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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wollstein; Wöllstein; Wollstickerei; Wollwäsche; Wolmar; Wolmirstedt

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Wollstein – Wolmirstedt

Dem Entstauben folgt das eigentliche Säubern, wofür besondere Waschmaschinen konstruiert sind. Dieselben dienen hauptsächlich als Entfettungsmaschinen, da in ihnen die Wolle durch Behandlung mit schwachen Laugen oder fettauflösenden Mitteln, wie Schwefelkohlenstoff, Benzol u. s. w., von dem ihr anhaftenden Fett befreit und dann mit Wasser ausgewaschen und gespült wird. Neuerlich wendet man in Fabriken fast durchgängig kontinuierlich arbeitende Waschmaschinen, sog. Leviathans, an, welche meist ganz selbstthätig sind. Dem langen wannenförmigen Bottich, in welchem sich die Lauge befindet, wird die Wolle auf einem Lattentuch zugeführt. Hier wird sie in einzelnen Partien durch Rechen oder Gabeln, die eine greifende Bewegung ausführen, untergetaucht und gelockert, einem zweiten Rechen übergeben, der sie auf gleiche Weise durch die Lauge zieht und weiter befördert. Ein letzter Rechen hebt die Wolle auf ein Lattentuch, das sie nach einer Walzenpresse befördert; von hier gelangt sie zur nächsten Waschmaschine oder zur Spülmaschine, wo sie mit kaltem Wasser nachgespült wird. Hierauf gelangt dieselbe zwischen die Walzen einer zweiten Wollquetschmaschine, die zum Auspressen des Wassers aus der Wolle dient. Da die gewaschene und gepreßte Wolle immerhin noch viel Wasser enthält, wird dieselbe mittels hierzu konstruierter Centrifugen und hierauf durch Wärme in besondern Trockenräumen, häufiger mittels mechanisch bewegter Trockenmaschinen, wie sie bei der Appretur (s. d.) Verwendung finden, getrocknet. Die Wollschweißwässer werden eingedampft und auf Pottasche verarbeitet, während aus den Seifenwässern durch Zusatz von Säure oder von Kalk die Fettsäuren abgeschieden und wieder auf Seife oder zu Leuchtgas verarbeitet werden.

Handelt es sich um die Erzeugung wollfarbiger Tuche, so wird die Wolle nach dem Trocknen mit echten Farben (z. B. Indigo) gefärbt. Die so weit vorbereitete Wolle wird, wenn sie zu Streichgarn verarbeitet werden soll, durch das Wolfen aufgelockert und von fremden Bestandteilen, wie Staub, Stroh, Kletten u. s. w., befreit. Staubige, schmutzige und auch Abfallwolle wird zuerst einem Schlagwolf aufgegeben, dessen Konstruktion derjenigen eines Whippers (s. Baumwollspinnerei) entspricht und in welchem dieselbe durch mehrere auf zwei Wellen sitzende Reihen Schläger bearbeitet wird. Zum Öffnen und Klopfen der Wolle dient der Spiral-, Reiß- und Klopfwolf. Die durch ein endloses Lattentuch zugeführte Wolle wird von den auf schraubenförmigen Flügelblechen sitzenden Zähnen einer Trommel ergriffen, weiterhin durch die in Spirallinien auf der Welle befestigten Zinken geklopft und nach der entgegengesetzten Seite transportiert, wobei eine starke Ventilation stattfindet, die den Wollstaub durch das unter der Zinkenwelle liegende Sieb treibt und die Wolle selbst lockert. Es kommen auch Wölfe zur Verwendung, welche ausschließlich zum Lockern der Wolle dienen; dieselben haben nur eine mit Zinken besetzte Trommel von großem Durchmesser und führen den Namen Reiß- oder Droussetwölfe. Als bessere Vorbereitungsmaschine hat sich in den letzten Jahren der sog. Krempelwolf eingebürgert, welcher sich dem Reißwolf gegenüber durch eine gute Schonung des Spinngutes und eine innige Durchmischung desselben auszeichnet. Dies wird erreicht, indem bei diesem Wolf nach Art der Krempel über der Zahntrommel noch mehrere mit Zähnen besetzte Walzenpaare angeordnet sind, an welchen die von der Zahntrommel mitgeführte Wolle zu einer wiederholten Zerteilung gelangt. Um die Wolle von den ihr anhaftenden Kletten zu reinigen, bedient man sich des Klettenwolfs, welcher entweder derartig arbeitet, daß die Kletten aus der Wolle gleichsam herausgeschnitten werden, oder, was vorteilhafter für die Wolle erscheint, daß letztere von den Kletten abgezogen wird. In diesem Wolf wird die Wolle gelockert, vom Farbstaub u. s. w. mit Hilfe eines Ventilators gereinigt und dann der Klettenwalze, einer großen Trommel, übergeben, auf der die Kletten durch Schlagwalzen gänzlich beseitigt werden, worauf die Wolle durch eine Abstreich-Bürstwalze von der Klettenwalze abgenommen wird.

Neuerdings werden die Kletten zuweilen auf chem. Wege durch Carbonisieren (Behandeln der Wolle mit verdünnter Schwefel- oder Salzsäure und nachfolgendes Erhitzen und Schlagen) entfernt, wodurch die vegetabilischen Stoffe zerstört werden, während die Wollfaser nicht angegriffen wird.

In der Streichwollspinnerei ist es zur weitern Verarbeitung erforderlich, die Wolle mit etwas Öl anzufeuchten. Dies geschieht entweder vor oder nach dem Wolfen, und zwar entweder von Hand oder in einer Maschine, dem Ölwolf, welcher das Öl vor dem Wölfen in einem feinen Regen auf die Wolle ausfließen laßt. – Über die weitern Prozesse der W. s. Spinnerei.

Wollstein, Kreisstadt im Kreis Bomst des preuß. Reg.-Bez. Posen, an der Doyca, zwischen dem Wollsteiner See und Nelker See, an der Nebenlinie Bentschen-W.-Lissa der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes des Kreises Bomst und eines Amtsgerichts (Landgericht Meseritz), hat (1895) 3236 E., darunter 1435 Evangelische und 330 Israeliten, Postamt zweiter Klasse, evang. und kath. Kirche, höhere Knaben- und Mädchenschule, evang. und kath. Waisenhaus, zwei Krankenhäuser, Vorschußverein, städtische Sparkasse; Obstweinfabrik, Brauerei und Molkerei.

Wöllstein, Flecken im Kreis Alzey der hess. Provinz Rheinhessen, am Appelbach und der Nebenlinie Sprendlingen-W. (5,9 km) der Süddeutschen Eisenbahngesellschaft, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Mainz), hat (1895) 1741 E., darunter etwa 620 Katholiken und 60 Israeliten, Simultankirche, Präparandenanstalt; Acker- und Weinbau.

Wollstickerei, s. Stickerei.

Wollwäsche, s. Schaf.

Wolmar. 1) Kreis im westl. Teil des russ. Gouvernements Livland, am Rigaischen Meerbusen, hat 4959,6 qkm, 116478 E. (Letten); Ackerbau, Viehzucht, mehrere Fabriken. – 2) W., lett. Walmare, esthn. Wolmari-lin, Kreisstadt im Kreis W., rechts an der Aa und an der Linie Petersburg-Riga der Balt. Eisenbahn, hat (1890) 2644 E., Post, Telegraph, eine evang., eine russ. Kirche, Synagoge; Brauerei, Wollkämmerei, Flachs- und Viehmärkte.

Wolmirstedt. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Magdeburg, hat 695,74 qkm und (1895) 52415 (25484 männl., 26931 weibl.) E., 1 Stadt, 51 Landgemeinden und 17 Gutsbezirke. – 2) Kreisstadt im Kreis W., 14 km nördlich von Magdeburg, an der Ohre und der Linie Magdeburg-Stendal-Ülzen-Bremen der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Magdeburg), hat (1895) 4170 E., darunter 148 Katholiken und 20 Israeliten,