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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Handfeuerwaffen
Handelsvertrag mit Rußland, welcher an Stelle
des den gescheiterten Unterhandlungen von 1892
bis 1893 folgenden Zollkrieges trat, wenn schon
die Wirkungen des Vertrags die an ihn geknüpf-
ten übertriebenen Hoffnungen für die Industrie und
Befürchtungen der Landwirtschaft bislang noch nicht
gerechtfertigt haben. Mit Portugal ist nach Ab-
lauf des Handelsvertrags im I. 1892 kein neuer
mehr zu stände gekommen, doch ist Hoffnung auf
den Abschluß eines solchen vorhanden.
2) Die österreichische Handelspolitik beruhte
bis 1849 auf dem Princip des Prohibitivsystems,
d. h. auf dem Princip zahlreicher Ein- und Aus-
fuhrverbote und hoher Einfuhrzölle, fo daß ein
Anschluß an den Deutschen Zollverein unmöglich
war. In den I. 1849 - 53 trat ein bedeutender
Umschwung ein: Vereinigung Österreich-Ungarns
zu einem Zollgebiet; Aufgabe des Prohibitiv-
systems und Übergang zum Schutzzollprincip (Be-
seitigung der Ein- und Ausfuhrverbote, statt dessen
Zolltarif vom 6. Nov. 1851, noch 246 Ausfuhr-,
326 Durchfuhrzölle enthaltend); Abschluß eines
Zoll- und Handelsvertrags mit Preußen und da-
mit mit dem Deutschen Zollverein auf dem Princip
der teilweisen Zollaufhebung, Zollcrmähigung und
Zollbindung (Versprechen, während der Vertrags-
dauer den allgemeinen Zolltarif nicht zu erhöhen);
Streben nach Vereinigung mit dem Zollverein zu
einem Zollgebiet, zu diesem Zwecke völlige Beseiti-
gung der Durchfuhr-, weitere Beschränkung der Ein-
und Ausfuhrzölle durch Zolltarif vom 8. Dez. 1853
und Gesetz vom 17. Aug. 1862; zu dieser Vereini-
gung kam es indes nicht. Seit 1865 beginnt die
Ara freihändlerischer H.: mit England 1865, Frank-
reich 1866, Italien 1867, Deutschland und Schweiz
1868, Nachtragskonvention mit England 1869,
Spanien 1870, Portugal 1871, Schweden und
Norwegen 1873. Der aus den beteiligten Kreisen
hervorgehende Ruf nach Schutz der einheimischen
Arbeit führte von 1875 an zum autonomen Zoll-
schutz zurück; die Folgen davon zeigen sich zuerst in
der Kündigung des Handelsvertrags mit England
und in dem Scheitern eines neuen Vertrags mit
Deutschland; das Ergebnis dieser Abschließungs-
politik dargestellt durch den österr. Zolltarif vom
27. Juni 1878 und 25. Mai 1887, den ungarischen
vom 25. Mai 1882. Es wurden nur Meistbegünsti-
gungsverträge geschlossen, mit Deutschland 16. Dez.
1878, je erneuert bis Ende 1880 und 1881; unterm
23. Mai 1881 neuer Vertrag bis Ende 1887. Diese
in fortwährenden Zollerhöhungen sich äußernde Ab-
schließungspolitik, die, wie Österreich-Ungarn, auch
die übrigen Kontinentalstaaten befolgten, schädigte
vor allem die Erportindustrie, die ein da und dort
fortwährend wechselnder Zollsatz in ihren Disposi-
tionen außerordentlich stört. Daher erfolgte eine
Wendung der Zollpolitik der mitteleurop. Staaten
M Zollvereinbarungen auf längere Zeit, Schaffung
stabiler Zollsätze durch die mit Wirksamkeit vom
1. Jan. 1892 ab bis Ende 1903 geschlossenen H. Die
geltenden H. Osterreich-Unqarns sind 1) Tarifver-
träge bis 31. Dez. 1903 mit Belgien, Deutschland und
Italien (alle 6. Dez. 1891), Schweiz (10. Dez. 1891),
Serbien (9. Aug. 1892), Ruhland (18. Mai 1894);
2) Meistbegünstigungsverträge ohne Zeitgrenzc,
meist mit einjähriger Kündigungsfrist mit Däne-
mark (1887), Frankreich (1884), Griechenland (1887),
Großbritannien (1876), Niederlande (1867), Portu-
gal (1872), Schweden und Norwegen (1873), Ru-
mänien (1893); 3) Freundschafts-, Handels- und
Schiffahrtsverträgemit China (1869),Hawaiis1875),
Japan (1869), Korea (1892), Liberia (1866), Persien
(1857), Siam (1869). Der Abfchluß eines Handels-
vertrags mit Japan auf ähnlicher Grundlage wie
der deutsch-japanische steht bevor. - Zwischen Öster-
reich und Ungarn selbst besteht ein Zoll- und Han-
delsbündnis, das Ende 1897 abläuft, aber mit eini-
gen Modifikationen auf weitere 10 Jahre verlän-
gert werden soll.
3) In Frankreich wurde die Regierung durch
Gesetz vom 29. Dez. 1891 ermächtigt, denjenigen
Staaten gegenüber, welche bisher den Vertragstarij
genossen und Frankreich Meistbegünstigung gewähr-
ten, den Minimaltarif (indessen immer mit jähr-
licher Kündigung) anzuwenden. Dies geschah gegen-
über Schweden-Norwegen, Holland, Belgien und
Griechenland. Die Schweiz dagegen protestierte
gegen einige Positionen des franz. Tarifs, und da
die verlangten Zollermäßigungen in der franz.
Kammer verweigert wurden, entbrannte zwischen
beiden Ländern ein äußerst heftiger Zollkrieg, wel-
cher 2^ Jahre dauerte, bis im Juni 1895 durch
gegenseitiges Nachgeben eine Konvention zu stände
kam. Auch mit Spanien kam es erst nach längern
Streitigkeiten im Dez. 1893 zu einer Verständigung.
Außerdem wurden 1892-93 noch mit einer Reihe
von Staaten Konventionen abgeschlossen und 1896
ein Handelsvertrag mit Japan.
4) Italien hat seinen mit der Schweiz laufenden
Handelsvertrag 1892 nicht erneuert, so daß seitdem,
wie gegenüber Frankreich, der Generaltarif ange-
wendet wird; dagegen wurden Verträge mit Rumä-
nien, Columbia, Ägypten und Tunis abgeschlossen.
Vgl. den Artikel Handelspolitik im "Handwörter-
buch der Staatswissenschaften", Supplementband 1
(Jena 1895); Poschinger, Die wirtschaftlichen Ver-
träge Deutschlands (2 Bde., Verl. 1892); Artikel
Handelsverträge im "Österr. Staatswörterbuch",
hg. von Misch'ler und Ulbrich, Bd. 2 (Wien 1895).
sHandfeuerwaffen. Die Repctiergewehre mit
kleinerm Kaliber (6-8 mm) haben in den letzten
Jahren sehr an Verbreitung gewonnen. Gleichzeitig
sind neben verbesserten Schießleistungen mannig-
fache Konstruktionsfortschritte gemacht worden.
Das russische Gewehr ^191, cmch Drei-
Linien-Gewehr genannt (3 Linien ^ 7,62 mm),
besitzt ein dem franz. Lebelgewehr N 86 nachgebildetes
Treppen- und Leitervisier. Der Verschluß (s. Tafel:
Handfeuerwaffen I, Fig. 1), dem Kolbcnsystem
angehörig, besitzt zwei Warzen am Verschlußkopfe,
welche den Rückstoß in symmetrischer Weise auf-
nehmen. An dem hintern Ende des Verschluh-
gehäuses bez. der Patroncneinlage befinden sich zwei
gegenüber stehende, von oben nach unten laufende
Nuten. Hier wird der mit fünf Patronen versehene
Ladestreifen bei dem Laden eingesetzt, worauf durch
Druck mit dem Daumen das Hinabschieben der Pa-
tronensäule in das im Mittelschaft liegende Magazin
erfolgt. Vor dem Vorschieben des Verschlusses wird
der leere Ladestreifen zur Seite geworfen. Die Zu-
bringvorrichtung des Magazins gleicht der des österr.
Systems Mannlicher. Da die Patronen nach dem La-
den von dem Ladestreifen befreit sind und lose neben-
einander im Magazinkasten lagern, so müssen sie
verhindert werden, denselben zu verlassen. Die Pa-
tronenzufuhr wird nun derart geregelt, daß immer
die am weitesten oben liegende Patrone von den
unter ihr liegenden getrennt ist und bei dem nächsten