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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wittenberge - Wittgensdorf

und Cementwaren, elektrische Anlagen und Seifenpulver, Ziegeleien, Mühlen, Dampfsägewerke, Woll-, Kram und Viehmärkte, Landwirtschaft und Gemüsebau (besonders in den Vorstädten). Die ehemals bedeutende Tuchfabrikation ist eingegangen.

Geschichte. W. war seit Albrecht I., dessen Linie auch den Namen Sachsen-Wittenberg erhielt, bis zum Tode Albrechts III. (1422) Residenz der Herzöge und Kurfürsten von Sachsen und blieb dann auch noch die Hauptstadt des ehemaligen Kurkreises. Nach der Schlacht bei Mühlberg (1547) wurde W. vom Kaiser Karl V. eingenommen, im Siebenjährigen Kriege wurde es vom 10. bis 14. Okt. 1760 durch die Reichsarmee beschossen und zur Übergabe genötigt. Auf Napoleons I. Befehl wurde die Stadt 1813 unter dem Marschall Victor wieder als Festung hergestellt. Vom 26. März bis 20. April durch das Korps des Generallieutenants von Kleist blockiert, wurde sie nach der Schlacht bei Dennewitz (6. Sept.) vom Bülowschen Korps eingeschlossen und in der Nacht vom 12. bis 13. Jan. 1814 erstürmt. General Tauenzin (s. d.), der Leiter dieser Belagerung, erhielt den Ehrennamen Tauenzin von Wittenberg. 1873 wurde W. als Festung aufgegeben.

Vgl. Schadow, W.s Denkmäler der Bildnerei, Baukunst und Malerei, mit histor. und artistischen Erläuterungen (Wittenb. 1825); Meyner, Geschichte der Stadt W. (Dess. 1845); Stier, Die Schloßkirche zu W. (Wittenb. 1860); Bernhardt, W. vor 50 Jahren (ebd.1864); Schild, Die Denkwürdigkeiten W.s. Ein Führer durch die Lutherstadt (3. Aufl., ebd. 1892); Zitzlaff, Die Begräbnisstätten W.s und ihre Denkmäler (ebd. 1897).

Wittenberge, Stadt im Kreis Westprignitz des preuß. Reg.-Bez. Potsdam, an der Elbe, unweit des Einflusses der Stepenitz in dieselbe, an den Linien Berlin-W.-Hamburg (236 km), W.-Lüneburg (102,5 km), Stendal-W. (50,3 km) der Preuß. Staatsbahnen und der W.-Perleberger Eisenbahn (10,5 km, Nebenbahn), Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Neuruppin), hat (1895) 14 561 (7109 männl., 7452 weibl.) E., darunter 540 Katholiken und 63 Israeliten, zwei Postämter zweiter Klasse mit Telegraph, Fernsprecheinrichtung, eine großartige Elbbrücke (1590 m lang), 1851 von von Unruh mit einem Kostenaufwand von 4¾ Mill. M. erbaut, mit einem Brückenkopf und 35 Pfeilern, evang. Kirche (1871), kath. Kirche, private Realschule, Rektoratschule, städtisches Krankenhaus, Sparkasse, Vorschußverein, Gasanstalt, Schlachthof; Eisenbahnhauptwerkstätte, Woll-, Tuch-, Shoddy-, Fett- und Ölfabrikation, Ziegelei, Fischerei, lebhafte Schiffahrt und Transithandel. W. wird bereits 811 genannt; 1757 brannte die Stadt vollständig nieder.

Wittenburg, Stadt in Mecklenburg-Schwerin, 27 km südwestlich von Schwerin, an der Nebenlinie W.-Hagenow (15,5 km) der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Schwerin), hat (1895) 3319 E., darunter etwa 20 Katholiken und 20 Israeliten, Postamt zweiter Klasse, Telegraph; Ziegeleien, Dampfsägewerke, Dampf- und Wassermühle.

Wittenpfennig, s. Witten.

Wittenweier, bad. Dorf, s. Bd. 17.

Witterung, Wetter, der Zustand der Atmosphäre in einer bestimmten Zeit. Zur Charakterisierung pflegt man Temperatur und Feuchtigkeit der Luft, Richtung und Stärke des Windes, Grad und Form der Bewölkung und des Niederschlags anzugeben. Die aus Beobachtungen mehrerer Jahre sich ergebenden mittlern Witterungsverhältnisse charakterisieren das Klima (s. d.) eines Ortes. Die W. unterliegt fast beständigen Änderungen, deren Größe und Art ganz von der Lage des Ortes auf der Erde abhängen. Im allgemeinen ist der Wechsel der W. gering in den Tropen und wird nach den Polen zu immer größer. Aber auch hier machen sich vielerlei Einflüsse geltend. Bei uns ist man durch das Studium der in den Wetterkarten zur Darstellung gebrachten gleichzeitigen Witterungszustände zu der Ansicht gekommen, daß die W. im engen Zusammenhang mit der Bewegung der Depressionen (s. d.) steht. Der Einfluß derselben ist aber ziemlich verwickelt und deshalb haben die auf Grund der Wetterkarten gestellten Prognosen (s. Wetterprognose) nicht den Grad der Genauigkeit, den man wünschen darf. Geht eine Depression über uns weg, so sind die Vorgänge meist einfach. Mit dem Herannahen von Westen her frischen die östl. Winde auf, es zeigt sich dann im Westen die Wolkenbank. Hat der Himmel sich umzogen und das Barometer den tiefsten Stand erreicht, dann springt der Wind um, und es tritt bei steigendem Barometer Regen ein. Die Wolken teilen sich dann, und es folgt nun der Depression die bekannte böige W. Die Depressionen bewegen sich im Norden, oft auch im Süden, selten im Centrum Europas hin. Die Einwirkung ist verwickelt, und eine Kleinigkeit kann oft ganz andere als die vom Prognosensteller vermuteten Witterungsverhältnisse verursachen. Man geht am sichersten, wenn man zu bestimmen sucht, woher die Luftströme stammen, die uns treffen. Stehen die Winde in England nach dem Festland zu, namentlich bei hohem Druck im Nordwesten und tiefem im Südosten, dann haben wir stärkstes Regenwetter. Umgekehrt ist die W. schön selbst dann, wenn uns die Depressionen nahekommen. Stets wird man finden, daß der Charakter der W. regnerisch ist, wenn man aus den Wetterkarten erkennen kann, daß uns vom Meere stammende Luftströme umfluten. Kommen diese Ströme vom festen Land, so ist der Wettercharakter trocken. Bei der Verwicklung der Erscheinungen ist es jedoch gar nicht möglich, eingehende, für alle Falle gültige Anleitungen zur Beurteilung der Witterungslage zu geben. Die Fähigkeit hierzu kann nur das regelmäßige aufmerksame Verfolgen der Witterungserscheinungen geben, wie sie von den meteorolog. Centralstellen in Wetterberichten (s. d.) veröffentlicht werden. (S. auch Meteorologie.) - Vgl. van Bebber, Handbuch der Witterungskunde (2 Bde., Stuttg. 1885-86); ders., Hygieinische Meteorologie (ebd. 1895); Abercromby, Das Wetter (deutsch von Pernter, Freiburg 1894).

Witterung, in der Jägersprache stark riechende Köder, die in Eisen und Fallen zum Anlocken der Raubtiere ausgelegt werden und zugleich zum Verdecken der Fallen dienen; auch der für die Nase der Hunde empfindliche Geruch in der Fährte frisch gewechselten oder in der Nähe befindlichen Wildes.

Witterungskunde, s. Meteorologie.

Wittgensdorf, Dorf und Rittergut in der Amtshauptmannschaft Chemnitz der sächs. Kreishauptmannschaft Zwickau, am Chemnitzfluß, an der Linie Leipzig- Chemnitz und der Nebenlinie W.-Limbach (6,4 km) der Sächs. Staatsbahnen, hat (1895) 5201 E., darunter 101 Katholiken, Post, Telegraph, Rathaus, Armen- und Krankenhaus, Gemeindesparkasse; Baumwollspinnerei, Fabriken für Strumpfwaren und Handschuhe, je zwei große