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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eisenbahntarife
1) Zu den Realsteuern. Denselben sind die in
einer Gemeinde belegenen bebauten oder unbebau-
ten Grundstücke unterworfen, mit Ausnahme der
dem Staate gehörigen Grundstücke und Gebäude, so-
fern sie zu einem öffentlichen Dienste oder Gebrauche
bestimmt sind, und mit Ausnahme der Schienen-
wege der Eisenbahnen. 2) Zu den Gemeindeein-
tommen steuern. Als steuerpflichtiges Reineinkom-
men der Staats bahnen gilt der rechnungsmäßige
Überschuh der Einnahmen über die Ausgaben mit der
Maßgabe, daß unter die Ausgabe eine3^prozentige
Verzinsung des Anlage- oder Erwerbskapitals nach
der amtlichen Statistik der im Betriebe befindlichen
Eisenbahnen Deutschlands zu übernehmen ist. Als
Neineinkommen der Privateisenbahnen gilt der
nach den Gesetzen vom 30. Mai 1853 und 16. März
1867 zur Erhebung der Eisenbahnabgabe ermittelte
Überschuß mit der Maßgabe, daß bei der Berechnung
nach dem Gesetze vom 16. März 1867 die zur Ver-
zinnung und planmäßigen Tilgung der etwa ge-
machten Anleihen erforderlichen Beträge als Aus-
gabe mit in Anrechnung gebracht werden. Das
steuerpflichtige Einkommen der von einem aus-
ländischen Staate in Preußen betriebenen Eisen-
bahnen wird ebenso wie das Einkommen der Klein-
bahnen nach den für die Veranlagung zur Staats-
einkommensteuer geltenden Vorschriften ermittelt.
Kleinbahnen unterliegen außerdem noch der Ge-
werbesteuer nach dem Gewerbesteuergesetz vom
24. Juni 1891. Durch Gesetz vom 14. Juli 1893
wurde die Gewerbesteuer als Staatssteuer auf-
gehoben und durch das Kommunalabgabengefetz
von demselben Tage den Gemeinden überwiesen.
*Eisenbahntarife. ^.Personentarife. Der
auf den österreichischen Staatsbahnen bestehende
sog. Kreuzer-Zonentarif ist seit 1. Sept. 1895 erhöht
worden. Die Fahrpreise werden jetzt für Zonen von
je 10km derart berechnet, daß innerhalb jeder Zone
die höchste Entfernung zu Grunde gelegt ist; sie be-
tragen für das Kilometer in III. Wagenklasse 1,25,
in II. 2,25, in 1.3,75Kr. bei Entfernungen bis 150 km;
auf weitere Entfernungen bis 300 km werden an den
Preis von 150 Km angestoßen für das Kilometer
1,15,2,15 und 3,65 Kr.; auf Entfernungen von 300 bis
600 km beträgt der Anstoß 1, 2 und 3,5 Kr., über
600 Km 0,8,1,8 und 3,3 Kr. Die Schnellzugspreise
der III. Wagenklasse ergeben sich durch Zuschlag
von 0,5 Kr. für das Kilometer zu den Personen-
zugfahrpreisen der III. Klasse; die der II. Klasse sind
durch Verdoppelung, die der I. Klasse durch Ver-
dreifachung des Unterschieds zwischen Personen- und
Schnellzugspreisen der III. Klasse gebildet.
Zonentarife mit abweichenden Sätzen bestehen noch
für die Österreichisch-Ungarische Etaatsbahngcsell-
schaft, die böhmischen Kommerzialbahnen, die Oster-
reichische Nordwest- und Südnorddeutsche Verbin-
dungsbahn, die Kaiser-Ferdinands- und Böhmische
Nordbahn, die Aussig-Teplitzer,Buschtiehrader, Wien-
Aspanger und Graz-Köflacher Eisenbahn.
Ebenso haben die ungünstigen Einnahmeergeb-
nisse des Zonentarifs in Ungarn die Staatsbahnen
zu einer Erhöhung des Tarifs vom 1. März 1896 ab
veranlaßt. Für den Nachbarverkehr sind die Fahr-
preise der bisherigen zwei Zonen nur für Entfer-
nungen bis 10 und 15 km beibehalten; eine dritte
Nachbarzone ist für Entfernungen von 15 bis 20 km,
mit einer Erhöhung um 10, 8 und 5 Kr. gebildet.
In den Fernzoncn sind die Preise der I. Masse überall
erhöht, und zwar in Personenzügen um 20, in Schnell-
zügen um 25 Proz., während in der 13. und 14. Zone
die bisherigen Vergünstigungen festgehalten sind.
Für die II. Klasse beschränkt sich die Erhöhung in den
Fernzonen auf die 13. und 14. Zone; die Fahrpreise
der III. Klasse sind unverändert geblieben.
Auf den württemb. Staatsbahnen werden seit
I. April 1894 Landeskarten ausgegeben, d. h.
Zeitkarten (s. Eisenbahntarife, Bd. 5> zur be-
liebigen Befahrung sämtlicher Strecken innerhalb
15 Tagen zum Preise von 45 M. für die I., 30 M.
für die II. und 20 M. für die III. Klasse. Ahnliche
Karten bestehen auch auf andern Eisenbahnen; so
werden z. B. auf den österr. Staatsbahnen Jahres-
karten für einen oder mehrere Staatsbahn - Direk-
tionsbezirke ausgegeben; ferner auf der Kaiser-Fer-
dinands - Nordbahn, der belg. Staatsbahn, der
niederländ. Staatsbahn (Gruppenkarten für
1 -12 Monate auf bestimmten Eisenbahnlinien
nördlich und südlich oder westlich von Arnheim und
Utrecht), auf der Holland. Eisenbahn, den dän.
Staatsbahnen, der schweiz. Nordost-, der Iura-
Eimplon- und der Gotthardbahn.
Sog. Kilometerbillets (Kilometerhefte;
s. Eisenbabntarife, Bd. 5) sind seit 1. Mai 1895 auf
den bad. Staatsbahnen zur Befahrung beliebiger
! Strecken in der Gesamtlänge von 1000 km inner-
halb eines Jahres eingeführt worden. Der Preis
eines Kilometerheftes beträgt für die I.Klasse 60 M.,
II. Klasse 40 M., III. Klasse 25 M. Die Kilometer-
billets gelten für alle Züge, für die Orienterpreßzüge
gegen Zuzahlung des tarifmäßigen Zuschlags. Die
Einführung auf den bayr. Staatsbahnen ist bereits
1895 von der Handels- und Gewerbekammer für
Unterfranken und Aschaffenburg zu Würzburg nach-
gesucht worden. Kilometerbillets sind seit 1. Dez.
1895 auch auf der niederländ. Staatsbahn einge-
führt, für die I. Klasse sogar zur Vefahrung beliebiger
Strecken in der Gesamtlänge von 5000 km innerhalb
eines Jahres. Auf der Holland. Eisenbahn gelangen
Kilometerbillets für Ausflüge auf die Mindestentfer-
nung von 70 km zur Ausgabe; die Geltungsdauer
beträgt bis 100km 1 Tag, von 100 bis 200km 2 Tage,
von 201 bis 300 km 4 Tage, über 300 km 6 Tage.
L.Gütertarife. AufdenpreuhischenStaats-
bahnen ist seit 1. Mai 1893 ein Ausnahmetarif für
Erze und Koks zum Hochofenbetrieb eingeführt. Der
seit 1. Sept. 1891 für die Beförderung von Getreide
und Mühlenerzeugnissen auf größere Entfernungen
bestandene billige Ausnahmetarif (Staffeltarif),
gegen dessen Beibehaltung aus Kreisen der mittet-,
west- und süddeutschen Gebiete Einspruch erhoben
wurde, weil man von den Frachtermäßigungen eine
Beeinträchtigung der eigenen Interessen, besonders
eine Benachteiligung des heimischen Marktes be-
fürchtete, ist anläßlich der Verhandlungen im Reichs-
tag über den deutsch-russ. Handelsvertrag von der
prcuß. Regierung 1. Aug. 1894 wieder aufgehoben
worden, trotz der günstigen finanziellen Erfolge. Da-
gegen ist zur Verstärkung der Wirkung der Beseiti-
gung des Identitätsnachweises bei der Getreideaus-
fuhr ein ermäßigter Staffeltarif für die Sceausfuhr
! von Getreide eingeführt worden, über dessen Aus-
! oehnung auf die Ausfuhr über die trockne Grenze
Verhandlungen schweben. Ferner ist auf den preuh.
i Staatsbahnen für die Beförderung von lebenden
Tieren in Wagenladungen (ausgenommen Pferde)
der Normaltarif auf weitere Entfernungen herab-
gesetzt, das Staffelsystem für diese Transporte also
wieder angenommen worden. Die Frachtsätze be-