Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
20
Anilinschwarz - Anthracenfarben
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Anilingrau'
nur als Nebenprodukte bei der Fabrikation andrer Anilinfarben
gewonnen werden, so z. B. bei der Bereitung des Emeraldins.
Auch aus dem Mauveïn läßt es sich darstellen; man hat es
Spiritus- und wasserlöslich.
Anilinschwarz (Nigrosin), kommt
sowohl spirituslöslich als auch wasserlöslich in den Handel,
und zwar in verschiedenen Nummern. Meistenteils wird es auf
der Faser selbst erst erzeugt, indem man das Garn oder
Gewebe mit schwefelsaurem Anilin, chlorsaurem Kali und
etwas vanadinsaurem Ammoniak behandelt, anstatt des letzteren
kann man auch doppeltchromsaures Kali oder Cersulfat anwenden.
Anime (Flußharz, resina Anime);
früher offizinelles, jetzt nicht mehr gebräuchliches Harz,
soll nach gemachten Einschnitten aus der Rinde der in
Westindien und Südamerika heimischen Hymenaea Curbaril
gewonnen werden; es ist gelblich, leicht zerreiblich,
riecht schwach aromatisch und wird beim Kauen weich. Man
hat auch ostindisches und afrikanisches von unbekannter
Herkunft; es hat eine rötlichgelbe Farbe und abweichenden
Geruch. Die A. wird zuweilen mit dem
Kopal verwechselt, weil
die Engländer den Kopal Animi
nennen. - Zollfrei.
Anis (Anissamen, Anisfrüchte, lat.
fructus s. semen Anisi;
franz. anisette; engl. anise; ital. anace, anici); die Früchte
der Anispflanze, Pimpinella Anisum, ein Artikel des
Droguenhandels. Die Pflanze wird in ganz Süd- und Mitteleuropa
angebaut, so daß nur noch kultivierte Ware in den Handel
kommt. Die Körnchen haben eine eiförmige Gestalt und bestehen
aus den noch nicht getrennten Teilfrüchtchen der Pflanze,
sie sind grünlichgelb bis graugrün und sind mit äußerst
zarten, kurzen, angedrückten Haaren bedeckt. An der
Berührungsstelle sind die beiden Teilfrüchte flach, am
Rücken gewölbt; sie besitzen einen starken aromatisch
süßlichen Geruch und Geschmack. Die Größe der Körnchen ist
verschieden, am größten ist der von Malta und der spanische,
am kleinsten der russische; letzterer spielt jetzt die
Hauptrolle im Handel; er kommt hauptsächlich aus der Umgegend
von Charkow; Hauptmärkte sind Nishnij Nowgorod und Petersburg.
In Deutschland wird A. hauptsächlich in der Gegend von
Bamberg, Erfurt, Gotha, Magdeburg u. s. w. gebaut; der
Anbau hat jedoch in der letzten Zeit sehr nachgelassen,
weil die Produzenten nicht mit der billigen russischen
Ware konkurrieren können. Ferner sind noch zu erwähnen:
mährischer, böhmischer, italienischer, französischer und
spanischer Anis. Auch chilenischer A. kommt seit einiger
Zeit in den Handel; er ist jedoch von sehr geringer Qualität.
- Zoll: S. Tarif im Anh. Nr. 9 d.
Anisöl
(Oleum Anisi); das ätherische
Öl der sogenannten Anissamen, der Früchte von
Pimpinella anisum, aus
denen es durch Destillation mit Wasserdampf gewonnen wird;
es besitzt den eigentümlichen süßlichen Anisgeruch und
-geschmack in hohem Grade, hat eine gelbe Farbe, ein spez.
Gewicht zwischen 0,977 und 0,991 und löst sich in starkem
Alkohol in jedem Verhältnisse auf. Das reine A. erstarrt
bei +5° C. vollständig zu einer weißen kristallinischen
↔ Masse, und schon über dieser Temperatur
sondert es sich in einen kristallinischen und in einen
flüssig bleibenden Teil. Bei dem russischen A. liegt die
Erstarrungstemperatur schon bei 15° C., der Schmelzpunkt
bei 17 bis 18° C. Als beste Sorte gilt das
russische und
dann das deutsche A.,
dann folgen das mährische
und das
italienische. Die
geringste Sorte ist das Anisspreuöl,
welches aus den bei Reinigung des Anis zurückbleibenden
Fruchtstielen destilliert wird. Sehr häufig wird das A.
mit Sternanisöl, sowie mit dem festen Teile des Fenchelöles
verfälscht. - Zoll: Gemäß Tarif im Anh. Nr. 5 a.
Annaline (Annalith); Fabrikname für
feingemahlenen Gips, wie er zur Papierfabrikation als
Füllmaterial zuweilen verwendet wird. - Zollfrei.
Anthracen (Anthracenum); ein im
Steinkohlenteer enthaltener Kohlenwasserstoff, hat seit
wenigen Jahren eine große Bedeutung erlangt, da er in großen
Mengen zur Fabrikation des künstlichen Alizarins verwendet
wird. Behufs Gewinnung des A. werden die über 230° C.
übergehenden Teile des Steinkohlenteers gesondert aufgefangen
und die Destillation bis gegen 400° hin fortgesetzt. Durch
wiederholte Destillation und Behandlung mit Ligroin wird das
A. weiter gereinigt, kommt dann aber immer noch als gelbe
kristallinische Masse in den Handel, die jedoch für die
Alizarinfabrikation genügend rein ist; sie enthält alsdann
50 bis 60% reines A.; man nennt diese Ware Rohanthracen.
Ganz reines A. bildet glänzende, weiße, blätterige Kristalle
mit blauer Fluoreszenz; es schmilzt bei 213° C., fängt aber
schon früher an, sich zu verflüchtigen; bei ungefähr 360°
sublimiert die ganze Masse unverändert. In Wasser ist das A.
unlöslich, in kaltem Alkohol wenig löslich, etwas mehr in
kochendem. Der Gehalt von A. im Steinkohlenteer beträgt nur
1 bis 1½% von dem jedoch gewöhnlich nur die Hälfte gewonnen
wird, und dennoch liefert England allein jährlich 1400000
kg; hierzu kommt noch die ebenfalls nicht unbedeutende
deutsche, französische, belgische und holländische Fabrikation.
Der Wert der Einfuhr von Anthracen und Naphthalin (A.
allein ist nicht angegeben) in das deutsche Zollgebiet
belief sich 1880 auf 2187000 Mk., der der Ausfuhr nur auf
144000 Mk. - Zollfrei.
Anthracenfarben; es sind dies
diejenigen Teerfarbstoffe, die aus dem Anthracen bereitet
werden; die bekanntesten sind: das
Alizarin
(s. d.), Purpurin
(s. d.) und Alizarinblau;
weniger bekannt sind Alizarinorange,
Alizarinkarmin und
Anthracenviolett. Das
Alizarinblau ist ein
ziemlich echter blauer Farbstoff, der zum Färben und Drucken
von Wolle und Baumwolle benutzt wird. Man bereitet den
Farbstoff durch Erwärmen von Nitroalizarin
mit Glycerin und Schwefelsäure und weitere Reinigung. Man
erhält ihn als violette, seideglänzende Paste. Das
Alizarinorange ist Nitroalizarin; man erhält es als
15prozentigen Teig; fabriziert wird es durch Einwirkung von
salpetriger Säure auf Alizarin. -
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 21.