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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Zuckerarten

Zuckerverbrauch pro Kopf der Bevölkerung:

Länder 1888/89 kg 1891/92 kg 1893/94 kg 1894/95 kg

England 33,22 36,62 42,39 43,05

Dänemark 17,38 19,79 21,48 22,71

Frankreich 11,49 13,82 13,90 15,31

Schweiz 13,60 14,20 21,15 22,33

Holland 8,13 11,92 12,78 15,65

Belgien 9,62 9,66 10,87 11,25

Deutschland 8,30 10,69 13,36 13,39

Schweden u. Norwegen 9,58 10,95 12,41 12,48

Österreich 5,90 7,28 8,29 9,91

Portugal, Madeira 5,48 5,64 6,55 6,46

Spanien 4,01 5,02 6,24 6,84

Rußland 4,61 4,69 5,53 5,47

Türkei 2,70 4,22 3,63 3,83

Griechenland 4,80 3,91 3,65 3,13

Italien 4,04 3,26 3,54 3,33

Bulgarien 1,80 2,34 3,57 4,44

Serbien 2,15 1,73 2,13 2,01

Rumänien 2,20 1,77 2,04 2,02

^[Additionslinie]

Gesamteuropa 9,02 10,27 11,63 12,82

Nordamerika 24,00 29,62 33,32 31,30

^[Additionslinie]

Zusammen 11,12 13,12 14,67 15,54

Über den Zuckerhandel s. d.

Geschichtliches. Der Gebrauch, gewisse Nahrungsmittel zu versüßen, ist weit älter als die Kenntnis des Z. Die alten Völker verwendeten den Bienenhonig zum Versüßen der Speisen. Später lernte man einen Honig kennen, welcher aus einer Art Rohr ausschwitzte. Dioskorides sagt (1. Jahrh. n. Chr.), eine Honigsorte fände sich in dem Rohr einer Pflanze, welche in Indien und im Glücklichen Arabien vorkäme und Saccharon genannt werde. Es ist wahrscheinlich, daß erst durch die Kreuzzüge der Gebrauch des Z. in Mitteleuropa bekannt wurde. Die Kultur des Zuckerrohrs kam von Asien nach Cypern, wo es schon um 1150 gebaut wurde. 1506 ward es nach Westindien verpflanzt. Aus der Mitte des 15. Jahrh. datiert die Kunst, den Z. aus dem Safte des Rohrs einzusieden. Die Kunst, ihn zu raffinieren, ist jedoch viel später von einem Venetianer erfunden worden. 1597 existierte bereits eine Zuckersiederei (d. h. wohl Zuckerraffinerie) in Dresden. Noch bis zu Ende des 17. Jahrh. war der Z. so teuer in Deutschland, daß nur Wohlhabende davon Gebrauch machten. Nachdem der Rohrzucker lange vom Auslande bezogen und im nördl. Europa nur raffiniert worden war, kam zu dem aus Rohr erhaltenen Z. der aus der Rübe gewonnene, ferner in geringerer Menge der aus dem Safte des Zuckerahorns (s. Ahorn) und gewissen Palmenarten dargestellte. In Nordamerika wird jetzt auch aus Sorghum Z. fabrikmäßig hergestellt. (S. Sorghumzucker.) - Vgl. E. O. von Lippmann, Der Z., seine Derivate und sein Nachweis (Wien 1878); ders., Geschichte des Z., seiner Darstellung und Verwendung, seit den ältesten Zeiten bis zum Beginne der Rübenzuckerfabrikation (Lpz. 1890).

Zuckerarten. Der Begriff der Z. hat in der Chemie mehrfache Wandlungen erfahren. Früher bezeichnete man mit diesem Namen alle süß schmeckenden Substanzen von der Zusammensetzung C<sub>6</sub>H<sub>12</sub>O<sub>6</sub> (Gruppe des Traubenzuckers) und C<sub>12</sub>H<sub>22</sub>O<sub>11</sub> (Gruppe des Rohrzuckers) und rechnete gelegentlich wohl auch noch andere Verbindungen, wie den Mannit, C<sub>6</sub>H<sub>14</sub>O<sub>6</sub>, hinzu. Seitdem jedoch die chem. Konstitution der Z. festgestellt ist, und seit sich die Synthese in jüngster Zeit auch dieses Gebietes bemächtigt hat, ist man zu einer andern Definition gekommen. Einfache Z. nennt man jetzt ohne Rücksicht auf die Zusammensetzung süß schmeckende, zu den Kohlehydraten (s. d.) gehörende Substanzen, die im stande sind, Fehlingsche Lösung (s. d.) zu reduzieren und mit Phenylhydrazin (s. d.) Osazone zu bilden. Ihrer chem. Konstitution nach sind sie Aldehyd- oder Ketonalkohole (s. d.), die die Carbonylgruppe CO und mehrere Alkoholgruppen C(OH) enthalten. Die einfachen Z. sind in Wasser leicht löslich, entweder krystallisiert oder Sirupe und werden durch Oxydation in Säuren, durch Reduktion in mehrwertige Alkohole übergeführt. Von diesen einfachen Z. sind diejenigen die wichtigsten, welche die Zusammensetzung C<sub>6</sub>H<sub>12</sub>O<sub>6</sub> besitzen und welche man auch als Glykosen bezeichnet. (An diese schließen sich, der Bedeutung nach folgend, die Pentosen C<sub>5</sub>H<sub>10</sub>O<sub>5</sub> an.) Sie können zumeist aus Stoffen des Pflanzenreichs gewonnen werden, und erst in neuester Zeit sind mehrere auch auf dem Wege der Synthese erhalten worden. Hierbei hat man aber außer den natürlichen noch eine große Zahl künstlicher Z. dargestellt. (Vgl. E. Fischer, Synthesen in der Zuckergruppe, in den "Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft", 1890, Bd. 23 fg.)

Einteilung der jetzt am besten bekannten Z.:

1) Triosen, C<sub>3</sub>H<sub>6</sub>O<sub>3</sub>: Glycerose (Glycerinaldehyd), ^[chem. Formel], und Dioxyaceton, ^[chem. Formel].

2) Tetrosen, C<sub>4</sub>H<sub>8</sub>O<sub>4</sub>: Erythrose.

3) Pentosen, C<sub>5</sub>H<sub>10</sub>O<sub>5</sub>: Arabinose, Xylose, Ribose (und Rhamnose), Chinovose, Fukose, C<sub>6</sub>H<sub>12</sub>O<sub>5</sub> = (CH<sub>3</sub>)C<sub>5</sub>H<sub>9</sub>O<sub>5</sub>.

4) Glykosen oder Hexosen, C<sub>6</sub>H<sub>12</sub>O<sub>6</sub>: Traubenzucker, Fruchtzucker, Galaktose, Mannose, Sorbose, Acrose, Formose u. s. w.

5) Heptosen, C<sub>7</sub>H<sub>14</sub>O<sub>7</sub>.

6) Oktosen, C<sub>8</sub>H<sub>16</sub>O<sub>8</sub>.

7) Nonosen, C<sub>9</sub>H<sub>18</sub>O<sub>9</sub>.

Natürliche Z. sind hiervon: Arabinose, Fruchtzucker, Fukose, Galaktose, Mannose, Rhamnose, Sorbose, Traubenzucker, Xylose. (S. die Einzelartikel Acrose, Arabinose, Formose, Fruchtzucker, Galaktose, Glycerinaldehyd, Glykose, Holzzucker, Mannose, Pentosen, Rhamnose, Sorbin, Traubenzucker.)

Voraussichtlich werden auch noch Z. mit mehr als 9 Kohlenstoffatomen dargestellt werden können. Von den Z. gleicher Zusammensetzung sind zahlreiche Isomere deutbar. So teilen z. B. mit dem Traubenzucker noch 15 verschiedene Z. die Formel: ^[chem. Formel], die in neuerer Zeit fast alle synthetisch gewonnen worden sind. An den Fruchtzucker wird sich eine neue Reihe Isomerer anschließen u. s. w. Die einfachen Z. sind in der Regel optisch aktiv, d. h. sie verändern die Schwingungsrichtung des polarisierten Lichts, das durch ihre Lösungen hindurchgeht, um einen gewissen Winkel. Jeder in der angedeuteten Weise rechtsdrehenden Zuckerart entspricht eine gleich stark nach links drehende, und durch die Vereinigung gleicher Mengen solcher optisch entgegengesetzten Isomeren entstehen die inaktiven Z., zu denen z. B. die synthetisch dargestellte Acrose gehört. Von den einfachen Z. sind diejenigen, welche 3, 6 oder 9 Kohlenstoffatome enthalten, der Gärung durch Hefe fähig, wobei sie in Kohlensäure und Alkohol zerfallen.

Zu unterscheiden von diesen einfachen Z. sind die Z. der Rohrzuckergruppe, die man auch mit den Namen Biosen, Saccharosen und Disaccharide, früher auch Disaccharate, bezeichnet. Sie sind ätherartige Anhydride der einfachen Z. mit 6 Kohlenstoffatomen, der Glykosen, und besitzen die Zusammensetzung C<sub>12</sub>H<sub>22</sub>O<sub>11</sub>. Sie krystallisieren