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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Milchsterilisation
weiten Transport nicht eignet. Sind wirklich in einer Flasche alle Bakterien abgetötet, so macht die Veränderung des Rahms die Milch unansehnlich. Besonders beim Schütteln der unvollständig gefüllten Flaschen aus längerm Transport wird der Rahm vollkommen ausgebuttert, so daß er durch Schütteln nicht mehr vollkommen emulgiert, sondern zum Teil in große nicht mehr zerteilbare Fetttropfen verwandelt wird.
Vollständige Sterilisation kann durch sechsstündiges Erhitzen auf 100° erzielt werden; dabei wird aber die Milch braun und der Geschmack unangenehm brenzlich. Keimfrei wird die Milch auch durch einviertelstündiges Erhitzen im Autoklaven unter Anwendung von 120 bis 125°, wobei das Aussehen und der Geschmack weniger verändert wird. Aus diese Weise stellt die Natura-Milch-Gesellschaft zu Waren in Mecklenburg vollkommen keimfreie Milch her. Da diese Natura-Milch in zugelöteten, völlig gefüllten Blechbüchsen ohne Schüttelraum hergestellt wird, so ist sie zum Versand außerordentlich geeignet, wenn sich auch der Rahm wenig verändert. Auf derartig hergestellte Milch wird man zurückgreifen müssen, wenn es sich darum handelt, milcharme Länder, Reisende oder Schiffe für weite Fahrten mit Milch zu versorgen. Hierzu eignet sich die völlig sterilisierte Milch auch besser als die kondensierte (s. Milchkonservierung, Bd. 11), deren Geschmack infolge der Kondensation und des hohen Zuckerzusatzes sehr gelitten rat. Unter gewöhnlichen Verhältnissen dagegen empfiehlt es sich, die Milch, bevor sie auf den Markt gebracht wird, einem geeigneten Pasteurisierverfahren, welches alle Infektionskeime sicher abtötet und die Zahl der Saprophyten stark vermindert, zu unterwerfen. Geschieht dies, so wird die Haltbarkeit der Milch derartig gefördert, daß auch die Versorgung großer Städte mit guter, frischer Milch nicht mehr auf Schwierigkeiten stößt, und es wird allmählich die so gefährliche als "keimfreie Dauermilch" bezeichnete partiell sterilisierte Milch verschwinden. Und dies ist um so eher zu erwarten, als auch die partiell sterilisierte Milch vor dem Gebrauch nochmals aufgekocht werden müßte, wenn sie als vollkommen ungefährlich bezeichnet werden soll. Dieses kochen der Milch vor dem Gebrauche wird häufig unzureichend ausgeführt. Ein einmaliges Aufkochen nützt nichts, es muß die Milch etwa 10 Minuten lang auf 100° gehalten werden. Wegen des Schäumens und Überkochens der Milch ist dies in gewöhnlichen Kochtöpfen schwer auszuführen. Es eignet sich dazu das Kochen der Milch in einem Wasserbade (Fig. 4), allein gewöhnliche irdene Töpfe mit hohem Rand und durchlochtem Deckel (Fig. 5), so daß die überschäumende Milch zurückfließen kann, leisten dasselbe. Um das Einkochender Milch zu verhüten, muß dieselbe mit dem dritten Teil Wasser versetzt werden, dieses ist nach einer Kochdauer von 20 Minuten verdunstet. Nach dem Kochen muß die Milch schnell abgekühlt und kühl gehalten werden, da sich sonst die noch nicht abgetöteten Saprophyten schnell vermehren, zumal wenn die Temperaturen zwischen 25 und 40° C. längere Zeit andauern. Im allgemeinen ist es ratsam, nicht zu große Quantitäten auf einmal abzulochen, sondern nur etwa einen Vorrat für 12 Stunden. Um das Kochen der ganzen Tagesration eines Säuglings in einzelnen Portionen vornehmen zu können, hat Soxhlet einen Milchkocher (Fig. 6) konstruiert. Es wird in 6-10 Saugflaschen von der verdünnten und mit Zucker versetzten Milch je so viel gegossen, wie der Säugling jedesmal genießt. Die Flaschen werden mit einem durchbohrten Stopfen verschlossen und im Wasserbad erhitzt. Nach 10 Minuten langem Kochen wird die Bohrung der Stopfen mit einem Glasstäbchen verschlossen und dann noch 30 Minuten gekocht. Die Fläschchen werden dann an einem kühlen Ort aufbewahrt. Bei einer neuern Konstruktion dienen zum Verschluß der Flaschen kleine Gummischeiben, die während des Kochens Luft und Wasserdampf entweichen lassen, beim Erkalten aber durch den Luftdruck derartig angepreßt werden, daß sie einen festen Verschluß bilden. Da der Kautschukverschluß antimonhaltig ist und den Geschmack der Milch beeinträchtigt, so hat Flügge als Verschluß der Soxhletflaschen ein Glashütchen (Fig. 7)
^[Abbildung]Fig. 4.
^[Abbildung]Fig. 5.
^[Abbildung]Fig. 6.
^[Abbildung]Fig. 7.