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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Erythräa

Handelsverbindungen mit der Küste wiederhergestellt sein werden. 1894/95 erforderte die Kolonie einen Staatszuschuß von 7764117 Lire, der zusammen mit den eigenen Einnahmen von 1448000 Lire die Ausgaben für die Kolonialtruppen von 6978300 Lire und für anderes von 2233817 Lire deckte. Die Gesamteinfuhr zu Wasser und zu Land hatte 1894 einen Wert von 9923566 Lire (davon 2048638 Lire Edelmetalle). Von den 1893 im Hafen von Massaua eingelaufenen 1839 Schiffen segelten 992 unter ital. Flagge; von den 1833 Schiffen, die aus diesem Hafen ausliefen, führten 1102 die ital. Flagge. Von Eisenbahnen waren im Betrieb die Linie Massaua-Monkullu-Saati, 26 km lang, und die Linie von Abd el-Kader nach Arkiko. Postämter gab es in Massaua, Keren, Asmara, Sanganniti, Adigrat, Kassala, Adua und Assab; die Zahl der Briefpostsendungen betrug 37306; von den Telegraphenlinien Massaua-Assab (516 km) und Assab-Perim (101 km) beförderten Assab 694 und Massaua 5070 Depeschen.

Geschichtliches. Die Kolonie wurde während der letzten Jahre fortwährend durch kriegerische Ereignisse beunruhigt. Im Dez. 1893 griffen die Anhänger des Mahdi Agordat an. Die Italiener erhielten indessen rechtzeitig von diesem Heereszuge Kenntnis, und 21. Dez. brachte ihnen Oberst Arimondi bei Agordat eine gründliche Niederlage bei, wobei ihr Verlust über 3000 Mann betrug. Die Derwische enthielten sich nunmehr aller Angriffe, verheerten aber den Westen von E. durch Beutezüge und bereiteten in Kassala einen neuen großen Zug vor, weshalb sich General Baratieri, der Gouverneur von E., zum Angriff auf diese Stadt entschloß. Er versammelte in Agordat eine Truppenmacht von etwa 2600 Mann und erschien in der Nacht zum 17. Juli 1894 vor Kassala, worauf er die Stadt erstürmte und den Derwischen eine völlige Niederlage beibrachte, ohne daß das Gros der Italiener einzugreifen brauchte. Ende 1894 versammelten die Derwische 19000 Mann an drei verschiedenen Punkten gegen Kassala, indessen wagten sie keinen ernsten Angriff.

Am 14. Dez. 1894 empörte sich Batha Agos, der bisher den Italienern treu gewesen war, erschien vor dem Fort Halai und griff die 250 Mann starke Besatzung an. Indessen traf schon 18. Dez. der Major Toselli mit etwa 1400 Mann Verstärkung ein und zersprengte die Rebellen unter starken Verlusten. Infolge dieses Treubruchs marschierte General Baratieri mit etwa 3900 Mann in Adua ein und rückte im Jan. 1895 nach Coatit weiter, nur 6 km von dem Lager der Tigrener entfernt, die ihm mit 19000 Mann gegenüberstanden. Am 13. Jan. griff Ras Mangascha die Italiener an, wurde aber blutig abgewiesen. Am 14. Jan. wurde der Kampf fortgesetzt, 15. Jan. zogen die Tigrener ab, wurden am Abend überraschend von den ital. Geschützen in ihrem Lager beschossen und eilten in wilder Flucht davon. Das ganze Heer löste sich auf. Durch Schriftstücke, die in dem Zelte Ras Mangaschas erbeutet wurden, konnte man feststellen, daß hinter ihm der Negus Menilek gestanden hatte; infolgedessen wurden drei ital. Bataillone nach E. abgesandt und zwei neue Eingeborenenbataillone errichtet. Am 25. März rückte Baratieri in Adigrat und 1. April in die Hauptstadt der Landschaft Tigre, in Adua, ein. Tigre wurde nun unter ital. Schutz gestellt, Adua und Adigrat erhielten Besatzungen. Im Mai sammelte der Negus Menilek 600 km südlich von Massaua ein Heer, kehrte aber, vermutlich wegen der bevorstehenden Regenzeit, nach Schoa zurück. Im September rüstete Menilek von neuem, auch Ras Mangascha nahm eine bedrohliche Haltung an und sammelte etwa 5000 Mann südlich von Antalo. Baratieri marschierte daher mit 9000 Mann gegen ihn vor; jedoch entzog sich Ras Mangascha dem drohenden Stoße durch die Flucht. Nur 1300 Tigrener wurden von der ital. Vorhut 9. Okt. ereilt und zersprengt. Jetzt war nicht bloß die Landschaft, sondern das ganze Reich Tigre im Besitze der Italiener, die wegen der drohenden Rüstungen Menileks zwei neue Eingeborenenbataillone errichteten und alle acht Eingeborenenbataillone auf eine Stärke von 1200 Mann brachten. Anfang Dezember wurden Major Toselli mit etwa 2500 Mann nach dem Paß von Amba Aladschi vorgeschickt. Ihm gegenüber lagerte Ras Makonnen mit 20-30000 Abessiniern. Auf die Meldung Tosellis über die Sachlage wurde ihm 5. Dez. Unterstützung zugesagt. Am selben Tage befahl aber Baratieri den Abzug Tosellis nach der Festung Makalle, doch erreichte ihn dieser Befehl nicht, und als 7. Dez. Ras Makonnen zum Angriff vorbrach, leistete Toselli im Vertrauen auf die ihm versprochene Verstärkung tapfern Widerstand, erlitt aber eine vollständige Niederlage und starb selbst den Heldentod. Am 20. Dez. erschienen die Abessinier vor Makalle, 74 km von Amba Aladschi entfernt. Der dort befehligende General Arimondi war den Trümmern der Kolonne Toselli entgegen marschiert, hatte sie gerettet und dann in Gewaltmärschen bis auf 15 km südöstlich von Adigrat seine Truppen in Sicherheit gebracht. In Makalle blieb das Bataillon Galliano als Besatzung zurück, das die Abessinier 7. Jan. 1896 zu belagern begannen. Galliano trotzte durch 2½ Wochen mit seinem Bataillon, 4 Geschützen und 2 Mitrailleusen allen Angriffen der auf 80000 Mann geschätzten großen Armee Menileks. Am 25. Jan. wurde eine Kapitulation abgeschlossen, laut deren die Italiener freien Abzug bewilligt erhielten; durch die Abessinier eskortiert stießen sie 30. Jan. zu Baratieri, der südlich von Adigrat alle verfügbaren Truppen versammelt hatte.

Neue Schwierigkeiten erwuchsen den Italienern durch den Abfall des Ras Sebath und des Ras Agos. Beide Führer beunruhigten die rückwärtigen Verbindungen Baratieris und konnten trotz verlustreicher Kämpfe nicht vernichtet werden. In der zweiten Hälfte des Febr. 1896 wurden aus Italien bedeutende Verstärkungen abgesandt, jedoch schon vor deren Eintreffen griff Baratieri 1. März bei Adua (s. d.) die Abessinier an und erlitt eine furchtbare Niederlage, so daß er in fluchtartigem Rückzuge bis zu dem 120 km entfernten Addi Caie zurückweichen mußte. Die Abessinier verfolgten nicht weiter, da sie zweifellos selbst außerordentlich große Verluste erlitten hatten. Baratieri wurde sofort des Oberbefehls enthoben und unter Anklage gestellt; sein Nachfolger wurde General Baldissera, dem es gelang, 5. Mai die Besatzung von Adigrat, dem einzigen Punkt, den die Italiener in dem eigentlichen Tigre noch behaupteten, ohne Kampf zu entsetzen, worauf auch dieser Platz 18. Mai geräumt wurde. Da Menilek seine Truppen aus Mangel an Lebensmitteln ebenfalls aus Tigre zurückzog, hörten die Feindseligkeiten seitdem auf. In dem 26. Okt. 1896 zwischen Italien und Abessinien abgeschlossenen Frieden wurde bestimmt, daß innerhalb eines Jahres die Grenze durch eine Sonderkommission beider