt, weil das Einbauen tiefliegender Pumpen umständlich und schwierig ist. Solche Brunnen werden in neuerer Zeit in großer Zahl ausgeführt, nachdem die Art ihrer Herstellung wesentlich vervollkommnet und dadurch billiger geworden ist (s. Bohrbrunnen). In der Regel ist das aus großer Tiefe stammende Wasser weniger kühl, enthält auch mehr feste Bestandteile als das Wasser der obern Schichten.

D. Entnahme aus oberirdischen Wasserläufen, Seen und Sammelteichen. Das oberirdische Wasser ist stets mehr oder weniger durch organische Beimengungen und Sinkstoffe verunreinigt; es sollte deshalb nur verwendet werden, wenn gutes Grundwasser in genügender Menge nicht aufzufinden ist, stets aber vor dem Gebrauche zu Versorgungszwecken eine genügende Reinigung erfahren. Bei Flüssen ist die Schöpfstelle stets oberhalb der Stadt zu legen, damit das Wasser von den durch Schmutzwasserkanäle oder Notauslässe in den Fluß gelangenden Verunreinigungen freibleibt; sie muß sich ferner unter dem niedrigsten Wasserspiegel des Flusses befinden und so liegen,

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 541.