Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

971
Synästhesie - Syrische Eisenbahn
der Sphäre der Träume, Visionen, Märchenerzählun-
gen. Diese "andeutende" Kunst, sür die der Klang
der Worte von höchster Bedeutung ist (und bei den
Extremen der symbolistischen Richtung ist er wick-
tiger geworden als der Sinn), hat syntaktische und
versifikatorische Neuerungen zur Folge gehabt, na-
mentlich in Frankreich. Hier gelten als Begründer
der symbolistischen Methode Villiers de l'Isle-Adam,
P. Verlaine, Stephane Mallarme, als Hauptvertreter
Jean Moreas ("1,6 hierin M33ioui^"), Henri
Regnier, Gustave Kahn, Vielle-Griffon. Als sym-
bolistischer Dramatiker hat besonders der Belgier M.
Maeterlinck Erfolge erzielt. Auch in Deutschland
haben die Symbolisten Nachahmer gefunden, ohne
daß ihnen hier eine bedeutende Kraft zuzurechnen
wäre. Immerhin darf man eine Traumdichtung wie
G. Hauptmanns "Hanneles Himmelfahrt" an die
symbolistischen Bestrebungen anknüpfen. - Vgl.
Charles Morice, I^a I^ittöi-awrs äe toute ü. I'ksurs
(Par. 1889): I. Huret, N^uets zur Involution
littei-airs (ebd. 1891); F. Brunetiere, I^'^volution
äs Ia P06816 ivriHus 6u i^'Hnce au XIX^ siede,
Bd. 2 (ebd. 1895).
Synästhesie (grch.), die Mitempfindung eines
nicht gereizten Sinns bei äußern Einwirkungen, die
dem Empfindungsgebiet eines andern Sinns an-
gehören. Gewisse Thatsachen der S. waren den Phy-
siologen schon lange bekannt, aber erst in den letzten
Jahren ist das ganze Gebiet der S. etwas gründ-
licher erforscht worden. Die bekanntesten ältern Be-
obachtungen sind folgende. Reizt man mit einem
Federbart den tiefsten Teil des äußern Gehörgangs,
so entsteht Kitzelcmpsindung im Kehlkopf, die bei
fortgesetzter Reizung heftigen Husten erregen kann.
Bei sanfter Streichung der Nackenhaut tritt ferner
eine eigentümliche Hautempfindung im Rücken, in
den Schultern, bisweilen fogar in den untern Ex-
tremitäten auf. Beim Anhören fchriller Töne
haben viele Individuen eine Empfindung des
Stumpfen in den Zähnen, der Anblick heller
Flächen erregt Niesen u.a. in. Die anatom.-physiol.
Grundlage dieser <^. ist vielfach noch unbekannt. In
dem erstgenannten Veifpicl, nach deffen Analogie
die übrigen vorzustellen sind, ist sie ziemlich klar.
In den innersten Partien des äußern Gehörgangs
verzweigt sich nämlich ein kleiner Teil des ^ervu5
V3.ZU3 (der I^aniuZ auricui3.ri3 nervi vgZi). Dieser
steht im Gehirn mit dem Empfindungsnerven des
Kehlkopfes in Verbindung (dem ^ervug lar^uZsuZ
Zuperior). Wird also der Vagus im Ohre gereizt, so
überträgt sich im Ccntralorgan die Erregung auf
den EnMndungsnerven des Kehlkopfes. Nun ent-
steht eine Empfindung, die anfcheinend ihre Ursache
an dem pcripherischen Ende des Kehlkopfnerven hat.
Die neuern Untersuchungen haben namentlich sehr
merkwürdige Mitempfindungen des Gesichtssinns
bei Reizung anderer Sinne, insbesondere des Gehörs-
sinns festgestellt, speciell das sog. farbige Hören oder
Harbenhören (s. Gehörfarben). Schon 1876 hatte
^echner im Anhang zu seiner "Vorschule der Ästhetik"
eine Untersuchung "über den farbigen Eindruck der
Vokale" mitgeteilt, in der er feststellt, daß zahlreiche
Perfonen geneigt sind, sich beim Anhören von Vokalen
Farben vorzustellen. Näher untersucht wurden diese
Erscheinungen von Bleuler und Lehmann, Urban-
tschitsch, Henscn, Gruber, Wrö n. a. Diese For-
scher zeigten, daß die Verbreitung des farbigen
Hörens viel größer ist, als man früher annahm.
Etwa ein Achtel aller Menschen fcheint mit dieser
Eigentümlichkeit behaftet zu sein (Hensen). Die Art,
wie das farbige Hören auftritt, ist individuell sehr
verschieden. Entweder sind es die Vokale oder be-
stimmte Töne oder auch Konsonanten und ganze
Worte, die zwangsmäßig auftretende Lichterschei-
nungen erregen, und diese tragen wieder entweder
mehr den Eharakter bloßer Vorstellungen, oder sie
sind von der Deutlichkeit wirklicher Lichtempfindun-
gen. Bezeichnet man diese Mitempfindungen des
Gesichtssinns insgesamt als Synopsien, so sind
unter idnen wiederum zwei Fälle zu unterscheiden:
die chromatische Synopsie, d.h. die betreffenden
Individuen sehen farbige Flecke von unbestimmter
Form, und die geometrische Synopsie, d. h. die
Individuen sehen beim Anhören von Lauten geometr.
Figuren. Beide Formen treten auch gleichzeitig auf.
Sie verändern sich mit der Klangfarbe, Tonhöhe und
Intensität der erregenden Eindrücke. Sehen diefe In-
dividuen bei ^challeindrücken farblose helle Flecken,
so spricht man von PHotismen (s. Phonismen,
Bd. 13), sehen sie Farben, so spricht man von Chro-
mati smen. Sehr oft sind die ^. erblich in ganzen
Familien, seltener durch individuelle Erfahrungen
oder Lebcnsgewohnheiten erworben. Neuerdings hat
Epstein gezeigt, daß sehr blasse graue Ringe aus
weißem Grunde, die für das gewöhnliche Sehen
nicht mehr unterfcheidbar sind, sofort hervortreten,
wenn dem Ohre des Beobachters Töne zugeleitet
werden. Alles das weist auf bisher noch unbekannte
anatom.-physiol. Beziehungen zwischen Gehörs- und
Gesichtssinn hin.
Eine andere Klasse von Phänomenen gehört ihrem
physiol. Charakter nach ebenfalls hierher; es sind
das die wohl im engern Sinne als Synopsien be-
zeichneten Übertragungen von Erregungen eines
Auges auf die Netzhaut des andern. Engelmann u.a.
haben gezeigt, daß Reizung eines Froschauges mit
Licht auch im andern Auge eine negative Schwan-
kung des Nervcnstroms hervorbringt, und Fechner
und E.B. Titchcner wiesen nach, daß beim Menschen
Belichtung des einen Auges ein Nachbild im un-
belichtcten Auge hervorbringt. Als die anatom.-
physiol. Grundlage dieser Erscheinungen ist wohl
eine sensible Reflexbahn zwischen den Netzhäuten
beider Augen anzusehen. - Vgl. Helmholtz, Physiol.
Optik (2. Aufl., Hamb. 1886-90); Bleuler und Leh-
mann, Zwangsmahige Lichtempsindungen durch
Schall (Lpz. 1881); H. Kaiser, über Association von
Worten und Farben (im "Archiv für Augenheil-
kunde", Bd. 9); Epstein, über farbiges Hören (in
der "Zeitschrift für Biologie", 1895).
Synopsie (grch.), s. Synästhesie.
Syrische Eisenbahn. Die S. E. besteht aus
der 3. Aug. 1895 eröffneten schmalspurigen (1,05 m)
Bahn Beirut-Damaskus (147 km) und deren Fort-
setzung, der Hauranbahn (s. d.; 106 Km), welche
17. Juli 1894 eröffnet wurde. Auf der Linie Beirut-
Damaskus hat sich trotz des schwierigen Betriebes
(die Hälfte der Bahn hat Zahnstangenbetrieb) ein
sehr lebhafter Verkehr entwickelt, der eine durch-
schnittliche monatliche Einnahme von 200000 Frs.
ergab. Hiervon sind jedoch die erheblichen Be-
triebskosten und die Verzinsung von 10 Mill. Frs.
Anteilscheinen und von 60 Mill. Frs. 3prozentigen
Schuldverschreibungen zu decken. Außerdem müssen
die Fehlbetrüge der Linie Damaskus-Muserib (Hau-
ranbahn) ausgeglichen werden, deren Verkehr so
unbedeutend ist, daß wöchentlich nur zwei Züge hin
und zurück iabren. Das Getreide des Hauran, auf