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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Berlinerrot; Bernstein; Bernsteinlack; Bernsteinöl

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Berlinerrot - Bernsteinöl

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Berlinerblau'

eine schwefelsaure Eisenoxydlösung oder eine Eisenchloridlösung an, so erhält man sofort einen dunkelblauen Niederschlag, braucht also in diesem Falle keine Chlorkalklösung hinzuzusetzen. Der Niederschlag hält aber auch nach dem Auswaschen immer noch eine gewisse Menge Kali zurück; wird dieses durch Behandlung mit einer Mineralsäure entfernt, so erhält man ein reineres und intensiver gefärbtes Eisencyanürcyanid, welches man Pariserblau oder auch Miloriblau nennt; man erhält es in dunkelblauen Stücken, welche auf dem Bruche einen kupferroten Metallglanz zeigen, ähnlich dem Indigo. Eine Lösung dieses Pariserblau in wässriger Oxalsäure wird als blaue Tinte verwendet. Es läßt sich auch durch sorgfältiges Auswaschen aller beigemengten Salze ein Blau herstellen, welches sich in destilliertem Wasser auflöst und lösliches Berlinerblau genannt wird; durch Zusatz von etwas Alkohol kann es ausgefällt werden; man verkauft es in Form kleiner Täfelchen. - Neublau oder Waschblau ist Stärkemehl, welches durch einige Prozente B. hellblau gefärbt ist und zum Bläuen der Wäsche benutzt wird. Die aufgeführten blauen Farben (Mineralblau) sind wie auch das mit Stärke versetzte Waschblau zollfrei. - Zu vergl. Anilinfarben.

Berlinerrot; diesen Namen führt einesteils der geglühte oder gebrannte Ocker, andernteils eine geringere Sorte von Florentinerlack (Rotholzlackfarbe). - Zollfrei.

Bernstein (Börnstein, Brennstein, Agtstein, Achtstein, Succinit, lat. Succinum, Electrum, franz. Carabé, succin, électre, engl. amber); ein fossiles Harz vorhistorischer Wälder, war ursprünglich weich, wie Terpentin (denn es finden sich häufig Insekten darin eingeschlossen), ist aber durch die so lang andauernde Einwirkung von Druck, Feuchtigkeit und mäßiger Wärme sehr hart und fest geworden. Die an B. reichste Gegend ist die Seeküste von Ost- und Westpreußen, namentlich das Samland nördlich von Königsberg, und hier findet auch ein regelmäßiger Betrieb der Gewinnung statt; diese geschieht teils durch Tauchen und Baggern in der Nähe des Strandes, teils durch Graben oder bergmännischen Betrieb auf dem Lande. Es finden dort bei diesem Betriebe außer etwa 150 Tauchern mehr als 2000 Arbeiter Beschäftigung neben einem Dampfbetrieb von zusammen 750 Pferdekräften. Der preußische Staat zieht aus dem B.-Regal, welches jedoch nur in Ostpreußen, nicht aber in Westpreußen Geltung hat, jährlich circa 450000 Mark Pacht. Die Ausbeute ist namentlich beim Baggern, Tauchen und Graben in den Strandbergen außerordentlich verschieden und in den letzten Jahren zuweilen sehr gering gewesen, so daß man in letzter Zeit sich mehr auf die bergmännische Gewinnung in dem eigentlichen bernsteinführenden Flötz (ein glaukonitischer Sand) legte. Durch Baggern wird das beste Resultat noch im kurischen Haff erhalten, wo mit 12 Dampfbaggern und 3 Handbaggern jährlich gegen 35000 k Bernstein gewonnen wurden; die Gräberei im Samlande soll 15000 k liefern. Auch an den Küsten von Livland, Kurland, Mecklenburg, Holstein und Dänemark findet sich vereinzelt B., ferner auch in ↔ Schlesien, Galizien, Rumänien, Sicilien, Spanien, Grönland, Kamtschatka und China. - Der B. ist sehr verschieden in seiner äußeren Erscheinung, man hat durchsichtigen, trüben und undurchsichtigen, weißlichgelben, hellgelben bis dunkelgelben und braunen, der Glanz ist glasartig, die Größe und Gestalt der Stücke sehr verschieden. Man sortiert ihn nach Größe, Farbe und Schönheit in sehr viele Sorten, bevor er in den Handel kommt; Hauptsorten sind: Sortimentsteine, Tonnensteine, Grundstein, Firnißsteine und Schlick oder Schluck. Der Wert variiert von 66 Mk. pro ½ Kilo bis herab zu 40 Pfennigen; einzelne große Prachtstücke werden mit 1200 bis 1800 Mk. bezahlt. Der deutsche B., der hauptsächlich den Markt beherrscht, geht teils verarbeitet, teils roh in den Handel und außer Landes. Der Haupthandelsplatz für B. ist seit langen Zeiten Danzig, hier wird auch viel verarbeitet, nächstdem Memel, Königsberg und Stolpe; große Mengen gehen nach Konstantinopel und Paris, wo jetzt sehr schöne Schmucksachen daraus gefertigt werden. Die Verarbeitung erfolgt mittels Schnitzen und Raspeln, sowie auch mit der Drehbank. Man fertigt aus dem B. Pfeifen- und Zigarrenspitzen, Broschen und verschiedene andere Schmuck- und Kunstsachen. Die kleinen Stückchen und Abfälle werden zur Bereitung von Bernsteinlack und Bernsteinsäure, sowie auch zum Räuchern verwendet. Nicht selten werden Nachahmungen, aus einem Gemische von Kopal, Terpentin und Kampfer, für echte Bernsteinwaren verkauft. Man kann solche Falsifikate, die der echten Ware oft sehr ähnlich sind, leicht von dieser unterscheiden; man braucht nur einen solchen Gegenstand in Äther zu tauchen, der echte B. wird hierbei kaum angegriffen, während der unechte schon nach wenigen Augenblicken die Politur verliert, sich fettig anfühlt und bald so erweicht, daß man ihn schon mit dem Fingernagel abkratzen kann. Auch beim Erwärmen auf einer heißen Ofenplatte fängt der unechte schon nach einigen Minuten an zu schmelzen, während der echte erst in viel höherer Temperatur , bei 280° C., unter anfangender Zersetzung schmilzt. - Roher B. ist zollfrei, Bernsteinwaren s. unter Nr. 20 b 1. Zolltarif im Anhange.

Bernsteinlack (Bernsteinfirnis); eine Lösung von Bernsteinkolophonium oder geschmolzenem Bernstein in Terpentinöl, wird teils für sich, teils mit Leinölfirnis versetzt zum Lackieren von Holz, Blech, Leder u. s. w. verwendet. Der B. hat stets eine mehr oder weniger dunkelbraune Farbe, läßt sich daher bei weißen und sehr hellen Farben nicht benutzen: - Zoll: Gemäß Tarif im Anh. Nr. 5 a.

Bernsteinöl (Agtsteinöl, oleum Succini); ein dunkelbraunes, grünlich schillerndes, unangenehm riechendes ätherisches Öl, welches als Nebenprodukt bei der Bereitung der Bernsteinsäure aus Bernstein gewonnen wird und früher medizinisch verwendet wurde. Für den gleichen Zweck hatte man auch ein gereinigtes, über Holzkohle destilliertes B., Oleum Saccini rectificatum (Anmerkung des Editors: richtig: Oleum Succini rectificatum), welches weniger unangenehm riecht und eine blaßgelbe Farbe besitzt; jetzt wird das B. nur selten noch benutzt. - Zoll: S. Tarif im Anh. Nr. 5 a.