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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Witten - Wittenberg

zurück. Sein Sohn Ludwig I. (s. d., 1183-1231) vermählte seinen Sohn Otto II. (s. d., 1231-53) mit einer Tochter des Pfalzgrafen Heinrich, der ohne männliche Nachkommen starb, worauf die Rheinpfalz an das Haus W. kam. Nach Ottos Tode 1253 wurde 1255 sein Land geteilt unter seine Söhne Ludwig II. (s. d.), der die Pfalz und Oberbayern, und Heinrich, der Niederbayern erhielt. (S. Pfalz.) Die Kurwürde, anfangs von beiden Linien gemeinsam geübt, blieb infolge einer Verfügung unter Kaiser Karl IV. bei der pfälz.-wittelsbachischen Linie, bis im Westfälischen Frieden die Kurwürde an Bayern übertragen und für die Pfalz eine neue geschaffen wurde. 1654-1718 hatte die Linie Pfalz-Zweibrücken den Thron in Schweden (s. d., Geschichte) inne. Mit Max Joseph erlosch 1777 das Wittelsbachsche Haus in Bayern, das nun an die pfälz. Linie fiel. Kurfürst Maximilian nahm 1806 den Königstitel an. - Vgl. Böhmer, Wittelsbachsche Regesten (Stuttg. 1851); Wittmann, Monumenta Wittelsbacensia (2 Bde., Münch. 1857-61); Riezler, Zur ältern bayr. Geschichte (in den "Forschungen zur deutschen Geschichte", Bd. 18, Gott. 1878); Heigel, Die Wittelsbacher (Münch. 1880); ders., Die Wittelsbacher in Schweden (ebd. 1881); Leitschuh, Die Wittelsbacher in Bayern (2. Aufl., Bamb. 1894).

Witten, Wittenpfennig (d. i. weißer Pfennig), kleine Silbermünze Norddeutschlands, zuerst 1325 in Hamburg und Lübeck geprägt, war gleich 1 Pfennigen oder 2 Blasserten, 11-15lötig und durchschnittlich etwas über 1 g schwer. Er war bis ins 15. Jahrh. hinein die größte Silbermünze Lübischer Währung; mit dem Beginn des 16. Jahrh. hörte seine Prägung auf. Später wurde der W., auch Landwitt genannt, kupferne Scheidemünze, so in Braunschweig-Lüneburg und Dänemark im 17., in Mecklenburg im 18. und 19. Jahrh.

Witten, Stadt im Landkreis Bochum des preuß. Reg.-Bez. Arnsberg, 9 km von Bochum, an der Ruhr, den Linien Dortmund-W.-Hagen (30,9 Km), Langendreer-W. (5,3 km) und der Nebenlinie Langendreer-Löttringhausen der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Bochum), Bergamtes und einer Reichsbanknebenstelle, hat (1895) 28 769 (14 814 männl., 13 955 weibl.) E., darunter 7949 Katholiken und 394 Israeliten, Postamt erster Klasse, Telegraph, zwei kath., eine evang. und altkath. Kirche, Synagoge, Realgymnasium, höhere Mädchenschule, gewerbliche Fortbildungs-, Bergvorschule, zwei Gasanstalten, Wasserleitung, Kanalisation, Schlachthaus; großes Gußstahlwerk, Eisenbahnhauptwerkstätte, Walzwerke, Eisengießereien, Maschinen-, Dampfkessel- und Feilenfabriken, zwei große Hütten für Tafelglas, Branntweinbrennereien, Brauereien, Dampfmühle, Ringöfen für Ziegel- und Chamottesteine und ein Steinkohlenbergwerk (Zeche Hamburg und Franziska).

Wittenberg. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Merseburg, hat 824,37 qkm und (1895) 57 673 E., 5 Städte, 101 Landgemeinden und 22 Gutsbezirke. - 2) Kreisstadt im Kreis W., an der Elbe, über die eine steinerne Brücke (276 m) und eine Eisenbahnbrücke (294 m) führen, an den Linien Berlin-Halle, Berlin-Leipzig, Kohlfurt-Falkenberg-Roßlau, W.-Cöthen-Aschersleben (101,6 km) und der Nebenlinie W.-Torgau (45,4km) der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Torgau), Hauptsteuer-, Katasteramtes und Artilleriedepots, hat (1895) 16 479 (8838 männl., 7641 weibl.) E., darunter 827 Katholiken und 66 Israeliten, in Garnison das Infanterieregiment Graf Tauenzin von Wittenberg (3. brandenb.) Nr. 20, Stab und 1. Bataillon des Infanterieregiments Nr. 151 und die reitende Abteilung des magdeb. Feldartillerieregiments Nr. 4, ein Postamt erster Klasse nebst Zweigstelle und Telegraph, Fernsprecheinrichtung, drei Vorstädte (Friedrichsstadt, Elstervorstadt, Schloßvorstadt), Denkmäler Luthers (1822) von Schadow und Melanchthons (1865) von Drake auf dem Marktplatz, Kaiser Friedrichs III. (1894) vor der Schloßkirche, Bugenhagens vor der Stadtkirche, des Stadtrats Eunike, Schöpfers der Anlagen vor dem Schloß und Neuen Thor, und ein Kriegerdenkmal, zwei evang. Kirchen (Stadt- und Schloßkirche), evang. Kapelle, kath. Kirche, Türme des 1760 zerstörten ehemaligen kurfürstl. Residenzschlosses, ein Gymnasium mit Vorbereitungsschule, köniql. Predigerseminar (31. Okt. 1817 von Friedrich Wilhelm III. gegründet), private höhere Mädchenschule, landwirtschaftliche Winter-, Gärtner-, Handwerker- und kaufmännische Fortbildungsschule, Hebammenlehranstalt, städtische und Kreissparkasse, Vorschußverein, Spar- und Leihbank, Krankenhaus, Paul-Gerhardt-Stift, Siechenhaus, Wilhelm-Augusta-Bürgerhospital, Knabenrettungshaus, Wasserleitung, Kanalisation und Gasanstalt. Die 1502 von Friedrich dem Weisen in W. gestiftete Universität wurde 1815 mit der Universität Halle (s. d.) vereinigt. Vor dem Elsterthore bezeichnet die von einem Geländer umschlossene Luthereiche die Stelle, auf der Luther 10. Dez. 1520 die päpstl. Bulle verbrannte. An Stelle der seit 1873 niedergelegten Festungswerke sind Anlagen und neue Straßen getreten.

^[Abb.]

Von Gebäuden sind bemerkenswert die von Friedrich dem Weisen 1490-99 erbaute Schloß- und Universitätskirche mit den Gräbern von Luther, Melanchthon, Friedrich dem Weisen und Johann dem Beständigen, an deren Thüren Luther 31. Okt. 1517 seine berühmten 95 Sätze anschlug und die nach schweren Beschädigungen, die sie wahrend der Belagerungen 1760 und 1813 erlitten hatte, 1817 wiederhergestellt wurde. Die ehemaligen hölzernen Thüren ließ König Friedrich Wilhelm IV. 1858 durch eherne ersetzen, mit dem lat. Wortlaut von Luthers Sätzen. Am 31. Okt. 1892 wurde die Kirche nach einer völligen Erneuerung im Beisein des Kaisers und vieler deutschen Fürsten neu geweiht. In der Stadtkirche ein berühmtes großes Gemälde von Lukas Cranach, Abendmahl, Taufe und Beichte darstellend. Ferner sind zu erwähnen: das Rathaus, 1523 im Bau begonnen, mit histor. Merkwürdigkeiten, besonders aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges; das frühere Augustinerkloster, jetzt Predigerseminar, einst von Luther bewohnt, dessen Stube in ihrem alten Zustande gezeigt wird; das renovierte Lutherhaus mit der Reformationshalle, einer Sammlung wertvoller Bilder, Autographen, Schriften, Medaillen u. s. w., auf Luther und die Reformatoren bezüglich, besonders Cranachsche Bilder, z. B. die Darstellung der Zehn Gebote und eine Kreidezeichnung (die Bibelübersetzung); die Wohnhäuser Melanchthons und Lukas Cranachs sind durch Tafeln bezeichnet.

Die Stadt hat drei Eisengießereien und Maschinenfabriken, Fabriken für Sprit, ätherische Öle, Thon-^[folgende Seite]