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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Geschoß - Geschütz
In Frankreich giebt es neben einem noch allge-
meinern, von den Gerichten anerkannten civilrecht-
lichen Schutz (auch gegenüber fahrlässigen illoyalen
Handlungen; Ooäs civil Art. 1382) bis jetzt straf-
rechtlichen Schutz nur für Fabrikationsgeheimnisse
(Gesetz vom 13. Mai 1863) und nur für die Dauer
der Anstellung, aber andererseits nicht bloß bei Ver-
rat für Zwecke des Wettbewerbs, und mit stärkerer
Bestrafung bei Verrat in das Ausland (Schutz der
nationalen Industrie). Der schweiz erische Straf-
gesetzentwurf von 1896 (Art. 80 und 95) stellt jeden
eigennützigen Versuch, durch unehrliche Mittel die
Kundschaft eines Geschäftes abzuleiten, im allgemei-
nen und den Verrat von Fabrikationsgeheimnissen,
zu deren Geheimhaltung man verpflichtet ist, die
unredliche Ausnutzung eines solchen und das ^ich-
kenntnisverschaffen von solchen durch unerlaubte
Mittel im besondern unter Strafe. Dazu kommt
civilrechtlicher Schutz nach Art. 50 des Obliga-
tionenrechts vom 14. Juni 1881. Nur einen solch
allgemeinen civilrechtlichen Schutz kennt das Recht
der Nordamerikanischen Nnion und Öster-
reichs (Bürgert. Gesetzb. §. 1295), ohne jedoch in
letztcrm Lande von den Gerichten anerkannt zu sein.
In England ist strafrechtliche Verfolgung nur bei
Konspiration des Bediensteten mit einem Dritten zu-
lässig. - Vgl. Artikel Wettbewerb, unlauterer, im
"Handwörterbuch der Staatswissenschaften", Supple-
mentband 1 (Jena 1895).
'"Geschoß. Verbesserungen der Geschoßarten sind
bei allen Staaten im Gange. In Deutschland
ist an Stelle der bisherigen Feldshrapnels 0 82 ein
solches 091 getreten. Es ist ein Stahlshrapnel mit
erhöhter Kugelfüllung und rauchentwickelndem Satz-
gemenge zwischen den Kugeln zur leichtern Beob-
achtung bezüglich der Sprengpunkte; es hat eine
centrale Kammer und den Doppelzünder 0 91.
Daneben besitzt die deutsche Feldartillerie noch die
Sprenggranate 0 88, ein dickwandiges gußeisernes
Geschoß, 2^ Kaliber lang, mit etwa ^ K3 Granat-
füllung (s. d.) und gleichfalls Doppelzünder 0 91.
Mit Ausnahme der Kartätschen sind alle ältern Ge-
schoßarten ausgeschieden.
Die französische Feldartillerie besitzt eine 90 nim-
Melinitgranate, 4 Kaliber lang, 8,45 kg schwer, mit
1,7 kz Füllung und dünnen Stahlwänden.
Die russische Feldartillerie führt für die 10,6? cm-
Kanone eine 16,26 K3 schwere Granate mit 1,04 KZ
Schießwollladung. Für die 15,24 cm-FeldMörser
werden Shrapnels und Minengranaten verwendet;
ersteres besteht aus Stahl und hat ein Gewicht von
31 kF. Die Minengranaten von Stahl haben 4,88 kg
Sprengladung von Schwarzpulver, den Anschlag-
zünder und ein Gesamtgewicht von 26 kss.
In Österreich-Ungarn führt die Feldartillerie
Shrapnels N91, Granaten, Kartätschen, Stahl-
granaten und Ekrasit-(Spreng-)Granaten; die lctz-
tern sollen zunächst einen Teil der Granaten, später-
hin alle ersetzen; sie wiegen 7,25 kx.
Italien führt Shrapnels, Granaten und Kar-
tätschen in der Feldartillerie; erstere wiegen 4,4? K3
für die 7 cm-Kanone 0 74 und 6,96 K3 für die 9 cm-
Kanone 0 81; sie haben den Doppelzünder 0 87.
Die Ringgranate wiegt 4,28 und 6,76 K3, hat den
Aufschlagzünder und eine Sprengladung von 140
und 200 3. Die Kartätsche enthält 126 bez. 216 Blei-
kugeln.
In Eng land hat man mit dem neuerdings für die
reitende Artillerie angenommenen Drahtzwölfpfün-
der auch neue Munition eingeführt; das Geschütz,
welches für die fahrenden Batterien beibehalten
wurde, hat ein schwereres G. von 6,8 I53 erhalten,
welches unter Verwendung von 0,45 kz Corditladung
dieselbe Geschwindigkeit von 472 in erreichen soll,
wie das leichtere der reitenden Artillerie. Außer
den Shrapnels mit Doppelzünder werden auch Ring-
granaten mit Auffchlagzünderbenutzt, die Kartätschen
sind ganz weggefallen.
In der Festungs- und Belagerungsartillerie findet
man bei allen Staaten ein sehr gemischtes System
der Geschohkonstruktionen, was sich c^sdenmänmg-
fachen Zwecken dieses Zweiges der Artillerie erklärt;
es sind in Gebrauch: Granaten, Sprenggranaten,
Panzergranaten, Shrapnels und Kartätschen.
Sprenggranaten haben brisanten Sprengstoff als
Füllung, Granaten sind entweder zur Erzielung einer
großen Zahl von Sprengstücken eingerichtet (Doppel-
wand- oder Ringgranaten) oder zur Aufnahme einer
großen Pulverladung (Langgranaten). Als Zünder
werden Aufschlag-, Brenn- oder Doppelzünder ver-
wendet, letztere besonders bei Shrapnels und Spreng-
granaten.
* Geschütz. Abgesehen von den fast in allen
Staaten hervorgetretenen Bestrebungen zur Ein-
führung eines neuen Schnellfeuergeschützes in die
Feldartillerie sind zur Zeit folgende Konstruktionen
und Arten von G. im Gebrauch.
Deutschland. Die Feldartillerie hat das
Kaliber von 8,8 cm in drei verschiedenen Rohrkon-
struktionen, die sich hauptsächlich durch Gewicht und
Rohrmaterial unterscheiden. 073 und 0 73.88 von
Kruppschem Tiegelguhstahl wiegen 450 und 420 Kss,
0 73.91 aus Nickelstahl 442 kx. Die Rohrlänge be-
trägt 23,8 Kaliber, das Rohr hat 24 Züge von gleich-
förmiger Windung und Rundkeilverschluß. Die La-
fetten sind für fahrende und reitende Artillerie etwas
verschieden, insofern bei letzterer die Achssitze weg-
gefallen sind. Dadurch sind sie um etwa 40 kF er-
leichtert; das Gewicht der erstern beträgt 565 KZ;
sie werden als Lafetten 0 73.88 bezeichnet. Protzen
sind teils mit hölzernem, teils mit eisernem Gestell
in Gebrauch; letztere etwas leichter. Das ausge-
rüstete G. wiegt bei der reitenden Artillerie 1930 KZ,
bei der fahrenden 2005 IlF, mit aufgesessener Bedie-
nung 2395 kF. Um bei den starken Ladungen, welche
zur Erreichung großer Anfangsgeschwindigkeiten
nötig sind, eine Verringerung des die Feuergeschwin-
digkeit sehr beeinträchtigenden Rücklaufs beim Schuß
zu ermöglichen, muß auf die Anbringung von wirk-
samen und das G. nicht angreifenden Bremsvor-
richtungen Bedacht genommen werden; hierfür ist
eine Seilbremse in Gebrauch. Als Ladung (0,04 ^3)
ist rauchloses Geschützblättchenpulver eingeführt.
Die G. der Fußartillerie sind se nach der Verwen-
dungsart sehr verschieden; es giebt solche mit Be-
spannung, ferner Belagerungsgeschütze, G. für
Festungsartillerie und für Küstcnartillerie. Verschie-
dene derselben haben ein gemeinschaftliches Konstruk-
tionsgrundgesetz. Vielfach tritt das Rohr aus Zart-
bronze mit einem Seelenrohr aus Stahl auf, für
welches die Züge mit wachsendem (Progressiv-)Drall
Verwendung finden.
Die zur Benutzung für bespannte Fußartillerie
bestimmten G. sind die schwere 12 cm-Kanone, die
15 cm-.haubitze und der 21 cm-Mörscr; außer diesen
werden für die Velagerungsartillerie, in welcher sie
ebenfalls vertreten sind, noch eine 5 cra-Kanone
(Grusonsches Schncllfeucrgeschütz) und die lange