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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wechsel (im Handel)

lung (s. Wechseldatum). Fehlt eins dieser Erfordernisse, so ist der W. ungültig. Gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber usancemäßig ist die Valutaquittung "Wert erhalten", "Wert in Rechnung" u. dgl. (s. Valuta). Auch wird die Summe im Text gewöhnlich in Buchstaben, oberhalb des Textes aber in Ziffern geschrieben. Der eigene W. ist indossabel wie die Tratte (s. Indossament). Das Indossament erscheint wie bei der Tratte üblicherweise nur auf der Rückseite. Sich selbst kann der Aussteller nicht als Remittenten bezeichnen. (Über die Form des Indossaments s. d.) Verpflichtet ist aus dem eigenen W. an erster Stelle der Aussteller, wenn er nicht zahlt, die Indossanten. (S. Indossament, Wechselrecht, Wechselklagen, Domizilwechsel.) Der eigene W. kann nur in einem Exemplar ausgestellt werden; er heißt deshalb auch Solawechsel (s. d.). Wohl aber kann von ihm eine Kopie existieren und mit Originalindossamenten versehen werden (s. Wechselkopie). Überhaupt sind die Bestimmungen für den gezogenen W. auf den eigenen W. überall anzuwenden, soweit sie nicht durch die Natur des eigenen W. ausgeschlossen sind. So fällt für ihn die Präsentation zur Annahme, die Annahme selbst, die Ehrenannahme, der Regreß wegen nicht erhaltener Annahme u. s. w. weg. Für den Handelsverkehr hat der eigene W., wenigstens in Deutschland, keine große Bedeutung. Er kommt fast nur als wechselmäßiger Schuldschein über Darlehn oder andere Schuld, im Handelsverkehr als Sicherheit für Kreditgewähr vor. (S. Depotwechsel.)

2) Der eigentliche Handelswechsel, Einlösungspapier, Zahlungsmittel und Ware ist der gezogene W., der alte Wechselbrief, die Tratte (Wisselbrief). Der gezogene W. hat gesetzlich folgende Form:

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Leipzig, den 1. April 1895.

Am 1. Juli d. I. zahlen Sie gegen diesen (Prima-)Wechsel an Herrn A (oder dessen Order) die Summe von 100 Mark.

B (Unterschrift des Ausstellers).

Herrn C in Berlin.

(Name des Bezogenen.)

Angenommen C.

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Der gezogene W. muß alles enthalten, was für den eigenen W. als wesentlich angegeben ist (Wechselklausel, Wechselsumme, Remittent, Zahlungszeit, Datum, Unterschrift des Ausstellers), und außerdem a. den Namen des Bezogenen, b. den Zahlungsort. Als Zahlungsort gilt aber der beim Namen des Bezogenen angegebene Ort, wenn nicht ein eigener Zahlungsort angegeben ist. (S. Domizilwechsel.) Der Aussteller kann sich aber abweichend vom eigenen W. als Remittenten bezeichnen (W. an eigene Order: Zahlen Sie an meine Order), auch auf sich selbst ziehen, wenn Ansstellungsort und Zahlungsort verschieden (trassierteigener W., s. Trassieren). Sonst ist die Verschiedenheit von Ausstellungsund Zahlungsort kein Erfordernis der Tratte. In der Regel enthält dieselbe noch einige usancemäßige Bestandteile: 1) die Valutaquittung (s. Valuta); 2) die Aufforderung, daß dcr Bezogene dem Aussteller (oder Kommittenten bei der Kommissionstratte, s. d.) den Wert des W. in Rechnung stellen soll ("und stellen Sie auf Rechnung" oder "auf Rechnung N.N."); 3) den Hinweis auf die Benachrichtigung des Bezogenen von der Trassierung ("laut Bericht" event. "ohne Bericht"). Die Angabe der Summe erfolgt wie beim eigenen W. (s. oben) in Buchstaben und in Ziffern. Die Tratte ist nach dem Gesetz, auch ohne Orderklausel, indossabel wie der eigene W. (S. Indossament.) Sie kann in verschiedenen Exemplaren (Prima, Sekunda u. s. w.) ausgefertigt werden (s. Wechselduplikat). Aus der Tratte haftet der Acceptant als Hauptschuldner, der Aussteller und die Indossanten für den Fall, daß dieser nicht zahlt. (S. Accept, Wechselregreß, Wechselklagen.)

Über die Wechselgesetzgebung s. Wechselordnung und Wechselrecht.

III. Die wirtschaftliche Bedeutung des W., besonders der Tratte, besteht darin, daß er ein Mittel ist, den Umtausch und die Übersendung von Geld zu ersparen, ein Zahlungsmittel, so daß er fast den dritten Teil sämtlicher in Umlauf befindlicher Zahlungsmittel bildet, ein Mittel, Kredit zu gewähren, eine Ware und ein Objekt der Kapitalanlage. Außerdem dient die Tratte den verschiedensten Rechtsgeschäften. Wenn A in Leipzig von B in London zu fordern, an C in London zu zahlen hat, zieht er auf B an Order des C und erspart dadurch die Übersendung der Summe sich und dem B. Wenn A an B Ware verkauft hat, die nach drei Monaten zu zahlen, zieht er eine drei Monate dato zahlbare Tratte auf B an eigene Order, indossiert und verkauft den W. und erhält so das Geld nach Abzug des regelmäßig geringen Diskonts (s. d.) schon jetzt, während er sonst drei Monate warten müßte. In beiden Fällen kann der Nehmer, Käufer des W., aber denselben seinerseits wieder zur Zahlung eigener Schuld durch Indossieren an seinen Gläubiger benutzen. So kann ein in Deutschland zahlbarer W. dazu dienen, Ware zu bezahlen, die in Amerika von einem Deutschen gekauft und in Deutschland zu bezahlen ist, zugleich aber dazu, Ware zu bezahlen, die der Amerikaner in Deutschland gekauft hat. Es kann ferner, wenn A in Leipzig an B in London zu zahlen hat und C in London an D in Leipzig zu zahlen hat, C an B zahlen und B auf A an Order des C ziehen, C die Tratte an D geben und so D das Geld von A in Leipzig erheben. Wenn ferner A dem B ein Darlehn geben will, B ihm aber nicht sicher ist, C für B die Bürgschaft übernehmen will, kann C auf B an Order des A ziehen, so daß A aus dem W. bei Verfall des Darlehns den C als Aussteller, den B als Acceptanten in Anspruch nehmen kann. Auf die Tratte wird ferner von den Bankiers im Lombardgeschäft Darlehn gegeben, dieselbe auch als Ware eingekauft und verkauft zur Ausnutzung der nach Ort und Zeit wechselnden Kurs- und Diskontunterschiede, und endlich wird sie auch häufig, insbesondere von Banken, zur Kapitalanlage benutzt, wozu sich Wechsel wegen ihrer Sicherheit und weil das in ihnen angelegte Kapital sich durch Fälligkeit der Veträge oder Rediskontierung leicht wieder flüssig machen läßt, sehr gut eignen.

Im Wechselhandel unterscheidet man zunächst die inländischen (Mark-) Wechsel von den ausländischen, fremden W. oder Devisen. Bei erstern unterscheidet die Deutsche Reichsbank Platzwechsel und Versandwechsel; Auftragswechsel nennt sie W. zur Einziehung (zum Inkasso); die ausländischen W. werden gewöhnlich nach den Zahlungsorten oder Zahlungsländern geteilt. In England macht sogar das Gesetz den Unterschied von inland bills und foreign bills. (S. Diskont, Devisengeschäft, Kurs, Wechselgeschäft.) Ferner giebt es gemachte W. und W. von der Hand (s. Gemachtes Papier). In den meisten Ländern unterliegt der W. einem Wechselstempel (s. d.).