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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Handfeuerwaffen
Schließen des Gewehrs für sich in das Patronen-
lager geführt wird. Zu diefem Zweck ist eine sehr
sinnreich konstruierte Feder an der linken Seite des
Verfchlusigchäuses befestigt. Bei dem Öffnen drebt
man den Verschlußkolben nach links. Die Verschluß-
warzen treten aus den Quernuten im Verschluß-
gehäuse, und der Verschlußkopf mit Auszieher weicht,
indem er den Sckraubenflächen der Quernuten folgt,
um ein kleines Maß zurück. Die abgefchossene Pa-
tronenhülse wird hierdurch in dem Lauf gelockert.
Das Schlößchen wird durch die Wirkung der bezüg-
lichen Schraubcnflächen zurückbewegt, die Spannrast
tritt hinter den Mzugsfederstollen. Der Verschluh-
topf erfaßt beim schließen die oberste Patrone, wo-
bei der Zubringer dafür sorgt, daß die Spitze der-
selben die Richtung auf die hintere Lauföffnung er-
hält. Sobald das Schlößchen mit der ^pannrast
an den Abzugsfedcrstollen stößt, wird desfen Be-
wegung und damit die des Schlagbolzens unmög-
lich gemacht. Die übrigen Teile des Schlosses führen
bei der Drehung des Verschlußkolbens nach rechts
noch eine kleine Vorwärtsbewegung aus, weil die
VcvWuszwarzen den Schraubcnflächen der Quer-
nuten folgen. Durch diese Anordnung wird bewirkt,
daß die Patrone vollständig in ihr Lager im Lauf
gepreßt wird, außerdem vervollständigt sich die
Spannung der Spiralfeder. Das Sichern und Ent-
sichern der geladenen Waffe ist umständlich und nicht
ungefährlich. Der Lauf zeigt vier Züge mit einer
Umdrehung auf 24 ciu, das Gewehr wiegt ohne
Stichbajonnet 3,99, mit demselben 4,31^, die Längen-
abmessungen sind 1,288 und 1,?3 m. Die Waffe wird
nur mit aufgepflanztem Bajonnct gebraucht. Um
das Berühren des heißgeschosscnen Laufs zu ermög-
lichen, hat man, ähnlich wie bei andern neuen Ge-
wehren, den Lauf vom Unterring bis Oberring oben
mit einem Holzschutz versehen, der von den beiden Rin-
gen festgehalten wird. Die Patrone enthält 2,29 F
(^chießwollpulver und ein Mantelgeschoß (13,73 F).
Die Schußleistungen der Waffe stehen denjenigen des
deutschen Gewehrs 88, namentlich in Bezug auf die
Trcsffähigkeit, erheblich nach. Besonders crgiebt die
Breitenstreuung oft doppelt so große Zahlen wie die
des deutschen Gewehrs.
Nachdem Dänemark 1889 das Repetiergewehr
System Krag-Iörgensen von 8 inni-Kaliber
angenommen hatte, ist dieses System als ^"192
in Nordamerika (Kaliber 7,02 mm) und als I>193
in Norwegen (Kaliber 6,5 min) eingeführt worden.
Die bisherigen Repetiergewehre mit Mittelschafts-
magazin zeigten die Anordnung, daß die Patronen
übereinander lagerten. Es war somit eine gewisse
Tiefe des Magazinkastens erforderlich und nicht
möglich, den ganzen Inhalt des Magazins in dem
Schaft zu bergen. Bei den genannten Waffen fprang
vielmehr das Magazin um etwa eine halbe Hand-
breite aus dem Gewehr hervor, wodurch ein Tragen
auf der Schulter sehr beschwerlich wurde. Bei dem
System Krag-Iörgensen ist deshalb eine wagerechte
Lagerung der Patronen eingeführt worden. Durch
eine Öffnung, welche mit einer Klappe geschlossen
wird, erfolgt das Füllen des Magazins von der
reckten Seite des Gewehrs aus. Die Patronen sind
zu je fünf Stück in einem Vlechkasten vereinigt, aus
welchem sie einfach in das Magazin geschüttet wer-
den, worauf der Deckel niedergelegt wird. Eine
Feder drückt die Patronen nach links und aufwärts,
bis sie durch eine Öffnung in der linken Wand des
Verschlußgehäuses vor den Verschlußkolben gelangen.
Auf eine andere Weise hat Mauser in Obern-
dorf a. Neckar die Tiefe des Magazins verringert
und dessen Vorstehen über die allgemeine Oberfläche
der Waffe beseitigt. Die Patronen lagern zu je fünf
zickzackförmig übereinander, so daß das MaMFin
nur eine Tiefe von drei Patronen zu haben braucht
(s. Tafel: Handfeuerwaffen I, Fig. 5). Das
System hat eine große Verbreitung; zunächst wurde
es als ^193 in Spanien eingeführt (s. Taf. I,
Fig. 2 - 5). Die charakteristischen Eigenschaften
diefes Systems (Kaliber 7 inm) sind folgende: Der
Verfchluhkolben bildet ein Stück, der bei andern
Gewehren vorkommende bewegliche Verschlußkopf
ist weggefallen, wodurch die Haltbarkeit vermehrt
wird. Durch die Anwendung des Verschlusses aus
einem Stück wird auch für den Schützen die Ge-
fahr befeitigt, ohne aufgesetzten Verschlußkopf zu
schießen, wodurch erhebliche Verletzungen entstehen
können. Das Verschlußgehäuse ist, um es wider-
standsfähiger zu machen und eine feste Lage des
Verschlusses zu erzielen, in seinem hintern Teile
nicht mehr aufgefchlitzt, sondern überbrückt. Das
Magazin wird mit Ladestreifen (s. Taf. I, Fig. 4)
geladen, welche nach ihrer Entleerung durch das
Vorschieben des Verschlusses zur Seite gedrängt
werden und auf die Erde fallen. Da der Ladestreifen
nicht wie der Patronenrahmen nach Mannlicher in
das Magazin gelangt, fo kann dasselbe unten ge-
schlossen sein. Die Öffnung im Magazinboden bei
Männlicher, welche zum Herausfallen des leer ge-
schossenen Nahmens dient, kann wegfallen. Lade-
hemmungen, die durch das Eindringen von Sand
u. s. w. in das Innere des Magazins, namentlich
bei dem Schießen im Liegen entstanden, find hier-
durch vermieden. Das System Maufer ist ferner
von der mehr oder minder großen Genauigkeit der
Abmessungen des Nahmens nicht mehr abhängig,
auch kann die Waffe mit einzelnen Patronen gefüllt
werden, ohne daß der Ladestreifen benutzt wird. Bei
dem fpanischen und türkischen Gewehr N93
ist noch eine Vorkehrung getroffen, welche unnütze
Ladebewegungen des Schützen bei geleertem Magazin
verhindert. Sobald das Magazin ausgeschossen ist,
tritt ein Absatz der Zubringerplatte vor den Ver-
schluß und verhindert dadurch das Vorführen des
Verschluhkolbens. Der Soldat wird hierdurch darauf
aufmertfam gemacht, daß er von neuem laden muß.
Das Herausfallen des Rahmens bei Mannlicher
zeigt zwar auch an, daß die letzte Patrone des Ma-
gazins aus dem Rahmen getreten ist. Dies wird
jedoch häufig von den Soldaten in der Aufregung
des Kampfes nicht bemerkt, und ein blindes Ab-
ziehen ist die Folge. Um dem Lauf eine freie Aus-
dehnung zu gestatten, ist er gewissermaßen aus zwei
aufeinander folgenden cylindrischenTeilen zusammen-
gesetzt. An dein Zusammenstoß der beiden Cylinder
wird ein scharfer Absatz durch verlaufende Kehlun-
gcn vermieden. An diefer Stelle wird der Mittel-
ring mit Spielraum vor der Kehlung aufgesetzt und
durch denselben der Lauf derart mit dem Schaft ver-
bunden, daß er bei feiner Erwärmung unter dem
Ringe frei fortwachsen kann. Der zum Halten des
Laufs bestimmte Ring ist mit einem Absatz, dem
stärkern und schwächcrn cylindrischen Teil des Laufs
entsprechend, versehen und derart aufgefetzt, daß bei
normaler Lauflänge nach vorn vor dem Absatz des
Laufs ein leerer Raum bleibt, der das Wachsen
gestattet. Im Schaft ist ein ebensolcher leerer
Raum aus gestochen oder aus gefräst. Der offene