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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mikroskopische Technik
und dazu ungefähr so viel Tage brauchte, wie gegen-
wärtig Stunden. Neuerdings wendet man diese ur-
sprünglich der menschlichen und tierischen Histologie
angehörenden Methoden auch hier und da auf botan.
Gebiete an.
Das Härten der Objekte vor dem Schneiden er-
folgte in früherer Zeit dadurch, daß man sie in ge-
wisse Flüssigkeiten brachte, in denen sie nach längerer
oder kürzerer Zeit eine Konsistenz annahmen, die die
Anfertigung von Schnitten zuließ. Solche Härtungs-
flüssigkeiten waren Alkohol, Chromsäure, Müllersche
Flüssigkeit u. a. Die zu harten Teile des Tierkörpers
<z. B. Knochen) wurden dagegen durch Einlegen in
Säuren entkalkt und schnittfähig gemacht; Knochen
und Zähne im trockenen Zustande werden nach Art
von Mineralien geschliffen. Heutzutage muß man
in dem Härtungsprozcß der ältern Histologen zwei
verschiedene und voneinander unabhängige Prozesse
erkennen, die man mit dem Namen der Fixierung
und der Konservierung bezeichnet. Für beide
giebt es eine Anzahl verschiedener Methoden. Die
Fixierung hat den Zweck, die im frischen, lebendigen
Zustande sehr weichen und nach Abtrennung aus
dem Ganzen sehr hinfälligen Bestandteile des Kor-
pers in einen festcrn, widcrstandskräftigern Zustand
überzuführen, die feinere Struktur der betreffenden
Elemente dabei aber so wenig wie möglich zu ver-
ändern. Man bedient sich zur Fixierung sehr ver-
schiedener Flüssigkeiten, die die Eigenschaft haben
müssen, schnell nach der Tiefe einzudringen, um den
daselbst gelegenen Teilen keine Zeit zu weitern Ver-
änderungen zu lassen. Worauf der Vorgang der
selben, ist zur Zeit noch nicht festgestellt; wahrschein-
lich sind aber beiderlei Prozesse dabei beteiligt.
Fixierte Gcwcbcteile verhalten sich zu den frischen,
lebendigen ungefähr wie ein gekochtes Ei zu einem
rohen; während dieses bei einer Verletzung ausläuft,
nach längerer Zeit in Verwesung und Fäulnis über-
geht, ist das erstere viel fester; es behält seine Form,
auch wenu es verletzt wird, es widersteht den Ein-
flüssen der Außenwelt länger. Während es bei dem
Härten hauptsächlich auf die Erzielung einer festern
Konsistenz des Objekts ankam, liegt bei dem heuti-
gen Fixierungsprozeß der Schwerpunkt in der mög-
lichsten Erhaltung des natürlichen Zustandes der
Objekte. Allerdings ist jeder Fixierungsprozeß, wie
schon aus dem oben Gesagten hervorgeht, mit einer
Härtung verbunden; dieselbe geht jedoch bei weitem
nicht immer so weit, daß ohne weiteres ein Schnei-
den der Objekte mit dem Rasiermesser angängig wäre.
Als Fixierungsflüssigkeiten dienen meistens wässerige
Lösungen von sehr verschiedenen chem. Körpern, be-
sonders Säuren und Salzen. Unter erstern spielen
eine wichtige Rolle die Chromsäure (1-3 Proz.),
Salpetersäure (2 Proz.), Pikrinsäure (kalt gesättigt),
Osmiumsänre (^-1 Proz.), unter den letztern vor
allem Sublimat (1-0 Proz.), ferner chromsaures
Kalium (3-5Proz.) u.a. Außerdem bedient man sich
sehr oft auch verschiedener Mischungen der einzelnen
hier genannten Stoffe.
So vorzügliche Dienste diese Mittel nun leisten,
um organische Objekte zu fixieren, so wenig sind sie
in der Mehrzahl der Fälle geeignet, den Zustand der-
selben auf die Dauer zu erhalten, d. h. die fixierten
Stücke zu konservieren. Sie müssen, mit wenia Aus-
nahmen, nach längerer oder kürzerer Zeit durch Aus-
waschen in Wasser gründlich entfernt und durch an-
dere Flüssigkeiten ersetzt werden, die man als Kon-
servier u u g s f l ü s s i g k e i t e n bezeichnet. Dieselben
haben demnach den Zweck, den Zustand der Objekte,
wie er durch die Fixierung geschaffen ist, für die
^ Dauer zu erhalten, ohne etwas hinzuzufügen oder
! hinwegzunehmen. Unter ihnen spielt die wesentlichste
Rolle der Alkohol (80-96 Proz.); dadurch, daß der-
selbe den Objekten außerdem das bisher in ihnen
enthaltene Wasser entzieht, wirkt er weiter erhärtend
auf sie ein und spielt deshalb auch unter den Här-
tungsmitteln der ältern Histologen eine große Rolle;
unter unsern heutigen Fixierungsmitteln hat er da-
gegen nur eine untergeordnete Bedeutung. Neuer-
dings hat man übrigens in dem Formalin ein augen-
scheinlich sehr leistungsfähiges weiteres Konservie-
rungsmittel aufgefunden.
Die ans den fixierten Organismen durch die
Schnittmethode gewonnenen Schnitte sind für ge-
wöhnlich aber ganz undurchsichtig. Um sie zur Unter-
suchung brauchbar zu machen, hellt man sie anf, d. h.
man durchtränkt sie mit Flüssigkeiten von hohem
Lichtbrcchungsvermögen, in denen sie mehr oder
minder durchsichtig werden. Solche Aufh ellung s -
flüssig keiten sind besonders Glycerin und ver-
schiedene Öle (Nelken-, Vergamott-, Hopfen-, Anisöl,
Terpentin u. a.).
Durch die Entdeckung der Färbbarkeit der tieri-
schen und pflanzlichen Gewebe hat die M. T. eiue
außerordentliche Erweiterung erfahren; die mikro-
skopischen Färbemethoden bilden heutzutage
eiuen wichtigen und ausgedehnten Abschnitt der
M. T. Aus ganz einfachen Anfängen hervorge-
gangen, sind diese Färbemethoden mit der Zeit an
Zahl fast ins Unbegrenzte gewachsen, und ihre Kennt-
nis und ihre Anwendung ist zu einem besondern
Zweige der histologischen Technik geworden. In ihrer
Gesamtheit beruhen sie auf der Eigenschaft der organi-
sierten Snbstanzen (des Protoplasmas des Tier- und
Pflanzenkörpers), sich im lebenden, besonders aber
, auch im fixierten und konservierten Zustande mit ge-
l lösten Farbstoffen zudurchtränken und diese Farbstoffe
' dann mehr oder minder festznhalten. Ob dieser Vor-
! gang auf einer chem. Verbindung der Farbstoffe mit
den: Protoplasma beruht, oder ob es sich dabei um eine
nur mechan. Einlagerung der Farbstosfpartikelchen
! zwischen die kleinsten Teilchen des organisierten
! Substrates handelt, ist noch nicht entschieden; die
^ Mehrzahl der Erfahrungen spricht indes wohl zu
Gunsten der letztern Annahme. Der Wert der mi-
kroskopischen Färbemcthoden besteht darin, daß nicht
nur die histologischen Bestandteile des Körpers,
sondern auch die seiner Zellen im fixierten Zustande
die Farbstoffe verschieden intensiv aufnehmen und
in demselben Sinne auch festhalten. Irgend ein Ge-
webcstück in eine färbende Flüssigkeit gebracht, zeigt
sich nach längerm Verweilen in derselben durchaus
gleichmäßig imprägniert, es ist diffus gefärbt; die
diffuse Färbung tritt um so schneller und kräftiger
ein, je konzentrierter die Farbelösung war. Durch
! geeignete Behandlung der Objekte, und zwar mit
! Flüssigkeiten, welche den angewandten Farbstoff ent-
weder zerstören oder aber ihn leicht lösen, kann
die diffuse Färbung in eine differenzierte verwan-
delt werden (Prozeh des Differenzierens oder
Auswaschens). Dies beruht darauf, daß die be-
treffende Flüssigkeit den mikroskopischen Bestand-
teilen des Objektes die Farbe in um so stärkerm
! Maße wieder entzieht, je weniger fest er von diesen