Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Weser; Wesergebirge

651

Weser - Wesergebirge

Weser (lat. Visurgis, altdeutsch Visuracha, Wisera, Wisura), einer der Hauptflüsse Deutschlands, entsteht aus der Werra (s. d.) und Fulda (s. d.), die sich bei Münden vereinigen, fließt zunächst mit mancherlei Windungen gegen NW., nimmt bei Carlshafen links die Diemel auf, wendet sich nach Aufnahme der von links kommenden Nethe über Höxter, Corvei, Holzminden, Emmern, wo links die Emmer einmündet, Hameln gegen N. und über Rinteln gegen NW., durchbricht nach Aufnahme der Werre (s. d.) in der Porta Westphalica (s. Westfälische Pforte) oberhalb Preußisch-Minden die Weserkette, den nördl. Rand des Wesergebirges, welches sie bis dahin in einem schönen Thale durchflossen, und geht nun über Petershagen, Nienburg und Hoya, dann gegen NW. über Bremen und Vegesack. Zuletzt scheidet sie in ihrem nördl. Laufe Oldenburg und Preußen (Hannover, dort die Hafenplätze Elsfleth, unterhalb der Mündung der Hunte, sodann Brake und Nordenham, hier Geestemünde und Bremerhaven berührend, und mündet unterhalb Bremerhavens in die Nordsee, im O. des Jadebusens.

Ihr Lauf beträgt 437 km, bis zur Werraquelle 706 km, ihr Flußgebiet 41577 qkm. Schiffbare Flüsse nimmt sie nur im Tieflande auf, nämlich rechts die Aller mit der Leine, die Lesum oder die mit der Hamme vereinigte Wümme bei Vegesack, die Lune und die Geeste, links die Ochtum, Hunte und Ollen. Außerdem mündet links oberhalb Nienburg die Aue. Die Normalbreite der W. beträgt bis Carlshafen 42‒61, bis zur Allermündung 50‒70, bei Bremen 220 m, bei Elsfleth bereits 1,9 und an der Mündung über 11 km. Die Mündungsstrecke (s. Karte: Seekarte) ist schon von Vegesack an von Inseln und Sänden durchsetzt, unter denen die Luhneplate, der Lang-Lütjen-Sand und die Robbenplate die wichtigsten sind. Die beiden letztern teilen unterhalb Blexen die W. in das flachere westliche (Fedderwarder) und das tiefere östliche (Wurster) Fahrwasser. Westlich von deren Vereinigung steht der Hohe-Weg-Leuchtturm, während 18 km weiter nordwestlich der Rote-Sand-Leuchtturm erbaut ist. Vom Hohen-Weg-Leuchtturm bis Geestemünde aufwärts wird seit 1896 die Außenweser nach einem vom Bremer Oberbaudirektor Franzius entworfenen Plane, über dessen Ausführung sich die Regierungen von Preußen, Oldenburg und Bremen und die Marineverwaltung geeinigt haben, seitens des bremischen Staates das Wurster Fahrwasser derart ausgebaut und vertieft, daß die geringste Tiefe zur Niedrigwasserzeit etwa 7,5 m beträgt. Auch die 1887‒95 mit 30 Mill. M. durchgeführte Korrektion der Unterweser von Bremerhaven-Geestemünde bis nach Bremen hinauf (s. Karte: Bremen und Bremerhaven) ist von Franzius entworfen und auf Kosten des bremischen Staates ausgeführt. Sie erlaubt, daß Seeschiffe von reichlich 5 m Tiefgang in den Freihafen der Stadt Bremen einlaufen können. Oberhalb Bremen, namentlich aber oberhalb Minden, ist das Fahrwasser der W. noch sehr verbesserungsbedürftig. Felsige Klippen, zu geringe Breiten, unzweckmäßige Anordnung von Brücken, besonders aber zu geringe Tiefen behindern die Schiffahrt. Immerhin ist für diese teils durch Anlage von Häfen, teils durch Korrektionsbauten von Preußen neuerdings viel geschehen, so daß sie mit einiger Regelmäßigkeit von Bremen bis Münden und von da in der kanalisierten Fulda bis Cassel hinauf, wo 1896 schon 12600 t Hafenverkehr war, mit 350-Tonnen-Schiffen betrieben werden kann. Hauptgegenstände des Weserhandels sind die Hölzer aus den Eichen- und Buchenwaldungen an den Ufern, die berühmten Höxter Steine und Platten, die Oberkirchener, Vlothoer und Portasteine, die Ausbeuten der Steinkohlenflöze in Schaumburg-Lippe, Hüttenprodukte Westfalens, Thonerden, Glas, Getreide, Kolonialwaren u. s. w. Die Hamelner Schleuse passierten 1895 zu Berg 471 beladene Schiffe mit 73060, zu Thal 492 mit 103600 t Gütern und 17701 t Floßholz. Zwischen Münden und Hameln findet ein ziemlich reger Personenverkehr auf der W. statt. In Bremen kamen an und gingen ab 1895 im Oberweserverkehr 2396 Flußschiffe mit 415069, im Unterweserverkehr 6753 Flußschiffe mit 1429894 t Tragfähigkeit.

Die Schiffahrt war früher durch die vielen Uferstaaten, durch das Stapelrecht einzelner Städte, durch die Vorrechte der Weserschiffahrtsgilden sowie durch Zölle schweren Hindernissen unterworfen, bis endlich infolge des Wiener Kongresses sämtliche Uferstaaten 10. Sept. 1823 eine Schiffahrtsakte unterzeichneten, die Gleichmäßigkeit der Abgaben und Schiffahrtsfreiheit von Münden bis zur Mündung aussprach und einen festen Weserzoll aufstellte, der jedoch später noch herabgesetzt und durch Vertrag vom 26. Jan. 1856 zwischen Preußen, Hannover, Kurhessen und Bremen ganz suspendiert wurde. Gleichzeitig erfolgte zwischen Preußen und Bremen der Abschluß eines Vertrags. Eine Additionalakte, welche 1. Sept. 1858 in Wirksamkeit trat, brachte Verbesserungen für die Schiffahrt wie für die Strombauten. Von besonderer Wichtigkeit für die Weserschiffahrt wurde der 1888 erfolgte Zollanschluß Bremens, welches einen großen Freihafen baute, der im Okt. 1889 eröffnet wurde.

Vgl. Kohl, Nordwestdeutsche Skizzen (2 Tle., Brem. 1864); Struck, Wanderungen durch das Stromgebiet der W. (Hannov. 1877); Franzius, Die Korrektion der Unterweser (Lpz. 1895); Geck, Rhein-Weser-Elbe-Kanal (Hannov. 1894 und 1896); Kurs, Tabellarische Nachrichten über die flößbaren und die schiffbaren Wasserstraßen des Deutschen Reichs (Berl. 1894)) ^[richtig: 1894)].

Wesergebirge, Weserbergland, Weserterrasse, gemeinschaftlicher Name der Bergzüge und Hügellandschaften, welche den obern Lauf der Weser von Münden bis Minden begleiten und von dem Flusse in das ostfäl. und westfäl. Bergland geteilt werden. Im O. durch das Thal der Leine von dem Göttinger Walde und den westlichsten Vorhöhen des Harzes getrennt, im S. mit dem hess. Berglande, im SW. mit dem niederrhein. Gebirge verwachsen, erstreckt es sich als der äußerste Vorsprung des deutschen Mittelgebirges in die Norddeutsche Tiefebene hinein, in welcher es die große Westfälische oder Münstersche Bucht abscheidet. Die einzelnen waldreichen Bergzüge haben die Richtung nach NW. und erreichen selbst in ihren höchsten Kuppen kaum 520 m Höhe. Was ihnen aber den Gebirgscharakter verleiht, das ist der plateauartige Zusammenhang ihrer Massen, die wallförmige, oft scharf markierte Gestalt der einzelnen Ketten und ihre bedeutende relative Erhebung (325‒390 m). S. Karte: Hannover, Schleswig-Holstein u. s. w.

In der östl. Weserterrasse liegen von S. nach N. der Bramwald (s. d.), das plateauartige Sandsteingebirge des Sollinger Waldes oder Sollings (s. d.),