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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Württemberg (August, Prinz von) - Württemb.-Bayr. Dampfschiffahrtsanstalt

Landesverteidigung den zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Crailsheim-Heilbronn-Eppingen auszuführen und eine Eisenbahn von Sigmaringen nach Tuttlingen zu bauen, wozu das Reich bestimmte namhafte Beiträge zu zahlen sich verpflichtete. Die Kammern genehmigten den Vertrag. Am 8. Juni wurde der Landtag vertagt.

Für den 30. Aug. 1887 verstorbenen Minister Julius Holder wurde 9. Sept. der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Staatsrat Schmid, zum Minister des Innern ernannt. Die aus den 13. Sept. zu einer außerordentlichen Session einberufene Ständeversammlung beschloß in dreitägiger Sitzung den Beitritt W.s zur Reichs-Branntweinsteuergemeinschaft. In einer zweimaligen Session vom 26. Jan. bis 20. Febr. und vom 20. Nov. bis 7. Dez. 1888 wurden die Ausführungsgesetze zu den Reichs-Unfall- und Krankenversicherungsgesetzen angenommen, ebenso ein Gesetz betreffend die Zwangsenteignung von Grundstücken. Ein größerer Gesetzesentwurf über das landwirtschaftliche Nachbarrecht scheiterte an der Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Kammern. Bei den Landtagswahlen vom 9. Jan. 1889 gewannen die Deutsche und die Landespartei vier weitere Sitze. Der neue Landtag, der vom 30. Jan. bis 7. Febr. und vom 3. April bis 28. Juni tagte, beschloß bei der günstigen Lage der Staatsfinanzen unter anderm eine allgemeine Besoldungsaufbesserung der Beamten, den Bau neuer Eisenbahnen (Nagold-Altensteig und Reutlingen-Honau-Münsigen), Ermäßigung der direkten Steuern sowie die Neuorganisation des Landarmenwesens. Mit der Reichstagswahl im Febr. 1890 begann ein Umschwung in den polit. Parteiverhältnissen des Landes. Die demokratische Partei gewann 9 neue Wahlkreise, die nationalliberale behauptete von 8 nur 3.

In den Kammerverhandlungen des J. 1891 wurden zwei Gesetzentwürfe der Regierung (betreffend eine Reform der Gemeindeverwaltung im Sinne größerer Selbständigkeit derselben und betreffend die Ortsschulbehörde) im wesentlichen angenommen. - Der seit September erkrankte König Karl starb 6. Okt. 1891. Eine von König Wilhelm II. bei seinem Regierungsantritt erlassene Amnestie kam 2800 Personen zu gute. Finanzminister wurde Staatsrat Dr. Riecke. In den Kammerverhandlungen von 1893 kam ein Gesetz über das landwirtschaftliche Nachbarrecht zu stande. Bei der Reichstagswahl vom Juni 1893 wurden 14 Gegner und nur 3 Freunde der Militärvorlage gewählt. Am 6. Dez. starb der allmählich von allen Seiten befeindete Staatsminister des Innern, Schmid; sein Nachfolger wurde Staatsrat Pischek.

Auf kirchlichem Gebiete schärften sich die konfessionellen Gegensätze immer mehr zu. Die rege Agitation des kath. Volksvereins (20 000 Mitglieder gegen 12 000 in Bayern) bereitete der Bildung eines württemb. Centrums den Weg. Die Wahlen für den neuen Landtag im Jan. 1895 brachten den völligen Umschwung (s. oben, S. 864 b), so daß der Führer der Volkspartei, Rechtsanwalt Payer, zum Präsidenten der Kammer gewählt wurde. Eine ausgedehnte Adreßdebatte zeigte den neuen Landtag in scheinbar völliger Eintracht, aber bei der Beratung des Religionsreversaliengesetzes brachte die neue Kammermehrheit (Demokratie und Centrum) das Gesetz durch ihren Widerspruch gegen die Bestimmung, daß die in die evang. Kirchenregierung zu berufenden höchsten Staatsbeamten (Minister und Geheimräte) von Amts wegen verpflichtet sein sollen, diesem Ruf zu folgen, zu Fall. Im Juli 1895 wurde die Entscheidung nach zweitägiger Debatte vertagt. Bei der neuen Beratung im Mai 1896 wurde der Regierungsentwurf in diesem wichtigen Punkte abgelehnt, worauf die Regierung den Entwurf zurückzog und ihn in ein rein kirchliches Gesetz aufnahm. Betreffs der Einkommensteuer wurde 1897 der Regierungsentwurf von der Zweiten Kammer in der Hauptsache angenommen. Im Juni ging dem Landtage auch ein Gesetzentwurf betreffend Abschaffung der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher zu, der 10jährige Wahlperiode vorschlägt; ferner ein Entwurf zur Verfassungsrevision betreffend Abänderung des Wahlgesetzes und betreffend die Wahl der Abgeordneten nach Kreisen.

Litteratur zur Geschichte. Wirtemb. Urkundbuch (Bd. 1-7, Stuttg. 1849-94); Württemb. Geschichtsquellen, hg. von Dietr. Schäfer (Bd. 1-3. ebd. 1894-96); Sattler, Geschichte des Herzogtums W. unter den Herzögen (13 Bde., Tüb. 1769-83); ders., Geschichte des Herzogtums W. unter den Grafen (2. Aufl., 4 Bde, ebd. 1775-78; Spittler, Geschichte W.s unter der Regierung der Grafen und Herzoge (Gött. 1783); ders., Vermischte Schriften über württemb. Geschichte, Statistik und öffentliches Recht (hg. von Wächter, 2 Bde., Stuttg. und Tüb. 1837); Pfaff, Geschichte des Fürstenhauses und Landes W. (4 Bde., Stuttg. 1835-39); Chr. F. von Stälin, Württemb. Geschichte (4 Bde., Stuttg. und Tüb. 1841-73); Fricker und Geßler, Geschichte der Verfassung W.s (Stuttg. 1869); P. F. Stälin, Geschichte W.s (Bd. 1, Gotha 1882-87); Illustrierte Geschichte von W. (Stuttg. 1886); Schneider, Württemb. Reformationsgeschichte (ebd. 1888); ders., Württemb. Geschichte (ebd. 1896); Heyd, Bibliographie der württemb. Geschichte (Bd. 1 u. 2, ebd. 1895 und 1896); Stälin und Bechtle, Die Herrschaftsgebiete des Königreichs W. nach dem Stande von 1801 (Karte), 1896.

Württemberg, August, Prinz von, s. August, Prinz von Württemberg.

Württemberg, Christian Friedr. Alexander, Graf von, Dichter, Sohn des Herzogs Wilhelm von W. und der Burggräfin von Tunderfeldt, geb. 5. Nov. 1801 in Kopenhagen, wo sein Vater Gouverneur war, trat früh in württemb. Militärdienste, hatte zuletzt den Rang eines Obersten und lebte, seit 1832 mit der Grafin Helena Festetics Tolna vermählt, abwechselnd in Eßlingen und Wien. Schon lange leidend, starb er 7. Juli 1844 in Wildbad. Als lyrischer Dichter, unter dem Einfluß der schwäb. Dichterschule und besonders seines Freunden Lenau stehend, trat W. zuerst im "Morgenblatt" unter dem Namen Sandor von S. auf; unter seinem eigenen Namen gab er dann Beiträge zu Chamissos und Schwabs "Deutschem Musenalmanach". Gesammelt erschienen sie u. d. T. "Gedichte" (Stuttg. 1837) und "Gesammelte Gedichte" (ebd. 1841), von denen vorzüglich die "Lieder eines Soldaten im Frieden" und die dichterischen Gemälde aus Ungarn sein Talent bekunden. Origineller bewegte sich der Dichter in den "Liedern des Sturms" (Stuttg. 1839).

Württemberg, Eugen, Herzog von, s. Eugen, Herzog von Württemberg.

Württemberger Hof, Fraktion der Deutschen Nationalversammlung, s. Centrum.

Württembergisch-Bayrische Dampfschifffahrtsanstalt, s. Donau.