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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Zeugenbeweis - Zeugnisverweigerung

Nach Vernehmung jedes Z. soll der Angeklagte befragt werden, ob er etwas zu erklären habe.

Die Vorschriften von der Vernehmung der Z. in §§. 150-172 der Österr. Strafprozeßordnung sind wesentlich übereinstimmend. Der Kreis der vom Zeugnis befreiten Seitenverwandten ist in §. 152, Nr. 1, etwas weiter gezogen als in §. 51, Nr. 3, der Deutschen Strafprozeßordnung, indem auch die Geschwister der Großeltern, Geschwisterkinder, Pflegeeltern und Kinder, Vormund und Mündel des Angeschuldigten befreit sind; die Verlobten sind dagegen nicht befreit. Der Untersuchungsrichter kann den Zeugniszwang durch Geldstrafe bis zu 400 Fl. und bei fernerer Weigerung in wichtigen Fällen durch Arrest bis zu sechs Wochen durchführen; der in der Hauptverhandlung ausgebliebene Z. kann zu 5-50 Fl. Geldstrafe verurteilt werden, muß, falls der Gerichtshof nicht die Verlesung seiner in der Voruntersuchung abgegebenen Aussage für hinreichend erachtet, die Kosten der vereitelten Sitzung tragen und kann zu der neu angeordneten vorgeführt werden (§§. 159, 160, 212, 213). Die Eidesmündigkeit beginnt nach §. 170 schon mit dem zurückgelegten 14. Lebensjahre; dagegen sind von der Beeidigung weiter ausgeschlossen Personen, die wegen eines Verbrechens sich in Untersuchung befinden oder die ihnen deswegen zuerkannte Freiheitsstrafe noch abzubüßen haben, die mit dem Beschuldigten in Feindschaft leben, und solche, die in ihrem Verhör wesentliche Umstände angegeben haben, deren Unwahrheit bewiesen ist und worüber sie nicht einen bloßen Irrtum nachweisen können. Entsprechend der vollen Durchführung des Anklageprincips kann nach §. 247 in der Hauptverhandlung die Beeidigung unterbleiben, wenn Ankläger und Angeklagter darüber einverstanden sind.

Zeugenbeweis, der durch Vernehmung von Zeugen gewöhnlich nach vorrangiger Vereidigung (promissorischer Eid) erhobene Beweis. (S. Zeuge.)

Zeugenrotul, s. Rotulus.

Zeugen- und Sachverständigengebühren. Im heutigen Rechtsleben wird den Zeugen (s. d.) und Sachverständigen (s. d.) Entschädigung für den durch das Erscheinen vor Gericht entstehenden Aufwand, einschließlich einer Entschädigung für Zeitversäumnis, gesetzlich zugesprochen. Nach §§. 366, 378 der Deutschen Civilprozeßordnung und §§ 70, 84 der Deutschen Strafprozeßordnung haben Zeugen und Sachverständige Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis und, wenn ihr Erscheinen eine Reise erforderlich macht, auf Erstattung der Kosten, welche durch die Reise und den Aufenthalt am Orte der Vernehmung verursacht werden, die Sachverständigen auch auf angemessene Vergütung ihrer Mühewaltung. Über die Höhe enthält die Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige vom 30. Juni 1878, in Kraft seit 1. Okt. 1879, mit einem Zusatzgesetz vom 11. Juni 1890, die maßgebenden Bestimmungen. Die Gebühren der Zeugen und Sachverständigen werden nur auf Verlangen derselben gewährt. Der Anspruch erlischt, wenn das Verlangen nicht innerhalb dreier Monate nach Beendigung der Zuziehung bei dem zuständigen Gericht angebracht wird. Die Festsetzung der Beträge erfolgt durch das Gericht oder den Richter, vor dem die Verhandlung stattgefunden hat, und gegen dieselbe ist Beschwerde an das nächsthöhere Gericht zulässig.

Zeugfarben, s. Färberei.

Zeug geben, s. Bier und Bierbrauerei, A, III.

Zeughaus, Arsenal, ein Gebäude, in welchem die Vorräte an Kriegsmaterial, namentlich Geschütze, Handwaffen, Fuhrwerke und sämtliche Ausrüstungsgegenstände aufbewahrt werden. Man unterscheidet Land- und Seearsenale, je nachdem sie für die Armee oder die Flotte bestimmt sind. Meist werden die großen Werkstätten, Geschützgießereien u. s. w. mit dem Z. vereinigt, die für die Marine mit ihren Etablissements (Werften, Reepschlägereien u. s. w.) in Kriegshäfen angelegt.

Zeugjagd, Zeugjagen, in der Jägersprache ein Treiben, bei dem das Wild mit Netzen, Tüchern, Lappen umstellt wird. (S. Jagdzeug.)

Zeuglodonten, eine besondere Familie zum Teil riesiger, fossiler Säugetiere, die den Waltieren durch ihr Skelett, den Seehunden durch ihre Bezahnung nahe stehen, genannt nach der besondern Gestalt ihrer Backzähne, die zweiwurzelig sind und auf dem Durchschnitt so aussehen, als beständen sie aus zwei durch eine Brücke verbundenen Hälften. Die Reste der typischen Gattung, deren Arten bis 20 m Länge erreichen, werden besonders in Alabama gefunden. Die schönsten Skelettreste befinden sich im Museum zu Berlin. - Vgl. J. Müller, Die fossilen Reste der Z. (Berl. 1849).

Zeugma (grch., "Verbindung"), grammatische Figur, bei der ein einziges Prädikat, besonders ein Verbum, auf mehrere Subjekte bezogen wird, während es streng genommen nur zu einem paßt. Der vermißte Begriff wird, als sinnverwandt, ergänzt, wie z. B. in dem Satze aus der Bibelübersetzung Luthers: "Die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten und seine Ohren auf ihr Schreien", zu dem zweiten Teile "hören" hinzuzudenken ist.

Zeugmeister, s. Antwerk, Arkeley und Zeug.

Zeugnis, die Aussage eines Zeugen; sodann, wie Attest und Testimonium, die urkundliche Bescheinigung einer Thatsache aus eigener Wissenschaft. Wer unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt oder als eine andere approbierte Medizinalperson oder unberechtigt unter dem Namen solcher Personen ein Z. über seinen oder eines andern Gesundheitszustand ausstellt oder ein derartiges echtes Z. verfälscht und davon zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften Gebrauch macht, wird nach Deutschem Strafgesetzb. §. 277 mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft. Zuständig: Strafkammer. (S. auch Führungszeugnis.)

Zeugnisverweigerung, die Weigerung, das von einer Behörde (z. B. dem Patentamt, oder dem Seeamt, oder einem Verwaltungsgericht) in einem geordneten Verfahren, namentlich aber von dem Civil- oder dem Strafgericht auf Grund des Gesetzes geforderte Zeugnis abzulegen. Über die Zeugnispflicht, die deshalb zulässigen Zwangsmittel und die Befreiung von der Zeugnispflicht s. Zeuge. Die Z. ist wiederholt von Redacteuren von Zeitungen geübt worden, wenn Mitteilungen veröffentlicht wurden, die nur zufolge eines Vertrauensbruchs in die Hände der Redaktion gelangt sein konnten und der Urheber der Mitteilung behufs disciplineller Ahndung durch den Zeugniszwang ermittelt werden sollte. Die Zwangsmaßregeln haben einerseits nicht immer zum Ziele geführt und sind andererseits wie ein Martyrium für die Bewahrung des Redaktionsgeheimnisses empfunden worden. Die Gesetzgebung hat noch nicht den Versuch gemacht, diesen Konflikt durch Erweiterung der Strafgesetzgebung gegen Teilnahme an einem Vertrauensmißbrauch zu lösen.