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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schenk - Schießpulver
andern Zusammenkünften der Zunftgenossen er-
scheinen, auf dem Markte nicht mehr neben den
andem Meistern, sondern nur drei Schritte von
diesen entfernt feine Waren feilbieten, oder er wurde
völlig vom Absatz auf dem städtischen Markte aus
geschlossen u. s. w. Der gescholtene Geselle dagegen
muhte seine Arbeitsstelle verlassen, kein Geselle durfte
mehr neben ihm arbeiten, ohne selbst gescholten zn
werden. Wollte er an einem andern Orte Arbeit
nehmm, so ward er "aufgetrieben", d. h. durch Vriesc
dahin verfolgt, wohin er sich wendete oder wo cr
Arbeit suchte. S. und Austreiben waren demgemäß
ursprünglich Verrufserklärungen als Disciplinen-
mittet, die durch Gewerbeverfassung und Zunft
fatzung als zulässig anerkannt waren. Seit dein
16. Jahrh, nahmen sie aber einen teilweise andern
Charakter an und wurden zu einem Kampfmittel der
organisierten Gefellenschaft gegenüber den Meister-
zünften. Diese Verrufterklärung eines Arbeitgebers
durch die Arbeitergenossenschaften ist nichts anderes
als das Boycotten (f. d., Bd. 3) der neuesten socialen
Kämpfe. Während jedoch das (H. die Verrufserklä-
rung einer Person war, macht der moderne Boycott
den Kampf gegen die hergestellten Waren zur Haupt-
sache, er will den kapitalistischen Unternehmer durch
die Unverkäuflichkeit feiner Erzeugnisse vernichten
oder zur Nachgiebigkeit gegen die Arbeiterforde-
rungen zwingen. - Vgl. von Zecket, Artikel Boycott
im 1. Supplementband des "Handwörterterbuchs der
Staatswissenschaften", hg. von Conrad (Lpz. 1895) -
derf.,DerBoycott(inden "Jahrbüchern für National-
ökonomieund Statistik", hg.vonConrad (Iena1895).
* Schenk, Karl, starb 18. Juli 1895 in Bern.
Schenklengsfeld, Flecken im Kreis Hersfeld
des preuß. Reg.-Vez. Cassel, an der Solz, Sitz eines
Amtsgerichts (Landgericht Cassel), hat (1895) 1014!
E., Post, Fernsprechverbindung, evang. Kirche;
Molkerei, Ziegeleien, Sandsteinbrüche und Mühlen.
Nahebei die Ruine Land eck. ftitis.
Scherings Diphtherieantitoxin, s.Diphthe
Scheyern (Sch eiern), Dorf im Bezirksamt
Pfaffenhofen des bayr. Reg.-Bez. Oberbayern, hat
(1895) 1144 kath. E., Posterpedition, Telegraph
Benediktinerkloster mit Lateinschule und Knaben-
seminar. S. ist Stammsitz der Grafen vonS., die
1108 ihre Burg in ein Kloster umwandelten, ihren
Sitz nach Wittelsbach verlegten und sich nun nach der
neuen Burg Grafen von Wittelsbach (f. d., Bd. 16)
nannten. Das Kloster wurde 1803 aufgehoben und
verkauft, 1838 von Ludwig I. von Bayern angekauft,
restauriert und zur Gruft des königl. Haufes be-
stimmt, welcher Plan jedoch nicht ausgeführt wurde.
Benediktiner von Metten hielten hierauf 1. Nov. 1838
ihren Einzug.-Vgl.Hundt,KlosterS.(Münch.1862).
^Schichau, Ferdinand, starb 23. Jan. 1896 in
Elding. Die Leitung des Werkes ging an seinen
Schwiegersohn Ziese über.
Schiedsgerichte, kaufmännische. Nachdem
Vorbilde Londons (OdamdLi' ok arditi-aFe), wo ins-
besondere die Höhe der Prozeßkosten dazu führte,
machen sich auch in Deutschland da und dort Be-
strebungen geltend, zur raschern und billigern Er-
ledigung von Streitigkeiten unter Kaufleuten stän-
dige S. zu organisieren. Eine Art derselben stellen
die Vörsenschiedsgerichte (s. d.) dar.
Schiefbahn, Dorf im Kreis Gladbach des preuß.
Reg.-Bez. Düsseldorf, an den Linien Krefeld-Rheydt
(Station Niederheide) und Neuß-Vierfen-Neerfen der
Preuh. Staatsbahnen, hat (1895) 3120(5., Post
agentur, Fernsprechverbindung, Bürgermeisterei,
kath. Kirche; Seidenweberei, mechan. Weberei und
Hausindustrie.
* Schießen. Durch die Einführung von Schieß-
auszeichnungen (f. Schützenabzeichen, Bd. 14) und
Kaiserpreise sind die Bestimmungen für das Einzel-
Prüfungsfchießen in der deutfchen Infanterie seit
dem I. 1895 abgeändert worden. Da es sich bei
der Ermittelung der Schießresultate bei den Trup-
pen darum handelt, daß die in Vergleich zu
stellenden Leistungen der einzelnen Compagnien
möglichst unter gleichwertigen Bedingungen erreicht
worden sind, daß vornehmlich die Beteiligung aller
Mannschaften einer Compagnie gewährleistet und
die Art der Vorübungen überall auf dasselbe Maß
eingeschränkt bleibt, so ist folgendes Verfabren ein-
geschlagen worden: Die für die gefamten Fußtrup-
pen gleichmäßig gestellten Aufgaben für das Einzel-
Prüfungsfchieften wurden im Monat Mai bekannt
gegeben und bestimmt, daß von diesem Augenblick an
jedes S. mit scharfen Patronen bis zur Erledigung
des Einzel-Prüfungsschießens verboten sei. Die
Truppencommandeure wurden dafür verantwortlich
gemacht, daß die Compagnien in größtmöglichster
Stärke am Prüfungsschießen teilnehmen, und sehr
eingehende und dem Zweck der geplanten Ermitte-
lungen scharf angepaßte Berichtsvorschriften wurden
gegeben. Auch wurde bestimmt, daß Compagnien,
welche im Durchschnitt mehr als eine Minute für den
Schuß gebraucht haben, von dem Wettbewerb um das
Kaiferabzeichen ausgeschlossen würden. Behufs Er-
mittelung der besten Ergebnisse sind zunächst die Sum-
men der erschossenen Ringe der drei vorgeschriebenen
Übungen zusammenzuzählen, und darauf ist die Ge-
samtsumme durch die Zahl der von der Compagnie
abgegebenen Schüsse zu teilen.
* Schießpulver. Die bisher bekannten rauch-
schwachen Pulver bestehen entweder bloß aus
Nitrocellulose oder aus einer Mischung derselben mit
Nitroglycerin oder aromatischen Nitroverbindungen.
Sie habendieFormvonKornern, Blättchen, Würfeln,
Schnüren, Röhren oder Streifen. Die Blättchen des
S. für militär. Zwecke haben die verschiedensten Ab-
messungen, für Iagdzwecke beträgt die Dicke nur
0,i mm, dagegen für Geschütze 3 ram bei einer Seiten-
länge bis zu 20 min. Die Farbe der Pulver ist grau-
gelb, braun oder, wenn es mit Graphit poliert ist,
grauschwarz glänzend. Obgleich sie minimale Mengen
eines Rückstandes hinterlassen, müssen nach einge-
stelltem Feuer die Läufe doch gereinigt werden, weil
sie durch geringe Mengen von Säure rosten. Die
Darstellung der rauchlofen Pulver ist folgende.
Die Lösung von Nitrocellulose mit oder ohne Nitro-
glycerin, Nitrobenzolu.s.w. in Äther, Alkohol, Ace-
ton u. s. w. geschieht in Knetmaschinen ähnlich denen
zur Herstellung des Brotteigs. Nach 3 -lOstün-
digemKneten stellt der Teig eine gleichförmige, durch-
scheinende, gummiartige Masse dar. Diese wird ent-
weder durch ein Mundstück zu Schnüren gepreßt
(wie bei den Cordite.n, s. d., Bd. 4) oder in heißes
Wasser eingetragen und durch Einleiten von Dampf
in Körnerform gebracht (Walseroder Pulver),
oder der Teig wird durch feinpolierte, auf etwa 60°
erwärmte Hartguß- oder Stahlwalzen zu dünnen
Blättern ausgewalzt und nachher in einer Schneide-
maschine zu dünnen Streifen und diese in kleine
Blättchen geschnitten. Sollen dickere Blätter oder
Würfel hergestellt werden, so werden verschiedene
dünne Blättchen durch Walzen zusammengepreßt