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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wladika - Wladimir Alexandrowitsch

Wladika, Wladyka,in den slaw. Sprachen ursprünglich Herr, jetzt bei den Bulgaren und Serben Titel des Bischofs (gleichbedeutend mit dem griech. despótes), in Westeuropa meist bekannt als Titel der in Montenegro (s. d.) vor 1852 das Land regierenden Metropoliten.

Wladikawkas (Vladikavkaz). 1) Bezirk im südl. Teil des russ. Terekgebietes in Ciskaukasien, am Oberlauf des Terek und der Sunsha, hat 5689,9 qkm, 135 726 E., vorwiegend Osseten und Russen (1492); Acker-, Obstbau, Vieh-, Bienenzucht und Bergbau (Silber, Blei, Zink). - 2) W. (d. i. Beherrscherin des Kaukasus), ossetisch Kapkaj (d. i. Bergthor), tscherkessisch Terek-kala (d. i. Stadt am Terek), Hauptstadt des Terekgebietes und des Kreises W., unter 43° 2' nördl. Br. und 44° 40' westl. L. (von Greenwich), in 703 m Seehöhe auf erhöhter Ebene am Fuß des Berges Ilj, zu beiden Seiten des Terek, Endpunkt der Wladikawkaser Eisenbahn, ist Sitz des Gouverneurs, hat (1897) 43 843 E. (1859:2500, 1870: 10 000), vorwiegend Russen, Armenier und Juden, darunter 12 000 Mann Militär; russ. Kathedrale, 5 russ. und mehrere andere Kirchen, viele Gärten, ein Knaben-, ein Mädchengymnasium, Realschule, Theater, eine Zeitung, 54 Fabriken mit 2 Mill. Rubel Produktion, Filialen der Russischen Reichs- und der Asow-Donschen Kommerzbank. Der Handel ist bedeutend durch den Transit nach Transkaukasien. W. wurde 1784 zum Schutz der Grusinischen Heerstraße gegründet und war befestigt.

Wladikawkaser Eisenbahn, russ. Privatbahn von Rostow nach Wladikawkas (652 Werft), 1875 eröffnet (s. Russische Eisenbahnen, Übersicht A, II), umfaßt mit den Nebenlinien (seit 1895 hinzugekommen Kawkaskaja-Stawropol, 145 Werst, und Tichorezkaja-Welikoknjascheskaja, 166 Werst) 1528 Werst.

Wladimir. 1) Gouvernement im mittlern Teil des europ. Rußlands, zwischen dem Gouvernement Moskau im W. und Nishnij Nowgorod im O. (s. Karte: Mittelrußland, beim Artikel Rußland), im Gebiet von Flüssen, die zur Wolga gehen, namentlich der Oka, die hier die Kljasma aufnimmt, hat 48 856,7 qkm mit (1897) 1 570 730 E., d. i. 32,3 auf 1 qkm. Die Oberfläche ist hügelig, zum Teil mit Wäldern und Sümpfen bedeckt. Das Mineralreich liefert weißen Lehm, Eisenerz, Alabaster, Kalk. Der Boden ist thonig, morastig, sandig, nur im Norden fruchtbar. Die Bevölkerung ist großrussisch. Der Ackerbau steht in zweiter Linie, besonders wird Flachs gebaut; auch Obst, namentlich Kirschen. Bedeutend ist die Industrie. Es giebt gegen 1300 Fabriken mit 110 Mill. Rubel Produktion, namentlich Baumwollmanufakturen, Färbereien, Tuch-, Leinwand-, Glas-, chem. Fabriken, Eisengießereien. Auch die Hausindustrie ist sehr mannigfach und in einzelnen Zweigen an bestimmten Orten konzentriert, so im Dorf Choluj das Malen von Heiligenbildern (jährlich 1,2 Mill. Rubel Wert). Aus W. stammen die Ofeni (Einzahl Ofenja, Hausierer), die die Fabrikerzeugnisse in ganz Rußland verbreiten. Der Handel ist bedeutend. Das Eisenbahnnetz umfaßt 610 km. Es giebt 670 Schulen, darunter 649 Volksschulen. Das Gouvernement zerfällt in 13 Kreise: Alexandrow, Gorochow, Jurjew, Kowrow, Melenki, Murom, Perejaslawl, Pokrow, Schuia, Sudogda, Susdal, Wjasniki und W. - 2) Kreis im mittlern Teil des Gouvernements W., hat 2734,1 qkm, 149 236 E. - 3) Kreis im westl. Teil des russ. Gouvernements Volhynien, im SW. an Galizien, im W. an den Bug grenzend, hat 6482 qkm, 207 310 E.; Ackerbau, Zucht von Pferden. Rindern und besonders Schafen, bedeutende Branntweinbrennereien. - 4) W., auch W. an der Kljasma, früher W. Saljesskij genannt, Hauptstadt des Gouvernements und des Kreises W. 2, links an der Kljasma und an der Eisenbahn Moskau-Nishnij Nowgorod, Sitz des Gouverneurs, des Erzbischofs der Eparchie W. und Susdal, hat (1897) 28 286 E., einen Kreml, Reste ehemaliger Befestigung, das sog. Goldene Thor (zlatya vrata), einen zuerst 1158 erbauten Triumphbogen; 28 Kirchen, darunter viele altertümliche, namentlich die Uspenskij-Kathedrale und die Kathedrale des heil. Demetrius (s. Tafel: Russische Kunst II, Fig. 1), ein Knaben-, ein Mädchengymnasium, Geistliches Seminar, Bibliothek, drei Zeitungen, Theater, Filiale der Russischen Reichsbank, Obst-, besonders Kirschenbau, 22 Fabriken. W. wurde 1120 von Wladimir II. Monomach von Kiew gegründet und war 1157-1328 die Hauptstadt des Großfürstentums W. und dann noch bis 1432 die Krönungsstadt der Moskauer Großfürsten. - 5) W., auch W. Wolynskij, Kreisstadt im Kreis W. 3, rechts an der Luga (zum Bug), hat (1894) 8528 E., Post, Telegraph, zwei russ. Kirchen, ein Kloster, eine kath. Kirche, eine Synagoge und elf Fabriken. W. bestand schon im 10. Jahrh.

Wladimir, Name mehrerer russ. Fürsten:

W. I., Sohn des Fürsten Swjatoslaw, Großfürst von Rußland (980-1015), wurde nach dem Tode seiner beiden Brüder Herr des ganzen Russischen Reichs und vergrößerte dasselbe durch Besiegung benachbarter Völker, so daß unter ihm bereits das Russische Reich vom Dnjepr bis zum Ladogasee und bis an die Ufer der Düna reichte. Da W. auch im Innern des Reichs manche gute Einrichtungen traf, so gebührte ihm mit Recht der Beiname des Großen, den ihm sein Volk bei seinem Tode gab. Den Beinamen des Heiligen erwarb er sich dadurch, daß er bei Gelegenheit seiner Vermählung mit der Prinzessin Anna, Tochter des griech. Kaisers Romanos II., 988 sich taufen ließ und mit einem großen Teil seines Volks zur christl. Religion übertrat. Er wurde damit der Begründer der griech.-kath. Kirche in Rußland. Bei seinem Tode, 15. Juli 1015, teilte er sein Reich unter seine acht Söhne, womit er den Grund zu dem für Rußland verderblichen System der Teilfürstentümer (s. Rußland, Geschichte) legte. Die Kaiserin Katharina II. gründete ihm zu Ehren den Wladimirorden (s. d.), ebenso wurde nach ihm die Universität in Kiew die St. Wladimirs-Universität genannt. Im russ. Volksepos bildet W. den Mittelpunkt der Kiewer Tafelrunde.

W. II. Monomach, Großfürst von Kiew (1113-25), war einer der bedeutendsten russ. Fürsten des Mittelalters. Seine erste Regierungsthat war ein Gesetz gegen die Wucherzinsen und die Vertreibung der Juden, welche das Volk hart bedrängten. Ferner zwang er die Teilfürsten zur Anerkennung der Oberhoheit Kiews, wodurch er wieder den größten Teil Rußlands in einer Hand vereinigte. Auch stiftete er Kirchen und Klöster, gründete die Stadt Wladimir an der Kljasma, in der 1157 ein neues Großfürstentum errichtet wurde. W. war auch einer der ersten weltlichen Schriftsteller Rußlands; er schrieb eine "Belehrung" (Poučenije) über die Eigenschaften eines guten Fürsten. Er starb 19. Mai 1125.

Wladimir Alexandrowitsch, Großfürst von Rußland, dritter Sohn des Kaisers Alexander II.,