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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Grenzwache - Grenzwert
Kuango und die Ufergegenden des Leopold II.- und
Mantumbafees.
^ Grenzwache. Die russische G. soll im Kriege
als Truppe verwendet werden. Sie hat einen eige-
nen Commandeur und dient zur Überwachung der
Grenzen des europ. und kaukas. Rußlands und
Transkaspiens, namentlich im Zollinteresse. Ihre
Stärke beträgt (1896) 30 Brigaden und 3 selbstän-
dige Abteilungen, zusammen etwa 870 Ossiziere,
29 000 Mann und 1160 Pferde', längs der West-
grenze stehen 18 Brigaden, die im Kriege je 4 rei-
tende und einige Fußsotnien aufstellen sollen. Die
Brigadestäbe der G. befinden sich in Petersburg,
Reval, Riga, Arcnsburg, Kretingen, Tauroggen,
Wilkowischti, Grajewo, Lomsha, Rypin, Wlozlawsk,
Kalisch, Weljun, Ezenstochau, Nowobrshesk, San-
domir, Tomaschew, Radsiwilow, Wolotschisk, No-
woselizy, Skuljani, Ismail, Odessa, Sewastopol,
Batum, Kagysman, Wank, Eriwan, Baku und Kars,
die Stäbe der drei selbständigen Abteilungen in
Kertsch, Archangelsk und Aschabad.
^Grenzwert. Liegt eine Reihe von Objekten
vor, so ist diejenige mathem. Größe, die mit ihnen
am unmittelbarsten zusammenhängt, ihre Anzahl.
Die Vorstellba'rkeit von beliebig vielen Objekten
liefert also die Reihe der Zahlen 1, 2, 3 - - - und
lehrt zugleich, daß diese natürliche Zahlenreihe
kein Ende hat, da man sich zu jeder Anzahl von
Objekten immer noch ein Objekt hinzudenken kann.
Wenn somit die natürliche Zahlenreihe endlos
ist, so folgt daraus, daß auch gewisse Verknüpfun-
gen von Größen ein-, zwei-, dreimal u. s. w., kurz
beliebig oft ausgeführt werden können. So läßt
sich z. B. das Halbieren einer Größe, etwa der
Einheit, in Gedanken ohne Ende fortsetzen, wodurch
die endlose Reihe der Größen ^, ^4, ^ - - - - her-
vorgeht. Nach umaligcm Halbieren hat sich ^^
ergeben, aber, wie groß auch die ganze Zahl n ge-
wählt sein mag, stets ist nochmaliges Halbieren
möglich; oder in Zeichen: an-^ läßt sich stets ^ ^
anreihen. Da nun faktisch die endlose Fortsetzung
des Halbierens das menschliche Vermögen übersteigt,
aber andererseits der Verstand uns lehrt, daß dieser
Prozeß doch nie enden kann, so werden wir wie in
diesem Beispiele vielfach gezwungen, Grenzbegriffe
oder G. einzuführen, die aus dem Bereich des that-
sächlich Gegebenen heraustreten. Die Grenzbegriffe
dürfen deshalb auch nicht ohne weiteres ebenfo wie
die direkt, d. h. durch endliche und daher thatsächlich
ausführbare Prozesse gewonnenen Begriffe behan-
delt werden. So z. B. genügt der G. der Reihe
1 -i-1 -s-1 4 - - - den wir als Unendlichgroß l^o)
bezeichnen, nicht mehr den gewöhnlichen Gefetzen
der Arithmetik. Denn während in der Arithmetik
stets 3. 4 1 von a verschieden ist, ist c>O 4-1 ^ dxD.
Man ersieht hieraus, daß die Grenzbegriffe beson-
dere Schwierigkeiten darbieten und eine sorgfältige
Untersuchung verlangen. Dies erklärt, daß sie häusig
zur Aufstellung von Paradoxen verwendet wurden,
deren scheinbarer innerer Widerspruch immer darin
lag, daß man auf die Grenzbegriffe ohne weiteres
die Gesetze angewandt hatte, denen die direkt gefun-
denen Begriffe unterliegen. Die beiden wichtigsten
Grenzbegrisfe sind die des Unendlichgroßen und dee>
Unendlichkleinen, die übrigens eng zusammenhängen.
Die andern Grenzbegriffe der Arithmetik kommen
im Grunde genommen auf diese zurück. So z. V.
der G. der Reihe 0,1 4- 0,01 4- 0,001 4- - - oder
"iss ^ 10^ ^ is)5 4- - - - Denn die Summe der
11 ersten Glieder der Reihe ist
^11^ ^
^" ^ 10 10"'
Hieraus folgt
10^^14 ^4-^4--.-4-^^
oder
10 ' 10'
10"
^^"^A^-^'10^^
.^^> ^.
10'V 10"
er Ausdruck in der Klammer ist aber gleich ^,
so daß
und daher
10^1^-^
^1^1 1
^ 9 9 '10"
ist. Bei endlos wachsendem 11 zeigt sich hier, daß
der G. von 5^ ausgedrückt ist vermöge des G. von
17^, der eben Unendlichklein ist. Anders ausge-
sprochen: Die Zahl n kann so groß gewählt werden,
daß ^5 kleiner als eine beliebig vorgegebene noch
1
so kleine Zahl wird, d. h. daß ^ von-^- um weniger
als eine beliebig klein vorgegebene Zahl abweicht,
weshalb ^- der G. von0,1 4- 0,01 4- 0,001 ^------
ist. Daß man zur Bestimmung der G. Umwege ein-
schlagen muß, findet seine natürliche Erklärung darin,
daß die Grenzbegriffe eben nur indirekt definiert
werden können. In der Analyfis treten die Grcnz-
begrisse im allgemeinen in der Form auf, daß eine
Größe ^ als Funktion einer Zahl n gegeben ist,
so daß es sich darum handelt, den Wert zu er-
mitteln, dem sich ^ für endlos wachsendes n ohne
Ende nähert, wie in dem Beispiel:
^ 1 . ^
10 ^ 10"
-1-'
^10"
Man geht dann so vor, daß man eine Größe d sucht
derart, daß die Differenz d - a" bei hinreichend
großem Werte von 11 kleiner als eine beliebig klein
vorgegebene Größe wird. Hat man eine solche
Größe d gefunden, so ist sie der G. der Größen
^, ^2, ^I - - - ^, - - - Da dann zugleich die Größen
d-3^, I)-3-2, ^-^3 ''' ^-ll?, - - - den G. Unend-
lichklein haben, so steht man auch hier, wie die Be-
stimmung der G. auf die des G. Unendlichklein
zurückkommt. Nicht immer ergiebt sich ein bestimm-
ter G. So z.V. haben die Größen 1,1-1,1-1-j-1,
1-1-i-1-1, 1-1-^1-14-1 u. s. w. keinen be-
stimmten G. In der Geometrie ist dcr wichtigste
Grenzbcgriff der Begriff Tangente. Liegt z.B. eine
Kurve vor und werden auf ihr zwei Punkte ^. und 1>
gewählt, fo ist die Gerade ^ wohl definiert. Nun
tann man sich vorstellen, daß der Punkt L auf der
" Kurve nach ^V hintaufe. Dabei bewegt sichln, und
es fragt sich, ob die Gerade ^.1^ eine bestimmte Grenz-
lage annimmt, wenn sich L in dieser Weise ohne
Ende den: Punkte ^V nähert. Diese Grenzlage ist
die Tangente der Kurve in ^. In der Mechanik
sind die Begriffe: Geschwindigkeit, Beschleunigung
u. s. w. sämtlich Grenzbegrisse. DerAusickwung der
Mathematik seit Begründung der Infinitesimalrech-
nung beruht wesentlich darauf, daß man lernte, die
Grenzbegriffe in rationeller Weise aufzufassen.