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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Witkowo - Witte (Karl)

an der Ostrau-Friedlander Bahn (Station Ostrau-W.) und der Lokalbahn Přivoz-Mährisch-Ostrau, hat (1890) 10 294 meist deutsche E.; Kohlenbergwerke und Eisenwerke der Witkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengesellschaft mit über 10 000 Arbeitern.

Witkowo. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Bromberg, hat 588,35 qkm und (1895) 25 330 (12 185 männl., 13 145 weibl.) E., 4 Städte, 84 Landgemeinden und 60 Gutsbezirke. - 2) Kreisstadt im Kreis W., an der Linie Gnesen-Powitz der Witkowoer Kreisbahnen (s. d., Bd. 17), Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Gnesen), hat (1895) 1545 E., darunter 171 Evangelische und 219 Israeliten, Post, Telegraph, kath. und evang. Kirche und Privatmädchenschule.

Witold, Großfürst von Litauen, war der Enkel Gedimins (s. d.) und der Sohn des litauischen Großfürsten Kejstut. Nach langem Streite um die Herrschaft mit Jagello (s. d.) söhnte er sich mit diesem aus und ließ sich 1386 in Krakau taufen. Doch erst nach neuen Kämpfen (1392) überließ ihm Jagello die Herrschaft über Litauen, das darauf unter ihm zur höchsten Macht und Blüte gelangte. W. eroberte auch Podolien, Kiew und Smolensk und machte in Kriegen mit Russen, Tataren und Ordensrittern seinen Namen berühmt. Er starb 1430 in Troki.

Witschwesi, s. Unjoro.

Witt, Jan de, niederländ. Staatsmann, geb. 1625 in Dordrecht, war der Sohn des dortigen Bürgermeisters Jakob de W., der als Gegner des Prinzen Wilhelm II. von Oranien einige Zeit gefangen saß. Der Sohn erbte vom Vater die Abneigung gegen das Haus Oranien. Er war einer der Deputierten, die die Stände der Provinz Holland 1652 nach Seeland schickten, um diese Landschaft von der Ernennung des zweijährigen Prinzen Wilhelm III. zum Generalkapitän abzubringen. Seitdem galt W. als Führer der republikanisch-ständischen Partei, die die Statthalterschaft gänzlich aufzuheben strebte, wie denn auch seit dem Tode Wilhelms II. 1650 in den meisten Provinzen kein Statthalter an der Spitze der Regierung stand. In dieser sog. ersten statthalterlosen Zeit 1650-72 war de W. als Ratspensionär Hollands in Wirklichkeit der oberste Leiter der ganzen Republik. Der Friede nach dem ersten engl. Seekrieg 1652-54 ward wesentlich dadurch herbeigeführt, daß Holland auf Betreiben W.s an Cromwell, der die Erhebung der Oranier, der Verwandten der Stuarts, hintertreiben wollte, das Versprechen gab, niemals den Prinzen oder seine Nachkommen zum Statthalter zu ernennen (Ausschließungsakte). Darauf ordnete W. die Finanzen. Durch ihn nahm die Seemacht Hollands den höchsten Aufschwung. Weil ihm eine Alleinherrschaft Schwedens über die Ostsee für den Handel der Niederländer gefährlich schien, schützte er 1656 Polen, später 1658 und 1659 Dänemark gegen den Schwedenkönig Karl X. W. war der Urheber eines Systems des polit. Gleichgewichts, in dem er durch die gegenseitige Rivalität seiner gefährlichsten Gegner, England und Frankreich, sich zu halten suchte; mit beiden wurden daher 1662 Defensivverträge abgeschlossen. Glänzend bethätigte sich W. auch in dem zweiten engl. Seekriege 1665-67. Nach der schweren Niederlage bei Lowestoft führte W. selbst die Flotte wieder ins Meer bei einer Windesrichtung, bei der nach damaliger Ansicht dies unmöglich schien; auch setzte er die Expedition auf der Themse nach Chatham ins Werk, welche den Frieden von Breda 1667 herbeiführte. Die Tripelallianz von 1668 zwischen der Republik, Großbritannien und Schweden nötigte den franz. König Ludwig XIV., den sog. Devolutionskrieg (s. d.) zu beendigen und auf die vollständige Eroberung der span. Niederlande zu verzichten.

Inzwischen war Prinz Wilhelm III. aufgewachsen und suchte das Ansehen seines Hauses wiederherzustellen. Dagegen setzte W. es durch im sog. Ewigen Edikt (s. d.), daß die Provinz Holland im Dez. 1667 die Statthalterschaft auf immer abschaffte und sich anheischig machte, bei den übrigen Provinzen einen Beschluß zu erwirken zur Unvereinbarerklärung des Amtes eines Provinzialstatthalters mit der Würde eines Generalkapitäns der Union. Letzteres gelang 1670 bei der sog. Harmonie. Als aber Ludwig XIV. 1672 in die niederländ. Republik einfiel, kam es zu einem vollständigen polit. Umschwung. Man berief jetzt den Prinzen Wilhelm III. zum Generalkapitän der Republik wie auch zum Statthalter von Holland, während W. von seinem Amte als Ratspensionär zurücktreten mußte. Gleichzeitig wurde gegen seinen Bruder, Mitglied der Regierung von Dordrecht, Cornelius de W., geb. 25. Juni 1623, die Anklage erhoben, daß er dem Prinzen Wilhelm III. nach dem Leben getrachtet habe, und obwohl derselbe sogar unter der Folter seine Unschuld beteuerte, verurteilte der Gerichtshof ihn zur Verbannung. Als W. 20. Aug. 1672 seinen Bruder aus dem Gefängnis im Haag abholen wollte, kam es daselbst zu einem Auflauf. Der aufgereizte Pöbel erbrach das Gefängnis, ermordete beide Brüder und mißhandelte sogar die Leichen, ohne daß die Obrigkeit energisch einschritt. Auch ward niemals eine weitere Untersuchung wegen dieser Vorgänge angestellt. Unter den Schriften W.s sind seine "Memoires" (Haag 1706 u. ö.) und seine Briefe (5 Bde., Amsterd. 1725) hervorzuheben. - Vgl. Histoire de la vie et de la mort des deux illustres fréres Corneille et Jan de W. (2 Bde., Utrecht 1709); Simons, Jan de W. (2 Bde., Amsterd. 1832-36); Knottenbelt, Geschiedenis der staatkunde van Jan de W. (ebd. 1862); Geddes, Hostory of the administration of John de W. (Bd. 1, Lond. 1879); Lefèvre-Pontalis, Jean de W., grandpensionnaire de Hollande (2 Bde., Par. 1884).

Wittdün, Seebad (1897: 3006 Kurgäste) auf der Südspitze der Insel Amrum (s. d.); gehört einer Aktiengesellschaft (Sitz in Tondern).

Witte, Karl, Jurist und Danteforscher, geb. 1. Juli 1800 zu Lochau bei Halle, wo sein Vater (gest. 1. Aug. 1845) Pfarrer war. Die Fortschritte, die er in seiner Kindheit namentlich in Sprachen machte, erregten in jener Zeit Aufsehen, was den Vater späterhin zur Herausgabe von "Karl W. der jüngere, oder Erziehungs- und Bildungsgeschichte desselben" (2 Bde., Lpz. 1819) veranlaßte. Im Jan. 1810 bestand der Knabe auf der Thomasschule zu Leipzig das Abiturientenexamen, worauf er als Student der dortigen Universität immatrikuliert ward. Auf Anordnung des Königs Hieronymus von Westfalen bezog er indes unter Führung seines Vaters die Universität Göttingen, wo er vier Jahre lang histor., linguistischen, mathem. und philos. Studien oblag. Im Jan. 1813 erschien seine lat. Abhandlung über die Konchoide des Nikomedes, eine Kurve des vierten Grades, auf Grund deren er 10. April 1814 zu Gießen die philos. Doktorwürde erhielt. Er studierte 1814-16 in Heidelberg Jurisprudenz und bewarb sich im Winter 1816-17 an der Universität