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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Argonīn; Arheilgen; Arles; Armand; Armeefahrräder; Armengesetzgebung; Armenien

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Argonin – Armenien

ladung durch das Gasgemisch schlagen, so wird der Stickstoff allmählich in salpetrige und Salpetersäure übergeführt, die von der Kalilauge absorbiert werden. Entfernt man nun den überschüssigen Sauerstoff durch Pyrogallussäure, so bleibt bei Verwendung von Stickstoff, welcher aus chem. Verbindungen gewonnen war, so gut wie gar nichts übrig, atmosphärischer Stickstoff dagegen läßt einen Rückstand von etwa 1 Proz., der aus dem neuen Gase besteht, welches von Rayleigh als A. (vom griech. argós, träge, wegen seiner chem. Indifferenz) bezeichnet worden ist. Es ist sehr bemerkenswert, daß genau dieselbe Beobachtung bereits vor einem Jahrhundert von Cavendish gemacht worden ist, welcher daraus den richtigen Schluß zog, daß die Atmosphäre noch einen weitern, indifferenten Bestandteil in der angegebenen Menge enthalten müsse.

Eine zweite Methode zur Darstellung des A. beruht darauf, daß man atmosphärischen Stickstoff wiederholt über glühendes Magnesium leitet, das den Stickstoff absorbiert. Statt Magnesium kann man auch das Lithium benutzen, das den Stickstoff noch viel leichter absorbiert.

Das so erhaltene A. besitzt ein spec. Gewicht von 19,9 (Wasserstoff = 1), woraus sich das Molekulargewicht 39,8 ergiebt. Das Verhältnis der specifischen Wärmen bei konstantem Volumen und konstantem Druck wurde aus der Schallgeschwindigkeit in dem Gase zu 1,67 bestimmt, und daraus ist ziemlich sicher zu schließen, daß das Molekül des A. aus einem Atom besteht vom Atomgewicht 39,8. Hieraus ergiebt sich dann weiter, daß das A. ein chem. Element ist. Im Wasser ist das A. leichter löslich als Stickstoff, so leicht wie Sauerstoff; daher ist die im Wasser absorbierte Luft reicher an A. als die atmosphärische Luft.

Die hervorstechendste Eigenschaft des A. ist seine große Indifferenz; man hat das Gas bisher noch nicht in eine Verbindung mit andern Körpern überführen können. Nur mit Benzoldämpfen scheint es unter der Einwirkung der dunkeln elektrischen Entladung unter Bildung harziger Substanzen zu reagieren. In der Geißlerschen Röhre zeigt das A. je nach der Dichte und Art der Entladung ein blaues oder rotes Spektrum, die beide aus einer großen Anzahl scharf begrenzter Linien bestehen. Bei niedriger Temperatur und starkem Druck läßt sich A. verflüssigen. Kritische Temperatur -121°; kritischer Druck 50,6 Atmosphären; Siedepunkt unter Atmosphärendruck -187°; Gefrierpunkt -190°.

Über die Natur des A. sind die Ansichten noch geteilt. Einige Forscher halten es für möglich, daß man es mit einer Verbindung von 3 Atomen Stickstoff, N₃, analog dem Ozon, O₃, zu thun habe. Dem widerspricht aber, daß, entsprechend dem Molekulargewicht N₃ = 42, die Dichte = 21 sein müßte, während 19,9 gefunden wurde. Ferner spricht das Verhältnis der specifischen Wärmen zu Gunsten der Annahme, daß ein elementares, monomolekulares Gas vom Atomgewicht 39,8 vorliegt. Dasselbe würde der erste Repräsentant einer neuen Gruppe indifferenter Elemente sein, welches im natürlichen System vorläufig keinen geeigneten Platz findet. Wahrscheinlich gehört zu derselben Gruppe das ebenfalls neu entdeckte Element Helium (s. d.).

Argonīn, eine Caseïnsilberverbindung, die man durch Fällung einer Lösung von Caseïnnatrium und Silbernitrat und Alkohol erhält. A. ist ein in warmem Wasser lösliches weißes Pulver; es findet medizinisch als nicht ätzendes, aber bakterienvernichtendes Mittel gegen Gonorrhöe Anwendung.

Arheilgen, Dorf im Kreis Darmstadt der hess. Provinz Starkenburg, an der Linie Frankfurt-Heidelberg der Main-Neckar-Bahn, mit Dampfstraßenbahn (10,5 km) nach Eberstadt, hat (1895) 3933 E., darunter 45 Katholiken und 22 Israeliten, Postagentur, Telegraph und evang. Kirche.

Arles *, Stadt, hat (1891) 13377, als Gemeinde 24288 E.

Armand, Pseudonym des Schriftstellers Friedrich August Strubberg (s. d.).

Armeefahrräder, s. Radfahrsport.

Armengesetzgebung *. Die A. des Deutschen Reichs hat durch die Novelle zum Unterstützungswohnsitzgesetz vom 12. März 1894 einige wichtige Modifikationen erfahren. Zunächst ist mit Rücksicht darauf, daß gerade die durch dieses Gesetz betroffenen Personen oft schon in früher Jugend ihr elterliches Haus verlassen, um in der Fremde Arbeit und Stellung zu suchen (Abzug der Landarbeiter in Städte und Industriegegenden, Sachsengängerei), und daß es unbillig erscheint, die Heimatsgemeinde, welcher sie ihre Arbeitskräfte entziehen, zu verpflichten, ihnen bis zum 26. Lebensjahre die etwa erforderliche Armenunterstützung zu gewähren, das Alter, von welchem an durch zweijährigen Aufenthalt ein selbständiger Unterstützungswohnsitz erworben oder durch zweijährige Abwesenheit der bisherige Unterstützungswohnsitz verloren wird, von 24 auf 18 Jahre herabgesetzt worden. Demselben Gedanken des wirtschaftlichen Äquivalents will die Novelle dadurch gerechter werden, daß sie die Zeit, während welcher der Ortsarmenverband des Dienst- oder Arbeitsortes zur Tragung der Kur- und Verpflegungskosten für die an ihm erkrankten gegen Lohn oder Gehalt in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehenden Personen und Lehrlinge verpflichtet ist, von 6 auf 13 Wochen erhöht. Auch ist der Kreis der Personen, für welche der Ortsarmenverband des Dienst- oder Arbeitsortes in dieser Weise aufzukommen hat, gegen früher erweitert, indem er jetzt besonders auch die gewöhnlichen Lohn- und Handarbeiter umfaßt. Endlich hat die Novelle in Ergänzung der Vorschriften des Strafgesetzbuchs, §. 361, 3 und 5, noch denjenigen mit Strafe bedroht, der, obschon er in der Lage ist, seine Angehörigen zu unterhalten, sich der Unterhaltungspflicht trotz der Aufforderung der Behörde derart entzieht, daß durch Vermittelung der Behörde fremde Hilfe in Anspruch genommen werden muß.

In Bayern ist durch eine Novelle zum Heimats- und Armengesetz vom 17. Juni 1896 ein bedeutsamer Schritt der Annäherung an das Princip der Unterstützungswohnsitzgesetze geschehen. Es wurden Bestimmungen getroffen, welche ermöglichen, daß die Aufenthaltsgemeinde schneller als bisher auch zur unterstützungspflichtigen Gemeinde wird. Gefordert waren diese Bestimmungen durch den starken Zuzug vom Lande in die Stadt. Die Gerechtigkeit verlangt, daß dann auch die Unterstützungspflicht möglichst bald auf die Stadt übergehe.

Armenien *. Die Armenier haben in ihrem Vaterland unter der türk. Herrschaft jahrhundertelang, das Los aller Rajahvölker, Unterdrückung und Aussaugung, ertragen. Außer den Steuern an die Regierung waren sie noch zu beträchtlichen Abgaben an die Dere-Begs, die türk. Feudalherren, gezwungen und dazu stets den räuberischen Überfällen ihrer kurdischen Nachbarn ausgesetzt. Daher wanderten sie in großen Scharen aus und gelangten als Kaufleute in den