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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Leichenverbrennung
Klingenstierna konstruiert und nach Vorschlägen
vom Stadtrat Leimbach-Heidelberg in einzelnen
Teilen später verbessert worden. An dem Apparat
befinden sich zwei Feuerstellen; von der ersten, grö-
ßern k gehen die Feuergase, indem sie die Wandun-
gen der Kanäle bis zur hellen Notglut erhitzen,
durch d in den Verbrennungsraum t, fallen nach
dem Schacht c, vermischen sich hier mit den Gasen
des zweiten, kleinen Feuers F, treten dann in den
großen Raum u, in welchem gußeiserne Röhren i so
befestigt sind, daß ihre Mündungen nach oben und
unten in von 1i luftdicht abgeschlossenen Räumen
sich öffnen, und gehen dann bei i- in den Kamin.
Die atmosphärische Luft tritt durch Öffnungen in der
äußern Wand in einen Hohlraum, der die innere,
aus feuerfestem Material hergestellte Wandung des
eigentlichen Ofens von der äußern Wand trennt;
sie umströmt hier den ganzen Apparat, wird dadurch
vorgewärmt, steigt durch besondere Kanäle abwärts
durch die Öffnnngen m in den unter den Röhren
befindlichen Luftraum, durchströmt die durch die
Feuergafe hoch erhitzten Röhren i und gelangt durch
8 und die Klappe <i, sich an den glühen-
den Steinen noch weiter erhitzend,
durch d ebenfalls in den Verbren-
nungsraum und nimmt von da an
denfelben Weg wie die Feuergase; ein
einer Veobachtungsössnung versehene Schiebethür n
geschlossen, welche durch ein Gegengewicht in die
Höhe gezogen werden kann; nach außen ist der
Raum noch durch eine zweite eiserne, geschmackvoll
ausgeführte Thür in einem in Sandstein ausge-
führten, architektonisch verzierten Portal verdeckt.
Anheizdauer durchschnittlich 2^ Stunden; Ver-
brennungsdauer etwa 2 Stunden; Koksverbrauch
für eine Verbrennung etwa 280 kF, für jede fol-
gende Verbrennung weitere 100-150 kF.
Der Verbrennungsofen in Hamburg, System
Schneider, hat sich aus dem Gothaer Verbrennungs-
ofen, System Siemens, entwickelt. Ein fog. Rekupe-
rator (zweiräumiger Lufterhitzer) unter dem Aschen-
sammelraum hat den Zweck, einen Teil der Vcrbren-
nungsluft vermittelst der Abgase vorzuwärmen. Ein
anderer Teil der Verbrennungsluft erhitzt sich in
Kanälen, welche im Mauerwerk des dicht an den
Einüscherungsraum, Aschensammelraum und Nekn-
perator angebauten Koks-Gasgenerators (an der
Stelle des Regenerators des GothaerOfens errichtet)
ausgespart sind. Die im Gasgenerator entwickelten
Heizgase mischen sich mit der zur Ver-
brennung dienenden Luft in dem Ka-
nal, der sie nachdem Einäscherungs-
raum überleitet. Anheizdauer 6 -
6^/2 Stunden; Verbrennungsdauer
zweiter Strom kalter atmosphärischer Luft tritt bei 6
unmittelbar von außen in den Verbrennunasraum,
strömt unter dem isolierten untern Teil des Wagens
durch und vermischt sich bei c mit den übrigen
Gasen. Während die heiße Luft zur vollständigen
Verbrennung der Leiche dient, hat die kalte Luft den
doppelten Zweck, die Unterseite des Wagens kühl
zu halten und dadurch vor zu rascher Abnutzung
zu schützen, und ferner sich bei 0 mit den etwa
nicht vollständig oxydierten Verbrcnnungsgasen
zu mischen und bei dem Passieren des zweiten
Feuers deren vollständige Oxydation zu bewirken.
In dem Feuerhals des ersten Feuers ist seitlich eine
durch einen Schieber verschließbare Öffnung 1 vor-
handen, welche gestattet, die Feuergase direkt in den
Kamin abzuleiten, in welchem Falle durch den
Schieber 1c der Feucrhals nach Bedarf ganz oder
teilweife abgeschlossen werden kann; in der Stirn-
wand des obern Teils befindet sich noch die mit
einer Glimmerfcheibe geschlossene Öffnung u, durch
welche der ganze Verbrennungsraum überfehen und
der Vorgang kontrolliert werden kann. Die hintere
Seite des Verbrennungsraums ist durch eine eiserne,
nach innen mit Chamottesteinen gefütterte und mit
meistens I^ Stunde; das Ausglühen der Knochen-
teilchen im sog. Aschensammelraum dauert ungefähr
1 Stunde, fo daß die Afche nach etwa 2^ bis 2^
Stunden aus dem Ofen herausgenommen werden
kann; Koksverbrauch etwa 525 kF, für eine folgende
Verbrennung weitere 275 kF.
Während diese Apparate zur Vornahme von
Einzelverbrennungen eingerichtet sind, wurden ver-
schiedene, abweichende Konstruktionen (z. B. von
Freygang in Dresden) für Massenvcrbrennungen
vorgeschlagen, um bei Epidemien, Kriegen u. s. w.
eine größere Anzahl von Leichen einäschern zu kön-
nen. Einäscherungen gefallener Krieger fanden in
den letzten Kriegen statt, so während des Chinesisch-
Japanischen Krieges, auf Madagaskar und in
Abessinien.
Die Art der Behandlung und Aufbewahrung der
Aschenreste ist eine sehr verschiedene; bei weitem die
gebräuchlichste Art ist die Sammlung der Überreste
in geeigneten Gefäßen (Vlechkapseln) und Vei-
sctzuna derselben auf Friedhdfen in freier Erde oder
umschlossen von einem Behälter in Urnen- oder
Sarkophagform (Cinerarien) und Aufstellung
in einer Urnenhalle (Kolumbarium) oder in ein-