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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wertstempel - Werwolf

öfter der Wechsel in Gegensatz zu andern W. (Effekten, s. d.) gestellt wird. Darüber hinaus gehen die Meinungen der Handelsrechtslehrer auseinander. Bald werden alle Urkunden vermögensrechtlichen Inhalts als W. betrachtet, auch Frachtbrief, Maklervertrag, Darlehnsschuldschein. Andere rechnen Papiergeld, Postmarken, Stempelmarken, Fahrkarten dazu; die überwiegende Mehrheit auch Rektapapiere (s. d.), jedoch unter verschiedenen Voraussetzungen. So wird unter andern Wertpapier als eine Urkunde über ein Privatrecht definiert, dessen Verwertung durch die Innehabung der Urkunde bedingt ist. Danach würden z. B. Kuxe über Bergwerksanteile, der Grundschuldbrief zu den W., auch wenn er auf Namen gestellt ist, zu rechnen sein. Man kann das mit Einschränkung auf solche Namenspapiere gelten lassen, mit deren Veräußerung das verbriefte Recht auch von einem Unberechtigten übertragen, oder gegen deren Vorlegung die verbriefte Schuld vom Schuldner auch durch Zahlung an einen nicht berechtigten Inhaber getilgt werden kann. Wenn der Besitzer Besitz eines Namenspapiers, das verbriefte Recht unter dem Namen des in demselben als Rechtsinhabers Genannten cediert, so überträgt er das verbriefte Recht auch auf den gutgläubigen Erwerber nicht, wenn der Cedent in Wahrheit die in der Urkunde genannte Person nicht ist. Das kann sich aber dann anders verhalten, wenn der gutgläubige Cessionar weiter cediert. Der als Grundschuldgläubiger auf Grund einer solchen Cession im Grundbuch eingetragene Gläubiger überträgt z. B. das Recht, auch wenn er der wirkliche Gläubiger nicht war, auf den redlichen Erwerber, und diesem stehen die sich aus dem Grundschuldbrief nicht ergebenden Einreden nicht entgegen, welche gegen seinen Cedenten begründet waren. Diese Bedeutung solchen Namenspapiers stellt dasselbe einer redlich erworbenen Sache gleich. Ferner kann z. B. die gutgläubige Sparkassenverwaltung ohne Legitimationsprüfung gegen Vorlegung eines auf Namen ausgestellten Sparkassenbuchs Rückzahlungen leisten. Ein solches Legitimationspapier gewährt also dem Inhaber das Mittel, unter ihm günstigen Umständen das verbriefte Recht zu realisieren, obschon es ihm nicht zusteht. Es trägt einen Wert in sich, der über die Bedeutung einer Beweisurkunde hinausgeht, ist also Wertpapier, während der auf Namen lautende Versicherungspolice diese Eigenschaft nicht zukommt.

Wertstempel, s. Stempel.

Wertsystem der Gütertarife, s. Eisenbahntarife.

Werturteile, s. Urteil.

Wertversicherung, jede Versicherung, welche dem Versicherten Anspruch auf vollen oder teilweisen Ersatz gewährt, falls er durch eine bestimmte Art von Wertzerstörung geschädigt wird, in diesem Sinne gleich Schädenversicherung (s. Versicherungswesen). Es gehören also hierher namentlich die Feuer-, Hagel-, Vieh- und Transportversicherungen, während die Lebensversicherung einen andern Charakter trägt. Im gewöhnlichen Leben kommt die W. am häufigsten bei den mit der Post versendeten Wertbriefen und Wertpaketen zur Anwendung, für welche übrigens nicht nur im Falle der Zerstörung, sondern auch des durch Diebstahl oder auf andere Art entstandenen Verlustes der deklarierte Wertbetrag ersetzt wird; sie ist also hier als «Valorenversicherung» ein Zweig der Transportversicherung (s. d.).

Wertwechsel, s. Wechselsumme.

Wertzölle, Zölle ad valorem, Zölle, die in Prozenten des Wertes des zollpflichtigen Gegenstandes erhoben werden. Der Wert wird durch die beglaubigten Originalfakturen oder durch besondere Deklarationen ermittelt, wobei sich die Zollverwaltung das Recht vorbehält, die Ware, die zu niedrig deklariert scheint, für diesen Preis selbst zu übernehmen. Im amerik. Tarif herrschen die W. vor, in Europa dagegen sind sie wegen ihrer Unbequemlichkeit fast überall durch specifische Zölle ersetzt worden; nur in Bulgarien und in der Türkei besteht noch durchweg ein Wertzoll.

Wertzuwachs, im Forstwesen, s. Zuwachs.

Wērulē, Dorf in Ostindien, s. Elura.

Werunsky, Emil, Historiker, geb. 6. April 1851 zu Mies in Böhmen, studierte in Prag, Göttingen, München und Wien, habilitierte sich 1877 an der deutschen Universität in Prag und wurde hier 1882 außerord., 1892 ord. Professor für Geschichte und histor. Hilfswissenschaften. Er veröffentlichte: «Italien. Politik Papst Innocenz Ⅵ. und König Karl Ⅳ. 1353‒51» (Wien 1878), «Der erste Römerzug Kaiser Karl Ⅳ.» (Innsbr. 1878), «Geschichte Kaiser Karl Ⅳ. und seiner Zeit» (3 Bde., ebd. 1880‒92), «Excerpta ex registris Clementis Ⅵ et Innocenti Ⅵ» (ebd. 1885), «Österr. Reichs- und Rechtsgeschichte» (Wien 1894 fg.).

Werwick (Wervicq), Stadt in der belg. Provinz Westflandern, an der Eisenbahn Kortrijk-Hazebrouck und an der Lys, Grenzort gegen Frankreich, hat (1897) 8050 E., eine schöne Medarduskirche aus dem 14. Jahrh.; Tabakmanufakturen.

Werwolf, minder richtig Wehrwolf und Wärwolf (zusammengesetzt aus Wolf und dem veralteten Worte wer, «Mann»), ein Mensch, der Wolfsgestalt annehmen kann. Auch in das Französische ist das deutsche Wort frühzeitig übergegangen und hat sich dort in loup-garou verwandelt. Schon die Griechen, namentlich die Arkadier, wußten viel vom Lykanthropos zu erzählen, wie nicht minder die Römer vom Versipellis. In Skandinavien nennt man ihn Varulf. Im Mittelalter herrschte der Glaube an W. bei allen slaw., kelt., german. und roman. Völkern, und gegenwärtig lebt er noch in verschiedenen Gegenden, besonders in Volhynien und Weißrußland. In Serbien und der Walachei berührt sich dieser Glaube mit der Vorstellung vom Vampyr (s. d.). Nach der ältesten german. Vorstellungsweise, welche den Körper als ein Kleid der Seele auffaßte, hing Verwandlung in Wolfsgestalt ab von dem Überwerfen eines Wolfshemdes oder Wolfsgürtels, auch dem Anstecken eines Ringes, was ohne Absicht des Zauberns geschehen konnte. Die Rückkehr in menschliche Gestalt war gewöhnlich erst nach einer bestimmten Anzahl von Tagen oder Jahren erlaubt. Der spätere, häufig in Hexenprozessen vorkommende Aberglaube ließ die Verwandlung bewirken durch einen aus Menschenhaut geschnittenen und um den Leib gebundenen Riemen; auch konnte die Werwolfsnatur angeboren sein. Der W., welcher besonders in den Zwölften umgeht, gräbt Leichen aus, ist aber auch nach Blut gierig und raubt Knaben und Mädchen. Ursprung und Grundbedeutung dieser uralten mytholog. Vorstellung ist noch nicht hinreichend ermittelt. Nahe verwandt ist ihr eine mit gestörter Phantasie zusammenhängende Krankheitsform, die Lykanthropie, welche zuerst von spätern griech. Ärzten erwähnt wird und zuweilen mit