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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rechtspartei – Reichseisenbahnen

Rechtspartei, s. Deutsche Rechtspartei.

Rechtswissenschaft, vergleichende, derjenige Zweig der Rechtswissenschaft, welcher sich zur Aufgabe stellt, die der Rechtsentwicklung verschiedener Völker gemeinsamen Grundgedanken zu erkennen, namentlich aber durch Untersuchung zeitgenössischer Rechtszustände von Völkern niedrigerer Kultur Material zu Rückschlüssen auf die Rechtszustände der Kulturvölker in früherer, namentlich vorgeschichtlicher Zeit zu gewinnen. Die 1894 in Berlin entstandene Internationale Vereinigung für vergleichende R. und Volkswirtschaftslehre stellt sich die Erweiterung der Kenntnisse auf dem Gebiete der in- und ausländischen Gesetzgebung sowie die Anbahnung eines wissenschaftlich fördernden Verkehrs zwischen den Juristen und Nationalökonomen der verschiedenen Nationen zur Aufgabe. Sie verfolgt also ähnliche Ziele, wie die in Paris seit langem bestehende Société de législation comparée. Die Mitgliederzahl ist etwa 250‒300; Vorsitzender ist Amtsrichter Dr. Meyer in Berlin. Seit 1895 erscheint ein Jahrbuch der Vereinigung. Es soll allmählich in jedem Kulturland eine Landesgruppe organisiert werden. Die «Zeitschrift für vergleichende R.», hg. von Bernhöft, Cohn und Köhler, erscheint seit 1878 in Stuttgart.

Recke von der Horst, Eberhard, Freiherr von der, preuß. Minister des Innern, geb. 2. April 1847 in Berlin, studierte daselbst und in Heidelberg die Rechte, trat dann in den preuß. Justizdienst, bei Beginn des Deutsch-Französischen Krieges als Avantageur in das 2. Gardedragonerregiment. Er wurde im Sept. 1870 Sekondelieutenant und verblieb als aktiver Offizier in demselben Regiment bis Okt. 1871. R. war dann zunächst als Assessor bei den Kreisgerichten in Templin und Bromberg beschäftigt, ging hierauf in den Verwaltungsdienst von Elsaß-Lothringen über, war Kreisassessor in Colmar und Mülhausen, trat 1877 in den preuß. Staatsdienst zurück als Landrat des Kreises Eckernförde, wurde 1881 Hilfsarbeiter, 1882 Geh. Regierungsrat und vortragender Rat im Ministerium des Innern, 1887 Regierungspräsident in Königsberg, 1889 in Düsseldorf, 8. Dez. 1895 Minister des Innern.

Reclam jun., Philipp *, Verlagsbuchhandlung. Ihr Gründer und Besitzer, Anton Philipp Reclam, starb 5. Jan. 1896 in Leipzig. Jetziger alleiniger Inhaber der Firma ist sein Sohn Hans Heinrich Reclam, in dessen Verlag seit Okt. 1896 auch die illustrierte Halbmonatsschrift «Universum» erscheint.

Red Star Line (spr. lein), belg. Dampfschiffslinie in Antwerpen, deren offizielle Bezeichnung Société Anonyme de Navigation Belge-Americain ist, besitzt zur Zeit neun meist recht große Dampfer mit einem Gesamtbruttoraumgehalt von 39977 Registertons, die in der Fahrt zwischen Antwerpen und Neuyork (in etwa 14 Tagen) verwendet werden und sich sowohl für die Beförderung von Passagieren als auch für den Transport von Gütern eignen.

Reduktions- und Entfettungspillen, Marienbader, s. Geheimmittel.

Referenzellipsoid, s. Geoid.

Reformgymnasien, s. Gymnasialreform.

Reformpartei, Deutsche, s. Deutsche Reformpartei und Deutsch-sociale Reformpartei.

Regensburg * ist Sitz eines Bezirkskommandos und hat (1895) 41471 (19991 männl., 21480 weibl.) E., darunter 34844 Katholiken, 6023 Evangelische, 545 Israeliten und 59 Sonstige, ferner 2155 Wohngebäude,9241 Haushaltungen und 27 Anstalten, d. i. eine Zunahme seit 1890 um 3540 Personen oder 9,3 Proz. Die Zahl der Geburten betrug 1895: 1364, der Eheschließungen 289, der Sterbefälle (einschließlich Totgeburten) 1157. R. hat ferner eine Präparandenschule. 1894 kamen an (gingen ab) 601 (552) Dampfschiffe mit 111623 (33323) t und 200 (199) Segelschiffe mit 15203 (4340) t; außerdem kamen an 1390 t Floßholz.

Reibersdorf, Dorf in der Amtshauptmannschaft Zittau der sächs. Kreishauptmannschaft Bautzen, an der Nebenlinie Zittau-Markersdorf der Sächs. Staatsbahnen, hat (1895) 1325 E., Postagentur, Telegraph, gräfl. Einsiedelsches Rittergut mit Schloß und Garten; Brauerei. Im nahen Oppelsdorf ein besuchtes Schwefelbad.

Reiboldsgrün, Kurhaus für Lungenkranke in der Amtsbauptmannschaft Auerbach der sächs. Kreishauptmannschaft Zwickau, zur Gemeinde Vogelsgrün gehörig, in 700 m Höhe, in schöner Gegend, hat (1895) 111 E., im Sommer Postagentur mit Fernsprechverbindung. In der Nähe die neue Volksheilstätte Albertsberg für unbemittelte Lungenkranke; im Ortsteil Grünhaide (28 (5.) ein Sommerheim der Leipziger Ferienkolonien für erholungsbedürftige Kinder.

Reichenbachfälle-Bahn, 1896 genehmigte schmalspurige (1 m) Drahtseilbahn (530 m), vom Fuße der Reichenbachfälle (660 m) bei Meiringen in der Schweiz zum Obersten Reichenbachfall; sie soll 350000 Frs. kosten.

Reichensperger *, August, starb 16. Juli 1895 in Köln.

Reicher, Emanuel, Schauspieler, geb. 7. Juni 1849 in Bochnia, besuchte das Gymnasium in Krakau und bildete sich autodidaktisch auf der Jagellonischen Bibliothek weiter. Nachdem er bereits als Gymnasiast im geheimen unter der Direktion Friedrich Blums kleine Rollen gespielt hatte, begann er 1868 die Bühnenlaufbahn am Theater in der Josefstadt in Wien, unternahm dann Wanderfahrten mit verschiedenen Gesellschaften in Ungarn und kam 1873 an das Königl. Theater in München. 1875 heiratete R. die Sängerin Hedwig Kindermann (s. Reicher-Kindermann, Bd. 13), von der er sich 1881 wieder trennte. Nach kurzen Etappen am Stadttheater in Hamburg und Wien unter Laube wirkte er am Hoftheater in Oldenburg, wo er sich mit der Schauspielerin Lina Harf verheiratete, dann in Berlin am Residenztheater, am Königl. Schauspielhaus (1888‒90), am Residenztheater (1890‒92) und am Lessingtheater (bis 1894). Gegenwärtig ist er Mitglied des Deutschen Theaters in Berlin. R. hat sich durch die realistische Darstellung von Charakterrollen, sowohl tragischen als komischen, einen Namen erworben. Bei der ersten Aufführung der Stücke von Ibsen, Björnson, G. Hauptmann u. a. in Berlin war R. fast immer hervorragend beteiligt und hat auch durch Vortragsabende für die Anerkennung der jüngstdeutschen Litteratur gewirkt.

Reichseisenbahnen *. Dieselben hatten 1. April 1896 eine Eigentumslänge von 1567,18 km, wozu noch die gepachteten Strecken der Wilhelm-Luxemburg-Bahnen mit 186,93 km und die der schweiz. Centralbahn gehörige 3,95 km lange Strecke von der schweiz. Grenze bis Basel, zusammen 190,88 km, treten, so daß nach Abzug von 1,04 km verpachteten Linien die Betriebsstrecken eine Länge von 1757,02