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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wasserversorgung (Reinigung des Wassers)

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Wasserversorgung

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Wasserversorgung'

daß sie vor Eisgang geschützt und ein unveränderter Bestand der Ufer und der Sohle des Flusses in der Nähe der Entnahme gesichert ist. Dieselbe wird durch Gitter gegen den Eintritt von Fischen und größern Schwimmstoffen geschützt: mitunter läßt man das Wasser zu diesem Zwecke auch eine Kiesschicht passieren, welche zugleich die gröbern Sinkstoffe fernhält und von Zeit zu Zeit erneuert werden muß. Kleine Wasserläufe werden angestaut, um die nötige Tiefe für die Entnahme zu gewinnen: oberhalb der Staustelle schlagen sich dann zugleich die Sinkstoffe nieder. Beispiele für die Entnahme von Flußwasser zur Versorgung größerer Städte sind: London (Themse), Hamburg und Magdeburg (Elbe), Bremen (Weser), Breslau und Stettin (Oder), Warschau (Weichsel), Petersburg (Newa). Das Flußwasser ist gewöhnlich weich und, sofern es durch Filterung genügend gereinigt wird, zur Verwendung im Haushalt und in der Industrie sehr geeignet; dagegen fehlt ihm zum Trinkwasser die erforderliche Frische, die ihm auch durch die beste Reinigung nicht verliehen werden kann.

Bei der Entnahme aus Seen ist zu berücksichtigen, daß sich dieselben in unserm Klima im Winter mit einer starken Eisdecke (bis 0,6 m Stärke) bedecken, unter welcher die Entnahme stattfinden muß. Ferner pflegt das Wasser in der Nähe flacher Ufer im Sommer sehr warm und reich an pflanzlichen Beimengungen zu sein, so daß anzuraten ist, die Entnahme stets in größerer Entfernung vom Ufer und in genügender Tiefe unter dem niedrigsten Wasserstande (jedoch in etwa 1 m Abstand vom Boden) vorzunehmen. Sie geschieht deshalb häufig durch versenkte Leitungen mit nach oben gerichtetem Knie, welche von einem kastenartigen, mit zahlreichen Öffnungen versehenen Umbau (Delphin, Seiherkasten) umgeben sind; manchmal ruht die Leitung auch auf Querhölzern, welche an eingerammten Pfählen befestigt sind. Besondere Erwähnung verdient die Entnahmestelle für Chicago aus dem Michigansee; bis zu 2,5 km Entfernung vom Ufer ist ein 20 m unter der Seesohle liegender Tunnel vorgetrieben, von dem aus ein 3,5 m weiter gußeiserner Schacht emporgeführt ist: die Mündung desselben ist durch einen ringförmigen, mit Einlaßöffnungen versehenen Mantel aus kräftigem Mauerwerk von 21,4 m innerm Durchmesser geschlossen. Außer Chicago werden u. a. folgende größere Städte aus Seen versorgt: Berlin (Müggel- und Tegeler See), Zürich (Züricher See), Genf und Lausanne (Genfer See), Glasgow (Loch Katrine und Vennachar), Cleveland (Eriesee), Manchester (Thirlmere).

Verwandt mit der Entnahme aus Seen ist diejenige aus künstlich hergestellten, meist durch einen Staudamm (s. d. und Thalsperre) gebildeten Sammelteichen, welche ursprünglich im Altertum, insbesondere in Indien, heimisch war; noch gegenwärtig zählen die vorzugsweise zu Kulturzwecken erbauten Sammelbehälter nach Tausenden. Die Benutzung derartiger Anlagen zur W. ist aber vorzugsweise in England ausgebildet, wo die örtlichen Verhältnisse, insbesondere in den Grafschaften York, Lancaster und Derby, dafür günstig liegen. In Nordamerika hat diese Versorgungsart, welche auch wohl das engl. System genannt wird, gleichfalls Eingang gefunden; hier werden z. B. Neuyork, Albany, Baltimore durch Sammelbecken mit Wasser versehen, desgleichen verschiedene Städte in Indien und Australien. In Deutschland werden künstliche Sammelteiche bis ↔ jetzt nur wenig zur Versorgung benutzt (Remscheid, Königsberg i. Pr., Chemnitz); in Spanien, wo derartige Anlagen zu Bewässerungszwecken schon seit Jahrhunderten vorhanden sind, ist Madrid, in Frankreich St. Etienne, in Belgien Verviers zu erwähnen. Das Wasser der Seen und künstlichen Sammelbecken ist in der Regel weich und ziemlich klar, bedarf jedoch, wenn es zum Genuß dienen soll, der vorherigen Filterung. Kann die Entnahme in größerer Tiefe stattfinden, so wird eine zu starke Erwärmung im Sommer vermieden, welche sonst die Benutzung als Trinkwasser wesentlich beeinträchtigt.

E. Versorgung mit destilliertem Wasser. Die Destillation von Meerwasser erfolgt insbesondere zur Versorgung der Schiffe: aber auch einzelne regenlose oder sehr regenarme Küstenplätze und als Kohlenstationen dienende Inseln sind auf die Destillation als den einzigen Weg angewiesen, um das zum Trinken und Kochen nötige Wasser zu erhalten. Die Verdampfung erfolgt in der Regel durch Kohle und ergiebt ein sehr reines, aber völlig weiches Wasser, welches mit eingepumpter Luft oder Kohlensäure versehen werden muß, um es zum Trinken geeignet zu machen.

Reinigung des Wassers. Die Reinigung des zu Versorgungszwecken dienenden Wassers kann eine mechanische oder chemische sein. Erstere kommt am meisten vor und erfolgt durch Ablagerung und Filterung. Eine vollständige Beseitigung aller mechanisch beigemengten Stoffe kann auf dem Wege der Ablagerung allein niemals erfolgen; diese ist vielmehr als eine Vorstufe der Filterung zu betrachten, wenngleich viele amerik. und selbst noch einzelne engl. Städte sich mit dem durch Ablagerung gereinigten Wasser begnügen und die weitere Reinigung den Hausfiltern überlassen, was jedoch vom hygieinischen Standpunkt nicht zu billigen ist. Die Ablagerung oder mechan. Klärung erfolgt durch Einführung des Wassers in größere Behälter, in welchen dasselbe eine Zeit lang in Ruhe verbleibt oder durch welche es mit sehr geringer Geschwindigkeit hindurchfließt.

Die beste Reinigungsart für große Wassermengen besteht in der Anwendung von Sandfiltern (Kiesfiltern). Diese werden in der Hauptsache gebildet aus einer wagerecht gelagerten, 0,5 bis 1,0 m starken Schicht von ziemlich feinem Sande (am besten von 0,3 bis 0,6 mm Durchmesser), unter welcher mehrere immer gröber werdende Kiesschichten von zusammen 0,3 bis 0,6 m Stärke liegen. Die Durchgangskanäle des feinen Sandes sind sehr enge und halten alle sie an Größe übertreffenden Körper zurück. Dadurch bildet sich alsbald eine aus den schwebenden organischen und unorganischen Beimengungen des Wassers bestehende Decke, deren Poren so fein sind, daß auch die kleinsten Teile zurückgehalten werden. Erst nach Bildung dieser im eigentlichen Sinne filtrierenden Schicht ist das Filter geeignet zur Gewinnung völlig reinen, «blanken», nahezu bakterienfreien Wassers, während es bis dahin ein mehr oder weniger trübes Produkt lieferte. Bei sinkstoffhaltigem Flußwasser bildet sich jene hautartige Decke, die «Filterhaut», oft schon nach wenigen Stunden, bei klarem Seewasser sind manchmal Wochen dazu erforderlich. Damit nun der unter der Haut liegende Sand nicht verunreinigt werde, ist es notwendig, vor dem Anlassen eines Filters dasselbe von unten heraus bis etwas über die Höhe der Sandschicht mit reinem

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 542.