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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wjasma - Wlachen

hilfe des Unterrichtsministers, zuletzt Mitglied des Staatsrates und hatte den Titel eines Obermundschenks; er starb 22. (10.) Nov. 1878 in Baden-Baden. W.s litterar. Thätigkeit umfaßt einen Zeitraum von fast 70 Jahren; er gehörte schon dem litterar. Klub "Arsamas" an, war mit Puschkin befreundet. Seine Gedichte zeichnen sich durch tiefes Gefühl, Witz und gefällige Sprache aus; ferner schrieb er litterarhistor. Biographien, Kritiken u. s. w. Seine gesammelten Werke erschienen in 11 Bänden (Mosk.1886). Auch veröffentlichte er "Lettres d'un vétéran russe de l'année 1812 sur la question d'Orient, publiées par P. d'Ostafievo" (Par. 1855). Wertvoll für die Zeitgeschichte sind auch W.s Briefe.

Wjasma (Vjaźma). 1) Kreis im mittlern östl. Teil des russ. Gouvernements Smolensk, im Gebiet des Dnjepr und der Wasusa (zur Wolga), hat 3098,6 qkm, 90 210 E.; Getreide-, Flachsbau, Viehzucht, Hausindustrie und einige Fabriken. - 2) Kreisstadt im Kreis W. an der W. (zum Dnjepr) und Bebreja sowie an den Eisenbahnen W.-Sysran, Moskau-Brest und Rshew-W., hat (1893) 16 791 E., 17 Kirchen, 2 Klöster, ein Knaben- und ein Mädchengymnasium; Gerberei, Tabakfabrik, Stadtbank, Handel; liefert berühmte Pfefferkuchen. W. dient als Stapelplatz für die Häfen von Petersburg und Riga. - In W. wurde 1631 der Friede zwischen Rußland und Polen geschlossen, und 3. Nov. (22. Okt.) 1812 siegten hier die Russen unter Miloradowitsch über die Franzosen.

Wjatka, rechter Nebenfluß der Kama im russ. Gouvernement W., entspringt unweit von den Quellen der Kama, fließt in einem waldreichen Gebiet anfänglich nach N., dann nach W., nach SW., zuletzt nach SO. und mündet nach 1142 km, fast auf ganzer Länge schiffbar; im Sommer gehen Dampfer bis zur Stadt Slobodskoj.

Wjatka. 1) Gouvernement im östl. Teil des europ. Rußlands, im Gebiet der Kama und der W. (s. die Karten: Europäisches Rußland und Mittelrußland, beim Artikel Rußland), hat 153 658 qkm mit (1897) 3 082 615 E., d. i. 20 E. auf qkm. Die Oberfläche ist uneben, im Nordosten bergig, der Boden morastig, thonartig, nur stellenweise Schwarzerde. Wald nimmt 7,79 Mill. Dessatinen ein. An Mineralien finden sich Eisen-, Kupfererz, Kalk, Alabaster u. a. Das Klima ist rauh, die mittlere Jahrestemperatur 1,7 °C. Die Bevölkerung besteht aus Russen (80 Proz.), Wotjaken (361 500), Tschuwaschen, Tscheremissen u. a. Die Beschäftigung besteht in Ackerbau (besonders Flachs- und Hanfbau), Viehzucht, bedeutender Hausindustrie (Bearbeitung von Leder-, Holzwaren, Musikinstrumenten, ferner Weberei, Wollstickerei und Färberei). Es giebt 11 Hüttenwerke für Kupfer und Eisen, über 660 Fabriken, namentlich Gerbereien, Maschinen- und Gewehrfabriken, Branntweinbrennereien; ferner 42 Mittel- und 890 niedere und Elementarschulen. Das Gouvernement zerfällt in elf Kreise: Glasow, Jaransk, Jelabuga, Kotelnitsch, Malmysh, Nolinsk, Orlow, Sarapul, Slobodskoj, Urshum und W. - 2) Kreis im nördl. Teil des Gouvernements W., im Gebiet der W. mit ihrem Zufluß Tschepza, hat 5945,2 qkm, 188 968 E.; Hausindustrie, viele Fabriken. - 3) Hauptstadt des Gouvernements und des Kreises W., am linken Ufer der W. und der Eisenbahn Perm-Kotlas (im Bau), Sitz des Gouverneurs und des Bischofs der Eparchie W. und Slobodskoj, hat (1897) 24 891 E., Denkmal Alexanders III., 22 Kirchen, 2 Klöster, Knaben- und Mädchengymnasium, Realschule, Geistliches Seminar, öffentliche Bibliothek und Museum; 3 Zeitungen, 15 Fabriken, Stadtbank, Filiale d er Russischen Reichs- und der Wolga-Kamakommerzbank, Flußhafen, Dampfschiffahrtsverbindung mit Kasan.

Wjelun. 1) Kreis im südl. Teil des russ.-poln. Gouvernements Kalisch, westlich an Preußen grenzend, im Gebiet der Warthe und Prosna, hat 2101,8 qkm, 138 886 E.; Wälder, Getreide-, Flachsbau, Viehzucht und 151 Fabriken. - 2) W., poln. Wieluń, Kreisstadt im Kreis W., in einem Kessel, dessen Wässer durch die Olesniza zur Warthe gehen, hat (1892) 5795 E., Post, Telegraph, fünf kath., eine russ. Kirche, ein kath. Kloster; betrieben wird hauptsächlich Brauerei, Seifensiederei, Töpferei, Handel mit Getreide, Spiritus, Wolle und Heu.

Wjernoje. 1) Kreis im mittlern Teil des russ. centralasiat. Gebietes Semirjetschensk, im Gebiet des Ili, hat 53 163,4 qkm, 201 614 E. (Kirgisen, Tarantscha, Dunganen u. a.); Getreide-, Obst- und Weinbau, Viehzucht, drei Branntweinbrennereien, Brauerei, acht Gerbereien, Tabakfabrik. - 2) W. oder Wjernyj, Hauptstadt des Gebietes Semirjetschensk und des Kreises W., in 740 m Seehöhe, am Nordfuß des Transilischen Alatau und an der Almatinka, Sitz des Gouverneurs, hat (1897) 22 982 E., drei russ. Kirchen, mehrere Moscheen und israel. Betschulen, ein Knaben-, ein Mädchengymnasium, Schule für Obstbau und Seidenzucht, öffentliche Bibliothek, Filiale der mittelasiat. Kommerzbank (in Taschkent); 14 Fabriken, Handel, in Stadt und Umgegend viele Aprikosen- und Apfelbäume sowie Viehzucht. W. wurde 1855 als Festung gegen die Karakirgisen gegründet. 1887 wurde es durch ein Erdbeben stark beschädigt. - Vgl. Brückner, Das Erdbeben von W. und seine Wirkungen im Alatau (im "Ausland", 1889, Nr. 26).

Wjestnik Ewropy, russ. Zeitschrift, s. Europäischer Bote.

Wjetsche (russ. věče), die Bezeichnung für die altruss. Volksversammlung, welche den Fürsten berief, Steuern bewilligte, über Krieg und Frieden entschied. Sie verlor allmählich ihre Bedeutung mit der Ausbildung des Landesfürstentums und hörte auf mit der Unterwerfung Rußlands unter die Mongolen. Nur in Nowgorod und Pskow erhielt sie sich bis zum Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrh. (S. Rußland, Geschichte.)

Wjuga (russ.), das Schneegestöber, der Schneesturm, besonders wie er in den russ. Steppen vorkommt. (S. auch Buran.)

Wkra, stellenweise auch Dzialdowka genannt, rechter Nebenfluß des Westlichen Bug, entspringt als Soldau im Kreise Neidenburg des preuß. Reg.-Bez. Königsberg und mündet nach 220 km oberhalb der Festung Nowogeorgijewsk im russ.-poln. Gouvernement Plozk.

w. L., in der Geographie Abkürzung für westl. Länge.

Wlachen (entsprechend dem deutschen Welsch, s. d.), slaw. Bezeichnung der roman. Völker, und zwar bei den Czechen und Polen der Italiener, bei den Russen, der Mehrzahl der südl. Slawen und auch bei den Griechen und Türken der Rumänen. Im mittelalterlichen Serbien, Dalmatien und Kroatien wurde W. die Bezeichnung für die Hirten gegenüber den Ackerbauern. Jetzt versteht man in Kroatien, Dalmatien, der Herzeqowina und Bosnien unter W. durch eine weitere Wandlung der Bedeutung meist die Christen der griech.-orient. Kirche.